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Segen als Zeichen der Stabübergabe

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Forum „Kirche – Wirtschaft – Arbeitswelt“ befasste sich mit dem betrieblichen Generationenwechsel

ROTHENBURG – Beim achten Forum Kirche – Wirtschaft – Arbeitswelt des Kirchlichen Dienstes in der Arbeitswelt der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern (kda) in Kooperation mit der EvangelischenTagungsstätte Wildbad haben die Teilnehmer zwei Tage lang intensiv diskutiert. Es ging um die Weitergabe von Traditionen in Kirche und Wirtschaft, um die Gestaltung von Generationenwechseln und um die Frage, wie (christliche) Werte in Unternehmen vermittelt werden können.

Eva Beck (v.l.), Wolfgang Schuhmacher, Michael Ballweg und Hubert Roßkopf. Foto: kda Bayern

Dabei wurde deutlich, dass Traditionsweitergabe stets ein lebendiger Prozess ist, der gelingen kann, wenn der Blick für den jeweils anderen nicht verloren geht und offen kommuniziert wird. Biblische Texte können dabei hilfreiche Begleiter sein und Segen zum sichtbaren Zeichen fü̈r Übergänge werden.

Mit der alltäglich menschlichen Erfahrung „Nichts bleibt, wie es war“ fasste Dr. Johannes Rehm, Leiter des kda Bayern, die Herausforderungen zusammen, die mit jedem Generationenwechsel verbunden sind. „Eigentlich ist es unerlässlich, dass man sich regelmäßig im Arbeitsalltag vergegenwärtigt, wie war es frü̈her und wer hat vor mir, was, warum, wie entschieden,“ resü̈mierte Rehm und verwies auf die christliche Tradition, die helfen könne, „die richtige Balance von Erfahrung und Erneuerung zu finden.“
Hierauf ging auch Prof. Dr. Karin Ulrich-Eschemann ein. Ihrer Ansicht nach sei die Wurzel der Tradierung in der Familie zu finden. Dabei sei sie hier wie auch im christlichen Kontext ein dynamischer Vorgang. „Durch die Verbindung von Gottes- und Menschengeschichte wird (mit Jesus) nochmal eine neue Tradition in Gang gesetzt.“ Diese gilt es, aktiv weiterzugeben „als lebendiger Vorgang, als gelebte Praxis.“ Insgesamt ist Ulrich-Eschemann ü̈berzeugt: „In allem, was wir tun, ist auch etwas enthalten von dem, was wir empfangen haben.“
Dem konnten die drei Gesprächsteilnehmer bei der anschließenden Podiumsdiskussion zustimmen, als sie von ihren Erfahrungen aus der Praxis referierten. So berichtete Henriette Mark, Vorsitzende des Betriebsrates Sü̈dbayern und Mitglied des Aufsichtsrates der Deutschen Bank AG, von zwei unterschiedlichen Traditionssträngen, die in ihrem Unternehmen zu finden seien.
Beide Identitäten vereinen
Um beide Identitäten, die Tradition des internationalen Investmentbankings und die Werte des deutschen Traditionsbankhauses, miteinander zu vereinen, bedü̈rfe es ihrer Ansicht nach „ein ständiges Werben um gegenseitiges Verständnis“. Am wirksamsten sei es, so Mark, wenn Alt und Jung voneinander lernten.
Davon wusste Hanns-Thomas Schamel, Seniorchef der Firma Schamel Meerrettich, einem Betrieb mit rund 50 Mitarbeitenden und langer Familiengeschichte, aus eigener Erfahrung zu berichten. Der Übergang von einer Generation zur nächsten sei in seiner Familie nicht immer reibungslos verlaufen. Deshalb stehe es fü̈r ihn fest, dass es unabhängig vom Zeitgeist „feste Werte sind, die auch feste Werte im Unternehmen bleiben mü̈ssen.“ Das Geheimnis jedes erfolg-reichen Unternehmens sei es, „dass es etwas gibt, worauf sich Mitarbeiter, Kunden, Lieferanten verlassen können.“ Fü̈r Hanns-Thomas Schamel spielen gerade die christlichen Werte eine zentrale Rolle.
