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Channel: Aus der Stadt – Fränkischer Anzeiger
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Der große Appell

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Stadtmarketingverein hofft auf breite Unterstützung

ROTHENBURG – Ohne einen professionellen Rahmen, der auch eine angemessene Finanz- und Personalausstattung bedeutet, ist auf Dauer kein wirksames Stadtmarketing zu erreichen. Der wichtigste Erfolgsfaktor ist eine funktionierende Kommunikation. Woran noch gearbeitet werden muss. Es geht um die Weichenstellung und um Details zur Ausgestaltung. Die Positionierung des Stadtrates wird sich bei den noch ausstehenden Etat-Entscheidungen zeigen.

Bürgermeister Kurt Förster, Stadträte und Mitglieder des Stadtmarketingvereins bei der Versammlung im „Ochsen“.Fotos: Schäfer

Bürgermeister Kurt Förster, Stadträte und Mitglieder des Stadtmarketingvereins bei der Versammlung im „Ochsen“. Fotos: Schäfer

Der Stadtmarketingverein ist um Erfahrungen reicher. Vor knapp sechs Jahren war er mit großen Erwartungen und breiter Beteiligung ins Leben gerufen worden und hatte sich mit dem Österreicher Thomas Egger einen anerkannten Marketingfachmann geleistet. Der packte das Vorhaben überzeugend an und in Arbeitsgruppen gab es eine bemerkenswert selbstkritische Bestandsaufnahme der Lage. Doch dann geriet der Anfangsschwung ins Stocken. Als es ans Eingemachte ging, verlängerte man die Zusammenarbeit mit Thomas Egger nicht, was in erster Linie finanzielle Gründe hatte.

Es folgten mehrere Wechsel bei der Halbtagsstelle für das Stadtmarketing. Unter den gegebenen Bedingungen war es nicht einfach, eine geeignete Besetzung zu finden. Für Berufsanfänger waren die Herausforderungen in der kommunalen Praxis eine Nummer zu groß. Mit der gestandenen Marketingfachfrau Ariane Koziollek (46), sie hat mehr als zwanzig Jahre praxisorientierte Berufserfahrung und war als Managerin bei einer internationalen Verbundgruppe des Handels tätig, konnte man 2016 wenigstens eine engagierte Organisatorin der Frühlings-Stadtmosphäre gewinnen. Danach war die Auftragsarbeit beendet. Der Stadtmarketingverein wollte sie jedoch nicht endgültig ziehen lassen und beschäftigt sie seit September auf einer Basis, die auf Dauer keine Lösung sein kann.

Die Vorsitzende Sabine Käß mit Team.

Die Vorsitzende Sabine Käß mit Team.

Bei der Jahreshauptversammlung des Stadtmarketingvereins am Dienstagabend im „Ochsen“ bekräftigten die Mitglieder ihren Wunsch, sie als Stadtmanagerin zu bekommen und ihr eine berufliche Perspektive in der Stadt zu geben. Dies ist die Voraussetzung für eine sichtbare strategische Arbeit, vor allem über erfolgreiche Projekte mit Strahlkraft. Wie die Vorsitzende Sabine Käß anerkennend feststellte, habe die Marketingfachfrau „in kürzester Zeit ein ganzes Füllhorn an Ideen ausgeschüttet“ und Vorhaben umgesetzt. Letztlich nützt die überzeugende Persönlichkeit wenig, wenn man die Stelle nicht finanzieren kann. Stadt und Marketingverein sitzen dabei in einem Boot.

Ein Hemmschuh ist das formelle Finanzierungskonstrukt im Rahmen des Bund-Länder-Programms „Soziale Stadt“, das angewandt wurde, um an Zuschüsse zu kommen. „Projekte verpuffen oft schon unter der Last und Länge des Genehmigungsverfahrens“, beklagte Sabine Käß, „es dauert Wochen und Monate bis eine Förderzusage da ist.“ Der Stadtmarketingverein will eine neue gemeinsame Lösung mit der Stadt und hat den Antrag auf zusätzliche Haushaltsmittel gestellt.

Das bisherige Modell sah so aus: Die Stadt zahlte jährlich 4000 Euro Zuschuss für die Stadtmosphäre und weitere 6200 Euro für andere Maßnahmen wie Märchenbummel, „Shuttle-Shopping“ und Romanze an Valentin. Rund 32000 Euro erstattete die Stadt im Jahr als Personalkostenzuschuss für die Aufgaben des „Citymanagements“. Diesen Betrag möchte der Stadtmarketingverein auf 41250 Euro aufgestockt haben. Als Begründung wird der hohe Zeitaufwand angeführt. Laut Vereinbarung sollen bisher durch eine Teilzeitkraft 19,5 Wochenstunden geleistet werden. Tatsächlich fallen 30 Wochenstunden an, wie die Analyse ergeben habe.

