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Abschied vom Schulalltag

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Abiturienten zwischen neuer Freiheit und dem Erhalten von Freundschaften

ROTHENBURG – „Seid und bleibt neugierig“, lautet der Appell von Schulleiter Walter Först an die 79 Abiturienten, denen mit der bestandenen Allgemeinen Hochschulreife nun alle Möglichkeiten offen stehen, ihr Leben zu gestalten. Im Beisein ihrer Familien sowie Vertretern aus Politik und gesellschaftlichen Institutionen wurden die jungen Erwachsenen mit einer kleinen Feierstunde aus der Schule in einen neuen Lebensabschnitt verabschiedet.

Die Jahrgangsbeste, Hanna Müller (untere Reihe Mitte), und weitere Preisträger im schulischen und sozialen Bereich.  Fotos: Scheuenstuhl

Die Jahrgangsbeste, Hanna Müller (untere Reihe Mitte), und weitere Preisträger im schulischen und sozialen Bereich. Fotos: Scheuenstuhl

Wendepunkt, Freiheit, Unabhängigkeit, Selbstständigkeit, Neubeginn: Es lässt sich viel in das Abitur, diesen ganz besonderen Schulabschluss, hineininterpretieren. Bei den Abiturienten selbst herrscht vor allem die Freude darüber vor, dass die dafür nötigen Prüfungen erfolgreich hinter ihnen liegen und mit ihnen das starre Korsett „Schule“.

Den meisten steht der Sinn jetzt erst einmal danach, endlich das machen zu können, was sie sich selbst aussuchen. Das kann eine Auszeit zum Reisen durch Europa oder Neuseeland sein, Freiwilligenarbeit in Südafrika, ein Ausbildung bei einem örtlichen Unternehmen, ein freiwilliges soziales Jahr im Wildbad oder ein Philosophiestudium. All das sind Pläne, die Abiturienten in ihrer Abschlusszeitung angaben.

Ende der vertrauten Konstanten

Egal für was sich jeder einzelne letztlich entscheidet, liebgewonnene Rituale wie etwa zusammen „stundenlang mit Kaffee im riesigen Bett Fernsehserien“ anzuschauen werden wohl nicht mehr so häufig gepflegt werden können, wie bisher. Zwar ist es heutzutage leichter als jemals zuvor, in Kontakt zu bleiben. Doch auf die besonderen Macken der Mitschüler, die sich im Laufe der vergangenen acht Jahre gemeinsamer Schulzeit entwickelten und zu vertrauten Kons­tanten im Schulalltag wurden, muss nun wohl verzichtet werden.

Aber auch die Schule an sich wird ihnen auf die eine oder andere Art fehlen, wie die beiden Abiturientenvertreterinnen Johanna Heinz und Thea Klatte in ihrer humorvollen Ansprache mit einem Augenzwinkern andeuteten: „Was sollen wir nun um 8 Uhr morgens machen?“ Oder: „Über was sollen wir uns jetzt ärgern?“ Mit dem Abschluss wird auch irgendwie die ganze Struktur der letzten Jahre über den Haufen geworfen. Oder wie es ihnen Walter Först ins Stammbuch oder vielmehr in die Abi-Zeitung schrieb: Sie werden nun ihr Leben „ohne die fürsorgliche Beratung und Begleitung durch Lehrer“ gestalten können und müssen.

Eine Lieblingstorte zum Abschied für Erich Korder.

Eine Lieblingstorte zum Abschied für Erich Korder.

Abschied versüßt

Nach dem Skilager, dem Schullandheim in Gunzenhausen und der Studienfahrt nach Berlin fanden sich die Schüler „plötzlich in der Oberstufe“ wieder. Dort erwartete sie dann der Abistress, den viele „aber erst zwei Tage vor Abgabe der Seminararbeit“ richtig wahrnahmen, so Johanna Heinz. Stellvertretend für ihre Mitschüler bedankten sich die beiden bei ihrem Oberstufenkoordinator Erich Korder für seine Arbeit. Auch wenn man „so manches aus dem Unterricht wohl nicht mehr brauchen“ werde. Als kleines Abschiedsgeschenk bekam er seine Lieblingstorte (Schwarz­wälder-Kirsch) überreicht.