Gegenseitige Rücksichtnahme
Aus Sicht des Handwerks sei einer dieser zentralen Werte bei der Übergabe von Betrieben die gegenseitige Rü̈cksichtnahme, insbesondere wenn die neue Generation frische Ideen einbringen möchte. Christopher Kruse, Geschäftsfü̈hrer des Landesinnungsverbands fü̈r das bayerische Bäckerhandwerk, kennt viele Beispiele aus der Praxis, wo dies gelungen sei und im Anschluss an die Bibelstelle Johannes 3,30 die neue Generation gewachsen und die alte in einem Betrieb abgenommen habe. „Das Werk des Übergebenden erfü̈llt sich erst in der erfolgreichen Übergabe,“ ist er sich sicher. Doch gleichzeitig ist sich Kruse bewusst, dass zwischen den Generationen ein Vertrag bestehe, der jeden Tag neu ü̈berprüft werden muss und gegebenenfalls auch gekü̈ndigt werden kann.
In seiner Predigt griff der Altbischof der Evangelischen Kirchenprovinz Sachsen und theologischer Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Handwerk und Kirche, Prof. Dr. Axel Noack, einen Teil des zweiten Briefs an Timotheus auf und brachte damit drei weitere Begriffe ins Spiel. Timotheus, der selbst schon in dritter Generation dem christlichen Glauben angehört, wird vom Apostel in dessen Brief an Gottes Geist der Kraft, Liebe und Besonnenheit erinnert. Dies wü̈nsche er jedem bei der Traditionsü̈bergabe an die nächste Generation, im Glauben wie im Betrieb, so der Altbischof.
Das Stichwort Kommunikation stand im Mittelpunkt der anschließenden vier Workshops. So sei es nicht nur das Wissen an sich, das Senior-Experten an Jü̈ngere im Betrieb weitergeben, das gut kommuniziert werden sein will. Unter Leitung von Michael Ballweg, Geschäftsfü̈hrer der media access GmbH, waren sich die Teilnehmenden des Workshops einig, dass es auch um das „Wie“ gehe, denn Senior-Experten haben nicht (mehr) das Sagen, sondern sind in der Rolle des Beraters im Betrieb unterwegs.
Fü̈r Mitarbeitende sei bei Betriebs-ü̈bergängen insbesondere die Transparenz der Kommunikation von zentraler Bedeutung, um Ängste abzubauen und Vertrauen in das Neue zu schaffen, so die Meinung aus dem zweiten Workshop unter Leitung des Betriebsratsvorsitzenden und Aufsichtsrats der Ledvance GmbH, Hubert Roßkopf.
Im Handwerk brauche es gerade innerhalb von Familien zahlreiche Gespräche bei der Betriebsü̈bergabe. Nicht nur die gegenseitige Wissensvermittlung sei laut Eva Beck von der Handwerkskammer fü̈r München und Oberbayern wichtig. Auch die Verteilung von Aufgaben und Finanzen innerhalb der Familie dü̈rfe nicht aus dem Blick geraten, um den Familienfrieden und das Familiengefü̈ge stabil zu halten.
Aus christlich-ethischer Sicht bedü̈rfe es des regelmäßigen Diskurses ü̈ber die Werte in einem Unternehmen, gerade bei einem Generationenwechsel oder einer neuen Leitung. Dies sei ein gegenseitiger Lern- und Bildungsprozess, so Wolfgang Schuhmacher, Leiter der Tagungsstätte Wildbad, bei der Präsentation der Ergebnisse aus dem vierten Workshop.
In der anschließenden Diskussion wurde deutlich, dass die biblische Tradition immer wieder von solchen Übergängen erzählt und der Segen hierbei eine wichtige Rolle spielt. Segen ist nicht nur äußeres Zeichen fü̈r die Stabü̈bergabe von der einen Generation zur nächsten, sondern er bringt gleichzeitig die eigene Endlichkeit zum Ausdruck. sb

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