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Valium für den Kämmerer

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Stadtrat gibt weiteren Planungen für Campus-Umbau grünes Licht

ROTHENBURG – Es ist schon eine beeindruckende Hausnummer: Laut Kostenplanung, die in der jüngsten Stadtratssitzung vorgestellt wurde, schlägt der Umbau der Luitpoldschule zum Studienzentrum mit 3,65 Millionen Euro zu Buche. Während Stadtbaumeister Michael Knappe die Bedeutung hervorhob, mit dieser Planung nun ein „belastbares, gutes Budget“ zu haben, sorgten sich angesichts dieser Summe zwei Ratsmitglieder um die Gesundheit und die Nachtruhe von Kämmerer Franz Fisch.

Musterbeispiel (helle Fläche) für Dämmung in Anlehnung an ehemaliges Fachwerk an der Westfassade. Foto: Scheuenstuhl

Musterbeispiel (helle Fläche) für Dämmung in Anlehnung an ehemaliges Fachwerk an der Westfassade. Foto: Scheuenstuhl

Letztlich fiel der Beschluss aber einstimmig aus, auf Grundlage dieses Zahlenwerks die weiteren Planungsschritte für den Umbau zu beauftragen. Die verantwortlichen Planer stellten dem Gremium zuvor die notwendigen Maßnahmen vor. Rund 1,09 Millionen Euro, beziehungsweise 30 Prozent der Gesamtkosten, werden für den Bauunterhalt aufgebracht. Die restlichen 2,53 Millionen Euro fließen in die eigentliche Herrichtung des Gebäudes für die Zwecke des akademischen Lehrbetriebs.

Stadtbaumeister Michael Knappe betonte, dass das nun vorliegende Raum- und Nutzungskonzept mit der Hochschule abgestimmt sei. Als einst eine Million Euro für die Generalsa­nierung vorsorglich in den Haushalt eingestellt wurden, lag dies noch nicht vor. Durch die jetzt erfolgte Benennung und Bezifferung der nötigen und von der Hochschule Ansbach gewünschten Arbeiten seien signifikante Kostenabweichungen in Zukunft nicht mehr zu erwarten.

Das Gebäude der Luitpoldschule habe schon lange gewisse Defizite aufgewiesen, erklärte der Bauamtsleiter. So musste beispielsweise mittlerweile an der Westseite des Gebäudes eine Platte zur Sicherung angebracht werden, damit das Gefache nicht herausfällt. Aufgrund der Mängel am Gebäude hatte man schon vor einigen Jahren mit dem Gedanken einer Generalsanierung gespielt, die aber aufgeschoben wurde, weil nicht feststand, wie das Gebäude einmal genutzt werden sollte.

Das 1902 erbaute Haus am Hornburgweg habe ein „tolles Treppenhaus“, einen „tollen leeren Dachstuhl“ und „wunderbare Details“ wie die alte Schulglocke, schwärmte Planer Christian Teichmann. Allerdings soll in diesem Gebäude nun ein „neues Studienangebot geschaffen werden, in dem neueste technische Medien eingesetzt werden und das sich durch innovative Lehr- und Lernangebote, sowohl virtuell als auch vor Ort, abhebt“. Für diese „innovative Ausrichtung“ sei auch „eine Gestaltung des Lernortes erforderlich“.

Zeugnis vergangener Tage: rundum Fachwerk am Luitpoldschulhaus.   Foto: privat

Zeugnis vergangener Tage: rundum Fachwerk am Luitpoldschulhaus. Foto: privat

In der Praxis heißt dies unter anderem, dass die gesamten Sanitäranlagen saniert werden müssen (Anhebung von Kinder- auf Erwachsenenniveau). Die anderen Räume werden für die Zwecke des Lehrbetriebs neu aufgeteilt und dementsprechend eingerichtet. Beim Blick auf das Raumnutzungskonzept der Hochschule Ansbach bekommt man den Eindruck, dass ohne Rückgriff auf das Englische nicht einmal eine so einfache Sache wie die Benennung von Räumen möglich ist.

So findet sich im Erdgeschoss neben Dozentenbüros und Auditorium ein „Selfbistro“. Im ersten Obergeschoss sind für Gruppenarbeiten „focus“ Räume vorgesehen. Außerdem gibt es eine „academic library“ und eine „inspiring corner“. Darüber sollen „think box“ und „creative lab“ die Studenten zu geistigen Höhenflügen anspornen, bevor beim „academic dining“ der fachlich-gesellige Austausch stattfindet.

