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Channel: Aus der Stadt – Fränkischer Anzeiger
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Abwägungssache

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Mit dem Antragswesen hin zum Integrationsbetrieb

ROTHENBURG – Geregelter Übergang bei der Rothenburger Projektschmiede: Die beiden ehrenamtlich geschäftsführenden Vorstände haben ihre Positionen gegeneinander getauscht. Erster Vorstand ist jetzt Anke Johanna Lautner und Zweiter Vorstand Karl Dehm.

Gebrauchtwarenkaufhaus: Die gespendeten Waren werden von den Mitarbeitern sortiert und zum Verkauf angeboten. Fotos: Schäfer

Die Neuwahl im Rahmen der Mitgliederversammlung fand im kleinen überschaubaren Kreis statt. Acht Mitglieder und eine pensionierte Förderschullehrerin, die sich schon seit längeren für die Beschäftigungsinitiative engagiert, ohne Mitglied zu sein, hatten sich im Gebrauchtwarenkaufhaus in der Industriestraße eingefunden. Darunter auch Stadtrat Peter Schaumann.

Die Projektschmiede ist inzwischen komplett in einer Halle der Firma Bilderrahmen Biedermann untergebracht und profitiert vom guten Miteinander mit Vermieter Niklas Biedermann, wie  Karl Dehm ausdrücklich betont. Auch die Stadt und das Evangelisch-Lutherische Dekanat Rothenburg unterstützen die gemeinnützig tätige Einrichtung, die unter dem Dachverband Diakonisches Werk Bayern angesiedelt ist.
Die Projektschmiede hat zwei Umzüge gestemmt: vom ehemaligen Schlachthofgelände in die Ansbacher Straße und dann in die Industriestraße. Der Standort ist noch weiter weg von den Verkehrsströmen und ist am Rückgang der Besucherzahlen spürbar. Es sollen Möglichkeiten erörtert, die abgelegene Ecke zu beleben, um auf sich aufmerksam zu machen. Es gibt zwar Hinweisschilder, aber es braucht zusätzlich belebende Elemente.

Anke Johanna Lautner und Karl Dehm leiten weiter die Geschicke der Projektschmiede.

Die Enttäuschung über die Absage von „Aktion Mensch“ ist noch nicht verdaut. Das Antragswesen hat  enorm viel Zeit und Kraft gekostet. Auch die Bemühungen um die Förderung des Integrationsbetriebes „hat uns gelehrt, dass es irgendwann einen Punkt gibt, an dem der zu treibende Aufwand die zu erreichenden Fördermittel nahezu auffrisst“, sagte Karl Dehm in seinem Rückblick. „Wir werden uns die Zeit nehmen, um genau abzuwägen, ob wir diesen Weg weiter gehen wollen oder nicht“. Die Option sei auf jeden Fall auch im nächsten Jahr noch gegeben.

In gemeinsamen Anstrengungen will die Projektschmiede ihr ehrgeiziges Ziel, Gründung einer gemeinnützigen GmbH, sie ist als Rechtsform eine Alternative zum Verein und ein steuerbegünstigtes Modell, weiter verfolgen. Mindestens 25000 Euro sind als Startkapital erforderlich. „Wir wollen versuchen, Rothenburger Betriebe als Mitgesellschafter zu finden“, sagte Karl Dehm. „Wir versprechen uns eine Zusammenarbeit, die effektiver und nachhaltiger sein kann, als die Förderprogramme vom Jobcenter“. Als Beispiel führte er die Anschaffung des neuen Transporters an, der von fast fast vierzig Betrieben gemeinsam finanziert wurde.
Vor 20 Jahren wurde die Projektschmiede gegründet, um Langzeitarbeitslose zu unterstützen. Damals gab es, finanziert vom Arbeitsamt, die verschiedensten Maßnahmen. Bekanntestes Arbeitsmarktinstrument war die Arbeitsbeschaffungsmaßnahme. ln der Projektschmiede ging es darum öffentlich geförderte Anstellungen mit sinnvoller Arbeit zu füllen. Die AB-Maßnahme hatte  eine Laufzeit von ein bis drei Jahre und wurde mit 60 bis 100 Prozent der Lohnkosten gefördert.
Projekte wie Gebrauchtwarenhandel, Rapsöltankstelle oder der Bau der Stöberleinsbühne sind beziehungsweise waren solche Projekte, mit denen öffentlich geförderte Arbeit stattgefunden hat, die sinnvoll für das Gemeinwesen war und ist. Seit nunmehr ungefähr zehn Jahren wurden alle Förderungen dieser Art, bis auf eine, eingeschränkt oder völlig eingestellt. Übrig blieb noch die sogenannte Arbeitsgelegenheit für Hartz IV-Empfänger, auch bekannt unter  dem Begriff Ein-Euro-Job. Zunächst noch ausgestattet  mit einer geringen Pauschale für den Träger.
Bis auf eine vom Europäischen Sozialfond finanzierte Maßnahme  zur Eingliederung von Langzeitarbeitslosen Menschen gab es im Bereich des Jobcenter Ansbach keinerlei Möglichkeit mehr Langzeitarbeitslose Menschen über öffentlich geförderte Arbeit zu beschäftigen und an den ersten Arbeitsmarkt heranzuführen.
Diese Entwicklung machte es notwendig den Bereich Gebrauchtwarenkaufhaus und Außendienst so zu optimieren, dass einige sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze über eigene Einnahmen finanziert werden konnten. In den nächsten Monaten wird sich entscheiden, inwieweit das neue Beschäftigungsprogramm der Bundesregierung für die Projektschmiede von Bedeutung sein wird.
„Wir versuchen für einen arbeitslosen Menschen eine Beschäftigung zu schaffen, die seinen Bedürfnissen und Möglichkeiten entspricht“, betont Karl Dehm. Andere Träger der „Hilfe zur Arbeit“, die überwiegend in großen Städten agieren, „arbeiten programmorientiert“. Bei diesem Modell würden Plätze in vorhandenen Förderpgrogrammen beantragt und zu diesen Plätzen würden „aus einem Pool von Langzeitarbeitslosen diejenigen herausgesucht, die den Teilnahmekriterien des Programmes entsprechen.“ Die Arbeitsweise der Projektschmiede sei „nachweislich sehr effektiv, stabilisiert die betroffenen Menschen, macht fit für den ersten Arbeitsmarkt oder unterstützt jene, die von diesem Ziel zu weit entfernt sind. sis

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