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Channel: Aus der Stadt – Fränkischer Anzeiger
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Junge Nikoläuse wollen wachrütteln

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Lastwagenfahrer und ihre Hinterlassenschaften sorgen im Gewerbegebiet für jede Menge Ärger

ROTHENBURG – Solch eine Nikolaus-Aktion ist ungewöhnlich: Im Rothenburger Gewerbegebiet an der Wilhelm-Staudacher-Straße hat jetzt ein Trupp Weihnachtsboten, ausgewiesen durch einheitlich rote Mütze mit weißer Bommel, in heikler Mission Hand angelegt.

Ausgestattet zum Teil mit Mundschutz und durchweg Gummihandschuhen sind sie ausgeschwärmt, um Müll und andere unschöne Hinterlassenschaften einzusammeln. Der Dreck stammt von Lkw-Fahrern, die mit ihren Fahrzeugen dort oft über Nacht in Warteposition stehen, um möglichst schnell Einlass im Hausgeräte-Werk von Electrolux in der Bodelschwinghstraße zu bekommen.

Die kleinen Nikoläuse sammeln Müll. Ihre Eltern Birgit, Stefan und Isabel (v.li.) sind dabei. Foto: Weber

Die kleinen Nikoläuse sammeln Müll. Ihre Eltern Birgit, Stefan und Isabel (v.li.) sind dabei. Foto: Weber

Mit ihrer Müllsammel-Aktion wollen die kleinen Nikoläuse Lisa (12), Julia und Johannes (beide 11), Johanna (9), Adrian und Felix (beide 6) unterstützt von ihren Eltern und von der jungen Mischlings-Hündin „Floppy“ wachrütteln. Veterinärin Dr. Birgit Scholz betreibt zusammen mit ihrem Mann, dem Veterinär Dr. Stefan Scholz, eine große Tierarztpraxis in der Dr.-Bühler-Straße. Sie kennt die Zustände aus eigener Anschauung. Alles spielt sich direkt vor ihren Augen zu Füßen des eigenen Praxis-Gebäudes ab, beziehungsweise ist an den unschönen Hinterlassenschaften abzulesen.

Ihre Beobachtung: „Lkw-Fahrer verrichten auf den Grünstreifen und in den anschließenden Bereichen schamlos ihre Notdurft, erledigen dabei nicht selten auch das größere Geschäft. Beim Wegfahren fliegt oft auch noch der gesammelte Müll von der Fahrt und von der Übernachtung in der Bordkabine aus dem Fenster, bleibt als unschönes Andenken einfach liegen.“

Sie habe deswegen schon mehrfach bei der Stadtverwaltung vorgesprochen, auf die unmöglichen hygienischen Verhältnisse und auch darauf hingewiesen, dass sich im Müll auch noch gefährliche Anteile wie Rasierklingen befinden. Aber es tue sich nichts, bedauert Birgit Scholz. Ordnungsamtschef Roland Pfaffelhuber räumt ein: „Wir haben da leider keine konkrete Lösung parat.“

Einige Anwohner und andere Rothenburger stehen der Situation auch aus anderen Gründen kritisch gegenüber. Sie machen auf Spurrillen in Grünstreifen und Verdrückungen in gepflasterten, allerdings nur für Pkw gedachten Parkbuchten aufmerksam. Sie regen sich völlig zurecht darüber auf, dass die entstandenen Schäden zu Lasten des hiesigen Steuer- und Abgabezahlers gehen. Die Allgemeinheit müsse nämlich eines Tages für die Behebung der Schäden geradestehen. Der verursachende Lkw-Fahrer mache sich in der Regel aus dem Staub und damit seien weder er noch dessen Firma greifbar.

Bei einer Betriebsbesichtigung durch den Stadtrat hatte Werkleiter Kilian Knorr-Held vom Electrolux-Standort Rothenburg erst kürzlich von einer Verkehrssituation gesprochen, die wohl auch weiter Thema bleiben werde. Das betreffe sowohl die Autos der Mitarbeiter als auch die Lkw der Anlieferer und Abholer. Er wies darauf hin, dass für die Fahrer der Sattelschlepper und Co. eigens eine Toilette eingerichtet worden ist. Außerdem seien vom Rothenburger Electrolux-Werk an die Lkw-Fahrer und an ihre Firmen gezielt Mitteilungen über Parkmöglichkeiten weiter außerhalb verschickt worden. Das Problem sei nur, dass der Text die Brummilenker entweder überhaupt nicht erreiche oder die von den oft aus dem Osten kommenden überhaupt nicht verstanden werden könne, weil er auf Englisch sei, merkt Roland Pfaffelhuber an.

Parallel dazu erweise sich eine Kernfrage weiterhin als harte Nuss, die schwer oder überhaupt nicht zu knacken ist: Wie können um 7 Uhr beim Andrang am Werkstor möglichst viele wartende Lkw geordnet auf dem Gelände des Rothenburger Elextrolux-Standorts Platz finden? Es scheint am System zu fehlen, vielleicht auch am Willen, etwas bewegen zu wollen. Freilich ist das Rothenburger Lkw-Problem auch vor allgemeinem Hintergrund zu sehen. Die Lager sind längst aufgelöst und auf die Straße verlegt. „Wir werden versuchen, im Gewerbegebiet wenigs­tens das Parken der Lkw auf Pkw-Parkplätzen und Grünstreifen zurückzudrängen,“ verspricht Roland Pfaffelhuber und kündigt Verwarnungsgelder an, die ganz schön saftig ausfallen können.

Schließlich fühlt man sich auch denjenigen verpflichtet, die ihren Lkw ganz regulär am Parkplatz Schweinsdorfer Straße (P 3) abstellen und dafür 30 Euro pro Jahr, 50 Euro für zwei Jahre und 60 Euro für drei Jahre berappen. „In den Griff kriegen wir das aber nur mit einem großen Rastplatz weiter draußen.“ -ww-


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