Was aber durchaus als Lektion fürs Leben angesehen werden kann, ist der Prozess ein Abi-Motto zu finden: Laut Abi-Zeitung fanden „über ein Dutzend Abstimmungen statt, deren Ergebnisse totdiskutiert oder einfach für ungültig erklärt wurden“. Mag es auch mühsam gewesen sein, so ist es bestimmt ein gutes Lehrstück in Sachen (unmögliche) Konsensfindung, letztes Wort einer „höhere Macht“ (in Form des Schulleiters) und zu seinen eigenen Überzeugungen zu stehen.

Schulleiter Walter Först ist wichtig, dass den jungen Erwachsenen in den acht Jahren am Reichsstadt-Gymnasium das Rüstzeug mit an die Hand gegeben wurde, „zwischen den Zeilen zu lesen“. Mit einem Zitat von Aristoteles „Eine Sache wissen, heißt wissen, warum sie ist“ forderte er in seiner Ansprache die Abiturienten auf, „sich nicht mit der bloßen Existenz eines Phänomens zu begnügen“, sondern ihm auf den Grund zu gehen.

Zudem bat er sie, sich ihrer Verantwortung für die Welt und ihre Geschöpfe bewusst zu sein und sie „ohne Grausamkeit, sondern mit Respekt, mit Wohlwollen und mit Liebe“ zu behandeln. Das sich einige Schulabgänger diese Maxime längst zu eigen gemacht haben, zeigen die Preise, die sie unter anderem für soziales Engagement an der Schule (etwa im Schulsanitätsdienst) oder für besondere Tätigkeiten im sozialen und kirchlichen Bereich (zum Beispiel durch ihren Einsatz beim Jugendrotkreuz oder der Wasserwacht) bekamen. Aber auch herausragende schulische Leistungen wurden prämiert (siehe Kasten).

Friedrich-Wilhelm Brumberg, Präsident der Rothenburger Rotarier, der den Preis des Serviceclubs überreichte, mahnte an, dass der „Mensch für Gemeinschaft bestimmt ist“ und die Pflicht habe seinen „Anteil zum Miteinander beizutragen“. Denn erst die Umsetzung von Solidarität und Verantwortung durch Handeln ermögliche eine „lebendige Gesellschaft und sozialen Frieden“.

Beste Schülerin aus Insingen

Insgesamt haben heuer 79 Abi­turienten in Rothenburg die allgemeine Hochschulreife erlangt. 14 von ihnen schafften einen Einserschnitt. Hanna Müller aus Insingen erarbeitete sich die Traumnote von 1,0. Schulleiter Walter Först ließ es sich nicht nehmen anzumerken, dass beim Blick auf die Wohnorte der Abi­turienten es auffalle, dass im „Katzenbuckel“ besonders viele „intelligente Leute“ wohnen würden.

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Wegen des allgemeinen Bevölkerungsrückgangs im westlichen Mittelfranken blickt Bürgermeister Kurt Förster mit einem „lachenden und weinenden Auge“ auf diese an sich erfreuliche Anzahl an Schülern aus der Stadt und dem Umkreis mit dem Abitur in der Tasche. Dieser Erfolg bedeutet nämlich oftmals, dass die jungen Leute zum Studieren wegziehen. Für die Stadt aber auch den Kreis gilt es daher „Voraussetzungen für ihre Rückkehr zu schaffen“.

Man sei froh über jeden, der hier in der Heimat eine Ausbildung macht. Dank und Glückwünsche richtete der Bürgermeister auch an die Eltern für ihren Anteil am Schulerfolg. mes


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