Gruppe „Handmade in Rothenburg“ hat sich um ein zehntes Mitglied erweitert
ROTHENBURG – Sein Ding zu machen und seinen eigenen Weg zu gehen, das ist nicht einfach. Es erfordert Mut, die eigene Persönlichkeit und Authentizität zu leben. Wie Nina Stein, die auf pädagogisch-künstlerischem Gebiet tätig ist. Mit der Gründung einer selbstständigen Existenz hat die gebürtige Kielerin eine weitreichende Entscheidung getroffen.
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Eigene Geschäftsidee realisiert: Nina Stein hat den Schritt in die Selbstständigkeit gewagt. Fotos: sis
Nina Stein, Jahrgang 1962, hat eine interessante Lebensgeschichte, die davon erzählt, wie sie ihre Begabungen und Talente entdeckt hat und entfaltet. Sie hat in Kiel Abitur gemacht und „etwas Biologie studiert.“ Während des Studiums jobbte sie in der Klinik als Schwesternhelferin, später noch in der Altenpflege. An der Uni merkte sie schnell, dass das Biologie-Studium doch nicht ihr Ding ist.
Körperinstrument Stimme
Sie machte eine Ausbildung zur staatlich geprüften Atem-, Sprech- und Stimmlehrerin. Im Laufe der drei Jahre hat sie viel darüber gelernt, wie alles im Körper zusammenhängt: wie Atmung, Stimme, Bewegung, Sprechen, Aufrichten und Körperspannung einander bedingen. Die Ausbildung ist sehr praktisch veranlagt, da man viel mit schulinternem als auch mit externem Klientel arbeitet.
Durch Fächer wie chorische Stimmschulung, Rhythmik, Bewegung, Musik, Atemtherapie, Sprechen, aber auch Psychologie, Pädagogik oder Anatomie ist Nina Stein sowohl im Bereich der Körper- und Stimmarbeit, als auch in den wissenschaftlichen Fächern breit aufgestellt. Daher kann sie mit den verschiedenen Menschen nicht nur Sprach-, Sprech- oder Stimmtherapie durchführen, sondern ist auch in Richtung Chorleitung, Bewegungs- und Atempädagogik geschult. Der Mensch ist ein komplexes System und das lernt man in dieser Ausbildung zu verstehen.
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Fürs Auge: Schmuck und Mineralien zum Verschönern.
Seit vielen Jahren ist Nina Stein im logopädischen Bereich tätig. Diese Beschäftigung ist ihr zweites berufliches Standbein. So ist sie noch zwei Tage die Woche in einer Praxis angestellt. Die Angestellten-Tätigkeit erspart ihr die Krankenversicherung selbst zu zahlen. Der größte Teil ihrer Tätigkeit ist aber die gewerbliche Selbstständigkeit.
Nina Stein liebt Steine und Mineralien – seit Kindheit an. Schon als Jugendliche und junge Erwachsene fing sie an, Steine zu kaufen und dann später Schmuck daraus zu machen. Erst auf privater Basis. Dann begann sie, Märkte zu besuchen. Nina Stein ging sogar noch einen Schritt weiter und eröffnete schließlich ein Atelier im Schloss Kirchberg.
Sie verwendet seit einigen Jahren nur noch natürliche und ungefärbte Steine, auch Perlen, Edelsteine, Halbedelsteine, Süßwasserperlen, Tahitiperlen und naturfarbene, goldene Südseeperlen. Da ihre Liebe zu Steinen und Mineralien anhält, hat sie ein Gewerbe angemeldet für den Verkauf eigener Mineralien, Kristalle und Steinen. Zu der Zeit, als sie im Schloss Kirchberg tätig war, fühlte sich Nina Stein „sehr wohl“.
Sie hatte sich auch schon einen kleinen Kundenstamm aufgebaut und befand sich in guter Gesellschaft mit der Künstlerkolonie „AufgeSCHLOSSen“, die das Hauptgebäude belebte. Im September 2015 wechselte das Schloss den Besitzer. Seit Anfang der 1950 war die Evangelische Heimstiftung – mit Hauptsitz in Stuttgart – Eigentümerin des Barockschlosses und nutzte es als Alten- und Pflegeheim. Zu Spitzenzeiten lebten dort knapp 250 alte und pflegebedürftige Menschen.
Wegen des hohen Sanierungsbedarfs der historischen Immobilie sah sich die gemeinnützige Stiftung auf Dauer überfordert. Der Betrieb des Pflegeheims im Schloss wurde deshalb eingestellt und auf das angrenzende Fürst-Ludwig-Haus überführt. Es gab einige Kaufinteressenten für das Schloss: von Privatpersonen bis zu Investoren, die einen Hotelbetrieb oder ein Sanatorium einrichten wollten.
Auch die Bäuerliche Erzeugergemeinschaft Schwäbisch Hall erkannte das Potenzial der möglichen Nutzung. Sie erwarb schließlich das Objekt für eine ökologisch ausgerichtete Akademie mit dem Schwerpunkt der Land- und Ernährungswirtschaft. Das Schloss sowie der Schlosspark blieben weiterhin der Öffentlichkeit zugänglich. Hinter den altehrwürdigen Mauern wird nach wie vor viel Kunst und Kultur angeboten.
Die richtige Entscheidung
Mit dem Besitzerwechsel kamen andere Bewohner. Das machte den Schmuckverkauf für Nina Stein zunehmend schwerer und so kam sie nach Rothenburg, wo sie bei Peter Schaumann schon eine Ausstellungsvitrine stehen hatte. Sie hatte dort einen kleinen Ladenteil und Stimmtrainingsraum angemietet. Um selbstständig handeln zu können, begab sich Nina Stein auf die Suche nach etwas Eigenem.
Als neues und zehntes Mitglied der Gruppe „Handmade in Rothenburg“ beteiligte sie sich an Veranstaltungen und wurde schließlich mit dem kleinen Geschäftshaus in der Ansbacher Straße neben dem „Bayerischen Hof“ fündig. Hotelier Harald Schellhaas ist Eigentümer der Immobilie, die früher von der Tucher-Brauerei und im Laufe der Zeit von verschiedenen anderen Mietern genutzt worden ist.
Nina Stein ist froh, jetzt hier ihren eigenen Laden mit Atelier und Geschäft gefunden zu haben. Die Lage außerhalb der Stadtmauer wird von einigen Rothenburgern „als nicht so gut angesehen“. Die Künstlerin und Lehrerin hält den Standort für sich als durchaus angenehm: „Ich blicke auf hohe alte Bäume und direkt vor dem Geschäft stehen mir zwei eigene Parkplätze für Kunden zur Verfügung.“ Fünf Tage die Woche ist sie in Rothenburg und plant, sich hier eine Wohnung zu nehmen, „ohne WLAN-Belastung“. Dies sei gar nicht so einfach zu bekommen, hat sie festgestellt. sis