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Channel: Aus der Stadt – Fränkischer Anzeiger
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Das „Taubertal“ wird erwachsen

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Vier Tage lang war große Party – Den Independent-Charakter suchte man derweil vergebens

ROTHENBURG – Nach dem Jubiläum im letzten Jahr folgte in diesem der Geburtstag zur endgültigen Volljährigkeit. Wieder einmal präsentierte sich das Taubertalfestival als eines mit außergewöhnlichem Charme und war ausverkauft. Die Stimmung war über alle Tage bestens, musikalisch allerdings blieben Wünsche offen. Das Indie-Rock-Festival verliebt sich immer mehr in bekannte Namen und den Mainstream.

Sum 41 hatten Spaß und wurden vom Publikum für ihren Punk-Rock gefeiert. Foto: Götz

Sum 41 hatten Spaß und wurden vom Publikum für ihren Punk-Rock gefeiert. Foto: Götz

21 Jahre gibt es das Taubertalfestival nun schon. Das klingt nach Erwachsen werden. Und so präsentierte es sich auch, das Festival. Alles schien einmal mehr gut strukturiert, die verschärften Sicherheitsvorkehrungen griffen und besondere Vorkommnisse der negativen Art gab es wenige bis keine. Trotz seiner Größe ging es irgendwie familiär, ruhig und unaufgeregt auf dem Gelände zu. Vieles funktionierte, wenig klappte nicht. Lange vor Beginn war das „Taubertal“ ausverkauft. Von Mittwoch bis Sonntag herrschte eine ausgelassene Stimmung unter den Besuchern. Man feierte sich selbst und die Festivalanarchie, die vor allem auf dem Zeltplatz „Berg“ nahezu uneingeschränkt herrschen durfte.

Hinzu kam ein Line-Up, dem es an bekannten Namen nicht mangelte. Limp Bizkit, K.I.Z., Sum 41, die Fantastischen Vier. Ja, allein schon die diesjährigen Headliner konnten sich sehen lassen. Leider aber sind bekannte Namen nicht gleich musikalisches Wunderwerk. Und so zeigte sich genau hier, beim Line-Up, dass das Erwachsen werden auch seine schlechten Seiten hat. Ein wenig scheint man den Mut verloren und ihn eingetauscht zu haben, gegen die Sicherheiten der Mainstream-Musik. Zumindest, was das Programm auf der Hauptbühne angeht.

Limp Bizkit waren dafür das perfekte Beispiel. Ihren Namen kennt jeder. Am Freitagabend aber, waren sie ein Schatten ihrer selbst. Nach über 20 Jahren auf den Bühnen der Welt und über 50 Millionen verkauften Alben ist das noch nicht mal besonders verwerflich. Für den musikinteressierten Festivalbesucher war die Darbietung, deren einziger Höhepunkt es war, dass Sänger Fred Durst unerwartet lange den Hang vor der Bühne hinauf und wieder hinabkletterte, dann aber irgendwie nicht viel mehr als Krach und eine arge Enttäuschung.

Anders die Berliner Hip-Hop-Formation K.I.Z. und die Fantastischen Vier. Sie machten das, was man von ihnen erwartete. Stimmung, Show und guten Hip-Hop. Allerdings auch nicht mehr. Unvorhergesehenes passierte nicht. Sehr erwachsene Auftritte eben. Einizig die kanadische Punkrock-Band Sum41 wusste zu überzeugen. Ihre Songs funktionieren immer noch und schaute man ihnen beim Spielen zu, vergaß man fast, dass es auch sie schon seit 20 Jahren gibt. Innovative Melodien oder instrumentale Vielfalt suchte man aber auch hier vergebens. So waren es mal wieder die „kleinen“ Bands, die auffangen mussten, was die „großen“ vermissen ließen. Immer mehr mausert sich die kleinere Sounds-For-Nature-Bühne zur Main-Stage, was das musikalische Niveau angeht. Hier kann man sich von unbekannten Namen und auch von den Emergenza-Bands überraschen lassen, vorausgesetzt man schafft es schonmal nachmittags auf das Gelände.

Die Musik verliert an Wert

Genau das wird aber immer mehr zur Seltenheit. Die eigentlichen Attraktionen sind für viele Besucher die Aftershow-Party im Steinbruch, die Zeltplätze und das Ambiente im Tal. Das darf so sein, nicht umsonst zählt das Taubertal-Open-Air zu den schöns­ten Festivals Deutschlands. Musikalisch gesehen verliert es an Wert.

Man mag das den Veranstaltern nicht verdenken. Am Ende verkaufen die Namen die Tickets und letztlich zählt der Gesamteindruck, welcher einmal mehr ein guter bis sehr guter war. Das Taubertalfestival macht Spaß, gibt einem vier Tage lang ein Gefühl der Freiheit, verbindet Menschen und schafft eine lebhafte Atmosphäre, die Rothenburg Jahr für Jahr gut tut. Ausgabe 22 kann kommen. og


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