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Romantisches in Stadt und Land

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Vom Main zu den Alpen: Harald Büchel erwanderte sich die älteste Ferienstraße Deutschlands

ROTHENBURG – Es gibt zwei Arten die älteste und wohl auch bekannteste deutsche Ferienstraße zu bereisen: Entweder man steuert bequem per Bus die einzelnen Stationen der Romantischen Straße an oder man möchte die etwa 500 Kilometer lange Strecke mit allen Sinnen erleben – auf dem Rad oder zu Fuß. Harald Büchel wählte letztgenannte Art der Fortbewegung, um vom Main zu den Alpen zu gelangen.

Harald Büchel mit dem Nördlinger Daniel.

Nach seiner Wanderung auf dem Rennsteig im vergangenen Jahr (wir berichteten) suchte sich der Konstrukteur eine neue Herausforderung, um sich als Ausgleich zu seinem Alltag vor dem Computer wieder einmal so richtig auszupowern. Es gibt ja viele schöne Wanderstrecken auf der Welt, doch Harald Büchel reizt es besonders, die Schönheiten der Natur „vor der Haustür“ zu erkunden.

Die Romantische Straße ist dafür geradezu prädestiniert, schließlich führt sie auch durch die Tauberstadt. Man darf aber nicht dem Trugschluss aufsitzen, dass man im näheren Umkreis, etwa im Taubertal, eh schon alles kenne. Denn wenn man sich die Strecke zu Fuß erschließt, macht man mitunter ganz neue Entdeckungen, von der wohltuenden Wirkung der Natur auf Seele und Gemüt einmal ganz zu schweigen.
Dabei bietet der Weitwanderweg der Romantischen Straße, der 2006 erst eröffnet wurde (zum Vergleich: die Ferienroute an sich gibt es bereits seit 1950), nicht das pure Erlebnis ungestörter Natur abseits der Zivilisation. Wer dies sucht, ist woanders besser aufgehoben – etwa am Rennsteig –, empfielt Harald Büchel. Den Weitwanderweg der Romantischen Straße zeichnet seiner Ansicht nach eher die ausgewogene Mischung von Natur und Städten mit ihren Sehenswürdigkeiten aus.
Gezuckertes Neuschwanstein 
Die wohl größte Attraktion ist da natürlich Neuschwanstein, das sich Harald Büchel so kurz vor Ostern noch leicht gezuckert präsentierte. Auch wenn er das Schloss schon einmal in Natur gesehen hatte, war sein Anblick nun ein ganz besonderer – verständlich nach dieser Wanderschaft, wo er jeden Tag einen Marathon zurücklegte.
Allerdings teilte er sich die 480 Kilometer in drei Etappen auf. Die erste davon legte er bereits um Allerheiligen zurück. Von Würzburg aus, dort schickte ihn Prinzregent Luitpold sozusagen auf den Weg, ging es zunächst Richtung Heimat nach Rothenburg. Über Wertheim, wo es für Kulturinteressierte die Burg und für Kaufinteressierte das „Village“ gibt, gelangte er nach Lauda, wo er eine besonders geschichtsträchtige Wirtschaft entdeckte: Im Saal des Gasthofs „Goldner Stern“ fand 1909 das Kaisermanöver mit dem Manöverball der „allerhöchs­ten Herren“ seinen Abschluss. Bei dem Manöver stand unter anderem Sir Winston Churchill „in naher Gefolgschaft“ zu Kaiser Wilhelm II.
Königliche Grüße 
Gekrönte Häupter begleiteten Harald Büchel noch ein ganzes Stück des Weges durch das Taubertal. Die jeweiligen Weinhoheiten grüßten den Wandersmann von Plakaten und pros­teten ihm mit einem Glas ihres Rebensaftes zu. In Tauberrettersheim passierte er dann die einzige erhaltene Steinbrücke von Balthasar Neumann, bevor er in Röttingen auf eine ganze Reihe von außergewöhnlichen Sonnenuhren traf.
Anfang März trat der Konstrukteur zu seiner zweiten Etappe in Richtung Süden an. Besonders beeindruckt hat ihn auf diesem Teilstück die kreisrund angelegte Altstadt von Nördlingen mit dem 90 Meter hohen Daniel, ihrem Wahrzeichen. Ebenso sehenswert ist das vor 1296 erbaute „Hohe Haus“ – mit insgesamt 36 Metern das älteste frühmittelalterliche Hochhaus Deutschlands.
Durch das Nördlinger Ries erwanderte sich Harald Büchel die Strecke bis nach Harburg, wo er mit einem Blick auf die größte Stauferburg nördlich der Alpen belohnt wurde. Etwas kleiner, dafür genauso beeindruckend präsentierte sich ihm etwa 100 Kilometer weiter die Kalvarienbergkapelle, die auf einem Felsrücken hoch über Wörnitzstein thront.
Auch auf seiner dritten Etappe wurde er immer wieder von Nieselregen begleitet. Dennoch konnte er der Fuggerstadt Augsburg und Landsberg einiges Positives abgewinnen.  Da der Frühling noch nicht seine ganze Pracht entfaltet hat, konnte er entlang des Lechs die entspannende Szenerie des Wasserlaufs auf sich wirken lassen während er Kilometer um Kilometer zurücklegte. So gelangte er unweigerlich in den Pfaffenwinkel.
Dort hatte er die Wieskirche, das Aushängeschild dieser Region, zunächst ganz für sich allein. Erst als er nach der kurzen Besinnung im barocken Festsaal wieder nach draußen kam, war es mit der Ruhe vorbei: Der erste Bus voller fotobegeisterter japanischer Touristen näherte sich der „Wallfahrtskirche zum gegeißelten Heiland auf der Wies“. Dies war das Signal für Harald Büchel sich wieder auf die einsame Wanderschaft („alleine kann ich mein eigenes Tempo laufen“) in Richtung Neuschwanstein zu begeben.
Abenteuer Stempelsuche 
Obwohl die Strecke relativ gut ausgewiesen ist – Harald Büchel rät dennoch sich die entsprechenden Wanderführer mit Karte zu kaufen – war „ein kleines bisschen Abenteuer“ dabei. Denn um später das goldene Wanderabzeichen zu erhalten, musste man sich von jeder der 29 Stationen einen Stempel in den Wanderpass geben lassen. Dies war mancherorts einfacher gesagt als getan und so findet sich bei Harald Büchel etwa auch der Stempel einer Tankstelle, eines Weltladens, eines Handwerkers  und eines Döner-Imbiss in dem Heftchen wieder.

Neuschwanstein: Lohn für die 480 Kilometer auf Schusters Rappen. Fotos: privat

Neuschwanstein war zweifelsohne der krönende Höhepunkt der insgesamt 10-tägigen Wanderschaft. Doch der eigentliche Abschluss war erst erreicht als Harald Büchel erneut vor einem Denkmal zu Ehren von Prinzregent Luitpold stand – diesmal in Füssen. Beim dortigen Tourismusbüro erkundigte er sich auch nach der Beliebtheit des Weitwanderwegs der Romantischen Straße.

Die ernüchternde Antwort der Mitarbeiterin: Bei ihr kämen pro Jahr nur etwa 30 Personen vorbei, die die Strecke zu Fuß zurücklegten. Für Harald Büchel unverständlich. Er würde die Route zwischen Stadt und Natur jedem Wanderfreund empfehlen.   mes

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