Elektroflieger-Treffen zeigte die Vielseitigkeit der kleinen Maschinen
ROTHENBURG – Klein, aber oho: Im Schnitt starten und landen in Frankfurt täglich 120 Flugzeuge. Doch mit an die 60 Piloten muss sich das jüngste Elektroflieger-Treffen in Rothenburg alles andere als verstecken. Bereits zum 18. Mal kamen Modellflug-Enthusiasten für ein Wochenende zusammen, um ihr flieger-isches Können zu zeigen und mit anderen Begeisterten fachzusimpeln.

Star der Modellflieger-Szene zu Gast: Markus Rummer alias „Mr. Low“ zeigt sein Können. Fotos: Scheuenstuhl
Zahlenmäßig kann die Modellflug-Szene also schon einmal mithalten. Ein weiterer Pluspunkt: Die Bandbreite an Fliegern ist in der Tauberstadt deutlich größer als am hessischen Verkehrsknotenpunkt. „Man sieht beim Elektrofliegen ganz selten mal gleiche Flieger, weil die Piloten einen besonderen Ehrgeiz haben ihren Flieger selber zu bauen und nicht auf fertige Modelle zurückgreifen“, erklärte Wilfried Theuerlein vom Rothenburger Modellflug-Club. Deshalb traf man dort auch auf nachgebaute Modelle aus fast allen Epochen, angefangen im Jahr 1910 bis in die Moderne hinein. In der Modellflug-Szene tummeln sich darüber hinaus auch sogenannte Antikmodellflieger, die an die 60 Jahre alt sein können. Dieser Variantenreichtum hat auch Einfluss auf das Verhalten in der Luft. „Man versucht vorbildgetreu zu fliegen, also so, wie das Originalflugzeug in der jeweiligen Epoche“, betont Wilfried Theuerlein.
Beim Modellflieger-Bau ist das Erfolgsrezept die richtige Balance zwischen leicht und stabil zu finden. Das Tüfteln, Ausprobieren und Feilen an der Technik nimmt den Hauptteil dieses Hobbies ein. Für viele Piloten ist es vielleicht sogar der spannendere Part. Gerade was die Akkus betrifft bringen Elektroflieger-Begeisterte durch ihren technischen Einfallsreichtum seit jeher Verbesserungen in anderen Bereichen mit auf den Weg. Deshalb fand auch auf dem Rothenburger Modellflugplatz ein kleines Schaulaufen der technischen Innovationen statt. So mag etwa für Laien der orange-blaue „Plastik-Flieger“ von Wolfgang Halbritter wie ein Billigexemplar aus dem Discounter aussehen. Es ist aber vielmehr ein erneuter Beweis, was alles möglich ist. Denn Flügel und Rumpf des ein Meter langen Fliegers kommen ausschließlich aus dem 3D-Drucker.

Ein Jahr hat Andi an seiner „Sea Fury“ gebastelt – Freundin Ivonne findet sein Hobby super.
