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Auf den Spuren Primoz Trubar

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Rothenburgs historische Quellen angezapft

ROTHENBURG – Das Stadtarchiv Rothenburg bewahrt dauerhaft Unterlagen auf, die von besonderer rechtlicher, historischer und kultureller Bedeutung sind. Das „Gedächtnis der Stadt“ ist eine Fundgrube für Historiker und geschichtliche interessierte Laien. Kürzlich hatte Stadtarchivarin Angelika Tarokic Besuch aus Slowenien.

Lehrer aus Slowenien – Mitgliedsstaat der Europäischen Union – beim Besuch im Stadtarchiv Rothenburg.

Lehrer aus Slowenien – Mitgliedsstaat der Europäischen Union – beim Besuch im Stadtarchiv Rothenburg.

Es mag zunächst grotesk erscheinen, dass im römisch-katholischen Slowenien der Reformationstag als staatlicher Feiertag verankert ist. Eine kleine Minderheit der Bevölkerung gehört der evangelischen Kirche an. Als Nationalheld wird der Begründer der protestantischen Kirche auf der Ein-Euro-Umlauf-Münze geehrt. Der protestantische Glaube konnte sich aufgrund unerbittlichen Gegenreform der Habsburger Herrschaft nicht durchsetzen.

Der Reformation aber verdankt Slowenien ihre Schriftsprache und die erste Nennung der Wortes Slowenen. Kopf der slowenischen Reformationsbewegung war der Theologe Primoz Trubar (1508-1586). Als Begründer der slowenischen Schriftsprache übersetzte er die ersten Bücher. Wer nun an einen slowenischen Epos denkt, irrt. Es handelt sich vielmehr um den der Katechis­mus und den Abecedarium – ein alphabetisches Lehrwerk– die Trubar 1550 in Rothenburg übersetzte.

Heilg-Geist-Pfarrer referierte

Reformator zu sein, hieß meist, auf der Flucht zu sein. Exkommuniziert kam Trubar 1548 als Flüchtling über die Vermittlung des Nürnberger Reformator Veit Dietrich nach Rothenburg. Hier wirkte er von 1548-1552 als Diakon an der Spitalkirche. Weitere Stationen sollten in diesem rastlosen Leben folgten. Eine Gruppe von slowenischen Lehrern wollte auf seinen Spuren seinem Leben und Wirken näherkommen.

Die Reise wurde vom Trubar Forum organisiert und durchgeführt. Der kleine gemeinnützige Verein, der sich 2008 zum 500. Geburtstag Trubars gründete, widmet sich der Rettung und Verbreitung seines Erbes. Mit der Hilfe von Experten wurden so in den letzten sieben Jahren seine ers­ten Schriften ins moderne Slowenisch übertragen.

Über eine breit gefächerte Öffentlichkeitsarbeit informiert das Forum über Trubars Leben, Werk und Bedeutung. Um das Wissen über ihn stärker in die Schulen zu tragen, richtete sich diese Exkursion an Lehrer aller Klassen. Über sein Leben in Rothenburg berichteten Pfarrer Ulrich Winkler und Lothar Schmidt. Zur ihrer Überraschung konnten sie im Stadtarchiv vier der seltenen Originalwerke Trubars, die sich in der Rats- und Konsistorialbibliothek befinden, einsehen und wortwörtlich in den Händen halten.

Papier aus 1562 in glagolitischer Schrift.

Papier aus 1562 in glagolitischer Schrift.

Das Archiv besitzt die Übersetzungen des Neuen Testaments, der Fürnämpsten Hauptartikel christlicher Lehre, des Confessio oder Bekanntnuß des Glaubens und der Hauspostillen Luthers. Glaubt man dem Organisator Benjamin Hlastan war der Besuch des Stadtarchivs das Highlight der Reise. Die Wirkung, die von diesen Büchern ausgeht, wird laut Hlastan die slowenischen Lehrer weiter in ihrer Arbeit inspirieren.

Bibelanstalt gesponsert

Leider sind die Übersetzungen in Glagoliza, der ältesten slawischen Schrift, nur für Experten lesbar. Als Abgabeexemplar fanden die vier Bücher den Weg in die Rats- und Konsistorialbibliothek. Als evangelische Reichsstadt gehörte Rothenburg zu den Sponsoren der Uracher Bibelanstalt.

Trubar leitete die Windische, chrabatische und cirulische Thrukerey (slowenischen, kroatischen und kyrillische Druckerei), in der eine große Zahl an evangelischen Schriften von ihm und seinen Mitarbeitern ins Slowenische und Kroatische übersetzt wurden. Nach Rothenburg fuhr die slowenische Gruppe weiter nach Tübingen, Derendingen, Bad Urach und Salzburg. Für das kommende Jahr ist der Besuch im Stadtarchiv wieder fest eingeplant. ka/sis


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