Der Keller des 25 Meter hohen Gebäudes bleibt von den Sanierungsmaßnahmen unberührt. An der Westfassade wurde in den 60er Jahren das Fachwerk ausgetauscht. Diese sogenannte „versteinerte Wand“ soll nun eine Außendämmung bekommen, bei der das einstige Fachwerk im Putz abgebildet wird. Die anderen Wände mit Fachwerk werden von innen gedämmt. Ebenso werden aus Energiespargründen alle Fenster ausgetauscht. Zwar sind die Decken statisch tragfähig, doch bei den historischen Stahlbetonrippendecken im Keller- und Erdgeschoss muss nachgebessert werden: Sie bekommen unterseitig eine freitragende Brandschutzverkleidung.

Hinsichtlich der Haustechnik, deren Erneuerung von dem Würzburger Ingenieurbüro „Reinhard Engert Albert“ geplant wurde, gibt es ebenfalls eine Reihe von Maßnahmen, die zur Nutzung des Gebäudes notwendig sind. Aufgrund der 45 Jahre alten Leitungen muss die gesamte Hauseinspeisung erneuert werden. Um einen Legionellen-Befall zu vermeiden, wird sich auch der Trinkwasserbereitung angenommen.

Aufgrund der teilweise veränderten Raumanordnung müssen die Heizkörper neu angeordnet und angepasst werden. Zudem muss eine Abluftleitung für die Küche für das „academic dining“ eingebaut werden. Die umfassende EDV-Technik für die innovativen digitalen Lehr- und Lernmethoden erzeugt viel Wärme, die mit entsprechenden Installationen „heruntergekühlt“ wird, um eine Überhitzung zu verhindern.

Neben der Zweckmäßigkeit wird auch auf Optik wertgelegt: In den Klassenzimmern werden Sideboards als Installationsschächte genutzt. Ebenso verschwindet im Gewölbeflur der Kabelsalat in einer abgehängten Leiste. Die Telekommunikationsanlage sowie der Hausalarm werden komplett neu installiert. Um Barrierefreiheit zu gewährleisten wird ein transparenter Aufzug in die Anlage der Außentreppe integriert.

„Unruhige Nacht“

Hermann Schönborn, UR-Fraktionsvorsitzender, dankte den Planern für die „fundierte Darstellung“ der Maßnahmen, ohne die seine Fraktion die Beschlussvorlage „nicht genehmigt“ hätte. Zwar hätte es die UR „gerne billiger gehabt“, doch bleibe „nichts anderes übrig“. Die Fach­hochschule habe sich bei ihrem Raumnutzungskonzept „nicht unbedingt in großer Sparsamkeit geübt“, so Hermann Schönborn. Angesichts dieses Kostenrahmens befürchtet er für Kämmerer Franz Fisch eine „unruhige Nacht“.

SPD-Fraktionsvorsitzender Dr. Gün­ther Strobl bot – mit einem Augenzwinkern – dem städtischen Zahlmeister sogar an, ihm ein Rezept für eine Valiumtablette auszustellen. „Wir haben A gesagt, jetzt müssen wir auch B sagen“, fasste Bernhard Benz (SPD) die zwiespältigen Gefühle einiger Ratsmitglieder in Worte.

Brigitte Klingler (FRV) erkundigte sich, ob denn Möglichkeiten für Fördermittel oder Zuschüsse bestehen. „Zur Zeit ist dies nur Wunschdenken“, versuchte Kämmerer Franz Fisch die Erwartungen klein zu halten. So seien beispielsweise über die Städtebauförderung wohl lediglich „einige Zehntausende Euro“ an Unterstützung möglich.

CSU-Fraktionsvorsitzender Dr. Wolfgang Scheurer zeigte sich ungebrochen überzeugt vom Campus Rothenburg. Der Kostenrahmen sei im Vergleich zu anderen städtischen Investitionen in die Bildung „vertretbar“. „Jeder Euro kommt mehrfach zurück“, ist er sich sicher und verwies auf Erfahrungen anderer Städte, wo sich eine derartige Investition „mehrfach rentiert“ hätte.

Die Turnhalle ist momentan noch von Umbaumaßnahmen ausgenommen. Die Hochschule behält sie sich als Erweiterungsfläche vor, erklärte der Stadtbaumeister. Die Außenanlagen werden ebenfalls momentan noch so übernommen, wie sie einst für die Grundschüler angelegt wurden. mes


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