Entscheidungen abgesichert treffen und Weichen stellen
ROTHENBURG – Lebhaft und kontrovers diskutiert wurde in der jüngsten Bauausschuss-Sitzung. Die Bauverwaltung legte sich mit einer Skizze selber ein Ei und FRV-Fraktionssprecher Dr. Karl-Heinz Schneider fühlte sich „verarscht“.

Die Kaffeerösterei in der Galgengasse bekam die Sondernutzungserlaubnis für die Außenbewirtschaftung erteilt. Foto: Schäfer
Es ging um die Sondernutzung des öffentlichen Raums. Mit Beginn der warmen Jahreszeit halten sich die Menschen gerne im Freien auf. Für Gastronomen ist es ein lukratives Geschäft, auch eine Außenbewirtschaftung anzubieten. Wer nicht die Möglichkeit hat, Tische und Stühle auf eigenem Grund aufzustellen, ist auf Flächen angewiesen, die an sich dem öffentlichen Verkehr dienen, so vor allem dem Fußgängerverkehr, unter Umständen aber auch dem Straßenverkehr.
Grundsätzlich gibt es keinen Anspruch auf Erlaubnis zur Sondernutzung. Die Erteilung der Erlaubnis ist ein begünstigter Verwaltungsakt. Für die Sondernutzung, die für ein Jahr und länger bewilligt wird, erhebt die Verwaltung auch Gebühren. Die geregelte Außenbewirtschaftung hat definitiv etwas von Urlaubsflair, belastet bisweilen aber auch die ohnehin geduldige Anwohnerschaft.
Der Bauausschuss entscheidet über jeden einzelnen Antrag. In der jüngsten Sitzung ging es um zwei neue Fälle. Problemlos zugestimmt wurde der Außenbestuhlung vor dem „Lädle“ und der Gaststätte Spitalgasse 18. Die Breite des Bürgersteigs von 2,85 Meter lässt Platz für Passanten und ermöglicht Außengastronomie. Die Restbreite von 1,50 Meter für das Zufußgehen mit Kinderwagen oder das Durchkommen für Rollstuhlfahrer und Gehhilfen muss gewährleistet sein. Wesentlich enger geht es vor der Kaffeerösterei in der Galgengasse zu, die dort ihren eigenen gerösteten Kaffee ausschenken will. Eine gaststättenrechtliche Erlaubnis ist hier nicht erforderlich, so die Verwaltung. Der Gehsteig misst in diesem Bereich nur knapp zwei Meter.
In Vertretung von Stadtbaumeisters Michael Knappe hatte Ordnungsamtschef Roland Pfaffelhuber eine Skizze vorgelegt mit Maßangaben für Tische und Stühle, um zu demonstrieren, dass auch in diesem Fall die Möglichkeit besteht, die notwendige Durchgangsbreite einzuhalten. Dazu hatte die Verwaltung ein besonders schmales Sitzmobiliar eingezeichnet, das Dr. Karl-Heinz Schneider als wenig alltagstauglich ansah. Er zweifelte Seriosität der Vorlage an, auf deren Grundlage er seine Entscheidung treffen sollte. Angesichts der eingezeichneten Sitzfläche von 35 Zentimetern bei der Bestuhlung fühlte er sich „verarscht“. Schützenhilfe bekam er von seiner Fraktionskollegin Brigitte Klingler, die aus eigener Erfahrung heraus die Situation kennt, wie eng es mitunter in der Oberen Schmiedgasse bei der Außenbewirtschaftung auf dem Gehsteig zugeht. Auch Thomas Schmid (UR) schloss sich den Bedenken an und stimmte als Dritter gegen diesen Antrag auf Sondernutzungserlaubnis: „Die Leute rücken sich die Stühle so zurecht, dass sie bequem sitzen.“ Dass sie dabei manchmal eine Linie überschreiten, ist ihnen gar nicht bewusst. Für den Benutzer ist die gedachte Trennungslinie nämlich nicht sichtbar.
Oberbürgermeister Walter Hartl, Rechtsdirektor Michael Sommerkorn und Bürgermeister Kurt Förster mühten sich die Wogen zu glätten – mit Hinweis auf die Regeln der Satzung, die jeder Gastronom einzuhalten habe. Und wie in allen Fällen erfolge die Ausführung der Bestuhlung in Absprache mit dem Bauamt. Die Verwaltung reagierte auf die Schneider-Kritik und will Vorlagen künftig eindeutig und unmissverständlich erstellen.
Für Aufregung und Diskussionen bei Anwohnern der Gesner-, Kant- und Lehmusstraße vor dem Würzburger Tor sorgen Bauabsichten größeren Stils durch das Wachsenberger Unternehmen Stein. Es besitzt dort ein rund 3200 Quadratmeter großes Grundstück. Ursprünglich befand sich dort ein holzverarbeitender Betrieb. Unmittelbare Nachbarin ist eine Frau aus Ansbach. Auf ihrem insgesamt 1200 Quadratmeter großen Grundstück steht ein Wohnhaus und ein Bauernhaus mit Anbauten, die zum Teil renovierungsbedürftig sind. Ältere Rothenburger können sich noch an die frühere Metzgerei an diesem Standort erinnern.
Gespräche zwischen dem Investor und den Anliegern waren offenbar nicht so erhellend, dass sie zur Klärung beitrugen. Die beteiligten Bürger hatten eher den Eindruck, dass Entscheidungen über ihren Kopf hinweg gefällt werden. Die Bedenken verstärkten sich noch beim Blick auf die Unterlagen zur Bauausschuss-Sitzung mit der Ankündigung, dass der Bebauungsplan im beschleunigten Verfahren aufgestellt werden soll. Auch die Diskussion in dem Ratsgremium warf mehr Fragen auf als klare Antworten zu geben.
Mancher Redebeitrag ließ darauf schließen, dass bereits über Bauvolumen, Höhenabwicklung und Aufteilung der Geschosse entschieden sei. Peter Schaumann (CSU) schwärmte bereits über die „bauliche Verbesserung“. Der SPD-Frakionsvorsitzende Dr. Günther Strobl freute sich über die „Entlastung des Wohnungsmarktes“ und hält eine „progressive Bauweise“ für eine sinnvolle Lösung als Gegenstück zum uniformen Wohn-„Einheitsbrei“.
Es braucht schon juristische Kenntnis, um zu verstehen, dass ein Aufstellungsbeschluss für den Bebauungsplan noch keine Wirksamkeitsvoraussetzung ist, sondern „lediglich der Anstoß für größere Rahmenbedingungen“, um Ziel und Zwecke der Planung festzulegen, wie Rechtsdirektor Michael Sommerkorn erläuterte. Er versicherte, es werde eine frühzeitige Bürgerbeteiligung geben. Der Bauausschuss empfahl dem Stadtrat, der am Donnerstag im Rathaus tagt, das bisherige Mischgebiet als Allgemeines Wohngebiet einzuordnen und damit aufzuwerten. Grundsätzlich ist die Nutzung des Geländes im Umgriff der Altstadt für Wohnbebauung sinnvoll. Es spricht letztendlich auch nichts gegen eine verdichtete Bebauung. Der Knackpunkt wird die inhaltliche Ausgestaltung im städtebaulichen Sinne entsprechend der Umgebungsbebauung sein. sis