Die Mitglieder sehen die Stadt in der Pflicht. Auch in Rothenburg sei der steigende Handlungsdruck durch Internationalisierung und Globalisierung zu spüren. Es wächst die Diskrepanz zwischen den zunehmenden Handlungsanforderungen und den sinkenden Handlungsspielräumen. Wachsende Konkurrenz, der Online-Handel und ein schnelleres Aufnehmen von „Zeitgeisterscheinungen“ und verschiedene Zielgruppen erschweren die Absicht, Rothenburg auf seine Stärken zu konzentrieren und mit einer Stimme hörbar machen zu können.

Mit einem leidenschaftlichen Appell warb Michael Rehbogen, Mitglied im Stadtmarketingverein, um Zustimmung für den Zuschussantrag. Würde die Stadt die Arbeit in Eigenregie durchführen, käme dieses Vorgehen unterm Strich um einiges teurer. „Es würde die Stadt das Dreifache kosten“, hat der Bilanzbuchhalter ausgerechnet. Zusammen mit Claudia Reingruber hatte er die Kasse des Vereins geprüft und Schatzmeisterin Ingeborg Mayr-Hettenbach eine sorgfältige Arbeit bescheinigt.

Als Gast der Jahreshauptversammlung wollte sich Bürgermeister Kurt Förster als Vertreter der Stadt nicht näher zu dem Zuschussantrag des Stadtmarketingsvereins äußern. Die Entscheidung werde im Rahmen der anstehenden Haushaltsberatungen diskutiert. Eine hinreichende Erfolgsaussicht sieht er jedoch nur dann, „wenn sich alle in der Stadt mitgenommen und auf den Weg gebracht fühlen“. Dem Stadtmarketingverein legte er eindringlich ans Herz, sich mit dem Vorstand des Rothenburger Hotel- und Gaststättenverbandes ins Benehmen zu setzen und sich auf eine stärkere Beteiligungsform zu verständigen. Fakt ist: Die Gastronomen-Vertretung ist im Sommer letzten Jahres aus dem Stadtmarketingverein ausgetreten, weil sie ihre Interessen nicht genügend gewahrt sieht.

Wie die wiedergewählte Vorsitzende Marion Beugler auf Nachfrage der Redaktion erklärte, hätten kooperative Vorschläge zur besseren Einbindung der Restaurants nicht gefruchtet. „Wir sehen uns mit unseren Projekten besser aufgestellt und arbeiten deshalb lieber autark“. Es gebe aber auch Themen und Interessensgebiete wie das Parkraumkonzept, wo es vielmehr Sinn macht, sich auszutauschen und gegenseitig zu stärken. Für eine bei der Stadt angesiedelte Stadtmanagerin kann sich der Hotel- und Gaststättenverband nach Angaben seiner Vorsitzenden „mehr erwärmen“. Das Stadtmarketing sei zu stark auf den Einzelhandel ausgerichtet.

Tourismusdirektor Dr. Jörg Christöphler erläuterte dem Stadtmarketingverein seine Erkenntnisse für die Entwicklung des Tourismus. Im Fokus seiner Arbeit liegt die Steigerung der Übernachtungsgäste. Dafür betreibt die Stadt einen hohen personellen und finanziellen Aufwand, der sich in Zahlen niederschlägt, die nach verschiedenen Kriterien zusammengestellt sind. Mit Statistiken kann man alles beweisen. Ob man damit die ganze Wahrheit kennt, steht auf einem anderen Blatt. Der Rothenburger Tourismus-Chef warb für seine neue Idee eines geplanten „Märchenwaldes“ im Vorfeld des Reiterlesmarktes.

Darin stecke ein Potenzial für mehr Umsatz, wenn man die Zeit zwischen November und Maria Lichtmess besser nutze. Für Verzückung soll eine professionelle Lichtillumination vom Rathaus bis in den Burggarten sorgen. Bei der genannten Kostenschätzung von 150000 Euro mussten die Zuhörer ziemlich schlucken. Da wirkt der Wunsch des Stadtmarketingvereins nach einer höheren Kostenbeteiligung der Stadt schon fast wieder bescheiden. Als Zielgruppe dürfe man die Kunden aus dem Umland nicht außer Acht lassen, waren sich die Einzelhändler einig. Eine lebhafte Diskussion entspann sich um die Sonntagsöffnung. Ein einheitlicher Konsens ist schwierig zu finden, wie sich zeigte. sis


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