Große Denkmalschutz-Investition aus privater Hand
ROTHENBURG – Was macht eine Stadt reizvoll? Das Authentische, dass sie der Historie Raum gibt und ihre Geschichte wertschätzt. Dieser besondere Charme bewirkt, dass Touristen verweilen und Bewohner sich mit ihrem Viertel identifizieren und zu einer Bürgerschaft werden.
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Bezirkstagspräsident Richard Bartsch, Dr. Ludger und Regina Ernst, OB Walter Hartl vor dem sanierten Altbau. Foto: Schäfer
Die städtebauliche Herausforderung der nächsten Jahre wird vor allem sein, sich mit der Bausubstanz auseinanderzusetzen. Der Ersatzneubau ist nicht die Lösung, um Rothenburg zukunftsfähig zu gestalten. Der Erhalt der städtischen Baukultur geht weit über den Denkmalschutz hinaus. Besonders wichtig sind die Gebäude und Ensembles, die das Stadtbild prägen und erst in ihrer Gesamtheit das historische Stadtgefüge entstehen lassen.
Diese Bausubstanz ist für den Charakter der regionalen Baukultur besonders wichtig. Denkmäler brauchen individuelle Planungen, die in einem realistischen Kosten-Nutzen-Verhältnis stehen und auch die energetischen Vorgaben erreichen. Ein privater Investor aus Fulda, der Zahnarzt Dr. Ludger Ernst, hat in Rothenburg den historischen Altbau in der Wenggasse 1 fachmännisch und nachhaltig sanieren lassen. Der vorhandenen Qualität wurde mit neuer Qualität begegnet.
Ein Vorzeigebeispiel für den Erhalt eines Denkmals. Bezirkstagspräsident Richard Bartsch ließ es sich deshalb nicht nehmen, den Scheck über 15000 Euro persönlich zu überreichen. „Sie haben sich um die Denkmalpflege verdient gemacht und mehr investiert als andere“, lobte er den Hauseigentümer, der mit Ehefrau Regina nach Rothenburg gekommen war, um die gezollte Anerkennung und Würdigung entgegenzunehmen.
Die Denkmal-, Kultur- und Heimatpflege gehört seit 1953 zu einer der Pflichtaufgaben des Bezirks Mittelfranken, „um den Erhalt von Denkmälern zu fördern, da hier ein öffentliches Interesse besteht“. Ein großes Lob gab es auch von Oberbürgermeister Walter Hartl für den Erhalt und die Aufwertung alter Bausubstanz. Damit werde das Stadtbild verschönert und die Kultur gefördert.
Der Hausherr kann zu Recht stolz sein, auf das gelungene Werk. Er hat ein Faible für Baudenkmäler und nahm für die aufwändige Sanierung fast eine Million Euro in die Hand. Der Rothenburger Max-Stephan Zimmer, Sohn einer Nachbarin, hatte bei ihm Interesse an dem Objekt geweckt. Das Haus stand lange Zeit leer, weil es als schwieriger Sanierungsfall betrachtet wurde. Das verwinkelte Gebäude mit dem noch vorhandenen Mittelalterteil war in den fünfhundert Jahren seines Bestehens immer wieder umgebaut und gehörig verändert worden – nicht immer zum Besseren.
Die grundlegende Sanierung erstreckte sich über einen Zeitraum von etwa einem Jahr. Im Rückblick hat Dr. Ludger Ernst seine Entscheidung nicht bereut. Im Gegenteil. Er fühlt sich bestärkt in seiner Haltung, „ganze Arbeit zu leisten und keine halben Sachen zu machen.“ Mit Architekt Eduard Knoll habe er einen „Fachmann an der Hand gehabt“, der sich mit alten Häusern auskennt und auch die entsprechenden Firmen besorgt hat. „Mein Vertrauen ist nicht enttäuscht worden“, sagte der Fuldaer und zeigte sich grundsätzlich nicht abgeneigt vor der neuen Herausforderung einer fachgerechten Instandsetzung im Stadtkern von Rothenburg.
Im Zusammenhang mit den Aushubarbeiten wurde im Erdgeschoss ein Brunnenschacht entdeckt. Der Brunnen war mit einem Gewölbe aus Natursteinen überdeckt. Die Oberkante des Gewölbes lag unmittelbar unter dem bestehenden Fußboden. Da die Südfassade den Brunnenschacht überschneidet, wird davon ausgegangen, dass der Brunnen bereits vor 1688, dem Erbauungsjahr des Gebäudes vorhanden war. Genauere Untersuchungen haben ergeben: Der Schacht ist bis etwa zur halben Tiefe untermauert und im unteren Bereich in den Fels geschlagen. Über der Sohle wurde der Querschnitt des Schachts in westliche Richtung erweitert, um einen größeren Wasservorrat im Schacht zu erhalten. Bei einer früheren Sanierung wurde der Brunnenschacht ummauert und erhielt eine Abdeckung aus einem Betonfertigteil.
Im Zusammenhang mit der Sanierung wurde auch die Baugeschichte des Hauses aufgearbeitet und dokumentiert. Demnach wurde das 1688 erbautete Haus im Jahr 1900 um ein weiteres Geschoss erhöht. Das Dach über der Erweiterung wurde mit flacher Neigung an den vorhandenen Dachstuhl als Schleppdach angesetzt. Ein Teilbereich über der Aufstockung an der Rückseite wurde mit einem flachen Blechdach überdeckt und wird heute als Dachbalkon benutzt.
Im östlichen Bereich des Hauses (heute Treppenhaus, Heizungs- und Hausanschlussraum) steckt ein Vorgängerbau mit Besonderheiten, etwa einem Portal im Gewölbekeller. Für die Verbesserung der Raumhöhe im Erdgeschoss und besonders für den Einbau der erforderlichen Filterschichten und Wärmedämmungen unter dem Fußboden im Erdgeschoss, war es erforderlich, den Boden um etwa fünfzig Zentimeter abzugraben.
Entgegen allen Erwartungen lag die vorhandene Bodenplatte direkt auf gewachsenem, bindigem Boden. Der Kellerzugang in der westlichen Kellerwand führte zunächst in einen Hof, der mit dem Bau des heute vorhandenen Gebäudes im Jahr 1688 überbaut wurde. Das Niveau der Umgebung und im Erdgeschoss des Gebäudes muss in historischer Zeit höher als zu Beginn der aktuellen Maßnahme gelegen sein, so die Interpretation, da alle Fundamente, mit Ausnahme des Kellers „nur eine äußerst geringe Einbindetiefe in das Erdreich besaßen“. Als Folge mussten bei der Sanierung alle Fundamente aufwändig unterfangen werden. Diese Mehrkosten konnten an anderer Stelle kompensiert werden. Entstanden sind vier moderne Wohnungen zwischen 40 und 96 Quadratmeter mit besonderem Flair in zentraler Altstadtlage. Die Vermietung war kein Problem. sis