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Channel: Aus der Stadt – Fränkischer Anzeiger
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Spannende Fahndung

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Eine finnische Adelsfamilie auf Rothenburger Ahnensuche

ROTHENBURG – Internationale Kontakte und Besuche sind im Stadtarchiv nichts Ungewöhnliches, eine finnische Adelsfamilie auf der Suche nach ihrem Gründungsvater ist aber einmalig.

Im Rahmen der Reichsstadttage feierte der Adelsverein von Schantz sein Jubiläum in Rothenburg. Denn von hier aus soll der skandinavische Zweig seinen Anfang genommen haben. Kurios erscheint auf den ersten Blick nicht nur, dass die junge finnische Republik, die nächstes Jahr ihr 100jähriges Bestehen feiert, eine Aristokratie besitzt, sondern auch, dass Rothenburg Ausgangpunkt dieser Familiengeschichte ist. Um diese Zusammenhänge zu verstehen, muss tiefer in die Geschichte eingetaucht werden.

Die von Schantz sind als altes fränkisches Adelsgeschlechts zweifellos nachweisbar. Der Amtmann Wolf Schantz von Wertheim wurde 1541 vom Kaiser Karl V. in den Adelsstand erhoben. Das Wappen zeigt auf einem verstümmelten Ast einen schwarzen Raben, der im Schnabel einen Ring mit einem türkisfarbenen Stein trägt. In Schwäbisch Hall gehörte die Familie dem Patriziat an. Über das Schragsche Wappenbuch im Stadtarchiv ist eine Heirat zwischen Justina Öffner und Friedrich Schantz von Schwäbisch Hall dokumentiert.

Bindekraft Familienbande: Auf Entdeckungsreise in die eigene Vergangenheit. Foto: ta

Bindekraft Familienbande: Auf Entdeckungsreise in die eigene Vergangenheit. Foto: ta

Im schwedischen Adelskalender wird Johann Eberhard von Schantz (1614-1665) als Gründungsvater angegeben. Während des Dreißigjährigen Krieges- so die Überlieferung- soll er sich in Rothenburg dem schwedischen Herr angeschlossen haben. In Schweden legte Johann Eberhard von Schantz eine steile Karriere hin und wurde Staatssekretär von Carl X. Gustaf. Seine Söhne bekleideten ebenfalls hohe Ämter im schwedischen Königshaus und erhielten den Ritterschlag. Sein Nachfahre Oberstleutnant Anton Wilhelm von Schantz (1740-1814) wurde in das finnische Regiment nach Pori (Björneborg) versetzt und begründete die finnische Linie. Die von Schantz sind mit der Nr. 95 im finnischen Adelsregister gelistet. Finnland gehörte seit 1323 dem Königreich Schweden an. In den Kriegen um die Vormachtstellung im Ostseeraum musste Schweden im 18. Jahrhundert weite Teile Finnlands an Russland abtreten. Nach dem schwedisch-russischen Krieg 1808-1809 fiel Finnland an Russland und wurde zum autonomen Großfürstentum erhoben.

Die erste Station ihres Aufenthalts führte die Nachfahren der Familie von Schantz, die in vier Generationen angereist waren, ins Stadtarchiv. Die Hoffnungen Dokumente zu Johann Eberhart von Schantz zu finden, mussten leider enttäuscht werden. Trotz aller Bemühungen der Archivarin Angelika Tarokic konnten keine Archivalien ermittelt werden. Ein Großteil der Militärakten mussten Anfang des 19. Jahrhunderts mit dem Verlust der Reichsfreiheit an das Hauptstaatsarchiv in München abgegeben werden oder wurden zur Vernichtung freigegeben.

In den vorhandenen Amtsbüchern ist Johann Eberhard von Schantz nicht nachweisbar. Zwar gibt es Bürgerbucheinträge zum Namen „Schantz“ aus dem 16. Jahrhundert und eine Einstellungsurkunde des Söldners Hans Schanz von 1497. Ob die ermittelten Personen aber zur Adelsfamilie gehören, ist nicht gesichert.

Da in den 1630er Jahren schwedische Truppen in Rothenburg lagen, ist hingegen denkbar, dass Johann Eberhard von Schantz als junger Mann in den Wirren des Dreißigjährigen Krieges in das schwedische Heer eintrat. Die Landwehr war Großteils zerstört, die Stadt geplündert und die Bevölkerung stark dezimiert, was hatte er schon zu verlieren. Um Licht in das Leben von Johann Eberhard von Schantz und seiner Vor- und Nachfragen zu bringen, steht die Familie vor einer großen Recherchearbeit. Die Unterlagen von Archive in Deutschland, Österreich, Schweden und Finnland müssen gesichtet werden, um kleinste Puzzelteile in ein Ganzes zu bringen. Gesprochen wird nicht Finnisch, sondern Schwedisch. Die Familie gehört zur schwedischsprachigen Minderheit. ta


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