Und Innovation braucht auch in diesem Fall seine Zeit: Denn obwohl die Vorlagen aus dem Internet stammen, war das Programmieren ein enormer Aufwand. Danach dauerte es noch einmal 30 Stunden, bis die Einzelteile gedruckt waren. Per Sekundenkleber wurden sie zusammengefügt. Mit Materialkosten von gerade einmal 15 Euro für den Maisstärkekunststoff fliegt man allerdings recht günstig. Zudem ist der Flieger (bis auf die Elektronik) kompostierbar und biologisch abbaubar. Die klassischen Modellflieger bestehen aus Glasfaser, Metall oder Holz. Letzteres ist der Hauptbestandteil des Fliegers von Norbert Stahlwitz. Der Schwabacher ist Mitglied im Rothenburger Modellflug-Club und hatte ebenfalls ein eher unscheinbares Exemplar dabei. Doch der schnörkellose Schein trügte, denn es handelt sich hierbei um ein Zweckmodell, das bewusst besonders aerodynamisch gebaut wurde. Bei Norbert Stahlwitz dreht sich nämlich alles um Schnelligkeit. Mit seiner Maschine erreicht er eine Geschwindigkeit von 358 Kilometer pro Stunde. Da er hierfür ganz auf den Antrieb setzen muss, bleibt wenig Akku-Leistung für den normalen Flugbetrieb. Sein Flieger kann deshalb nur etwa 65 Sekunden in der Luft bleiben. In dieser Zeit muss er aber bei Wettbewerben zweimal hintereinander eine bestimmte Messstrecke durchfliegen, damit die Zeit gewertet wird. Der aktuelle Weltrekord für Elektroflieger liegt bei über 400 Stundenkilometern. „Bei uns steht der Spaß im Vordergrund“, sagt Norbert Stahlwitz, auch wenn hinter der Optimierung des Fliegers schon eine gewisse Akribie steckt. Dank der Fernsteuerung, die alles mögliche bis hin zur Temperatur der Akkus während des Flugs aufzeichnet, kann später haargenau nachvollzogen werden, wo sich eine vermeintliche Schwachstelle befindet, die es auszumerzen gilt. Trotzdem verlässt sich der Schwabacher auf „einfachste Komponenten“ im Wert von etwa 100 Euro für seinen Flieger. Im semi-professionellen Bereich kann es durchaus bis zu 2000 Euro gehen. Einen Schritt weiter ist da Markus Rummer. Der Rother ist so etwas wie eine Berühmtheit in der Modellflieger-Szene. In Rothenburg zeigte er sein ausgezeichnetes fliegerisches Können und bewies, dass er seinen Spitznamen „Mr. Low“ zu Recht trägt. Seinen Kunstflieger 330 SC mit einer Spannweite von 3,8 Meter und einem Gewicht von 24,5 Kilogramm (Höchstgrenze für Modellflieger ist 25 Kilogramm) ließ er wagemutig nur wenige Zentimeter über dem Boden hinwegfliegen, wozu Übung, Selbstsicherheit und – wie ein beeindruckter Zuschauer anmerkte – eine gehörige Portion Talent nötig ist. Im Auftrag von Herstellern Für Markus Rummer macht sich diese Konstellation durchaus bezahlt. Von Komponentenherstellern wird er finanziell unterstützt, um als Showpilot bei nationalen und internationalen Flugschauen die Technik und die Produkte in Aktion vorzuführen. Erst kürzlich nahm er zusammen mit gut 1700 weiteren Piloten an der „Joe Nall Airshow“ in den Vereinigten Staaten teil. Es sei ein riesiger Aufwand, bis der Flieger verpackt ist, um ihn auf die vierwöchige Reise übers Meer zu schicken, erzählt der Rother, den es seit etwa zehn Jahren immer wieder nach Rothenburg verschlägt. An seinem rot-weißen Kunstflieger habe er sechs Wochen gebaut. „Insgesamt muss man aber eineinhalb Jahre tüfteln, bis man mit einem Flieger wirklich zufrieden ist“, sagt er. Pro Saison habe er drei bis vier Modelle, die auch einsatzfähig sind. Trotz aller Fachsimpelei ist das Elektrofliegertreffen auch geeignet für all jene, die keine ausgewiesenen Fachleute sind, denn zum Glück ist seit mittlerweile 17 Jahren das „wandelnde Luftfahrtlexikon“ vor Ort. Dahinter verbirgt sich Rudi Pichler aus Geisenhausen, der so ziemlich alle wichtigen Fakten über die Modelle und ihre dazugehörigen Originale aus dem Stand kennt und diese als Moderator mit den Besuchern teilt. Für diesen wertvollen Dienst wurde ihm vereinsintern bereits das „Goldene Mikrofon“ verliehen. Der Rothenburger Modellflug-Club legt Wert darauf, dass die ganze Familie in dieses Hobby miteinbezogen wird. „Wenn der jeweilige Partner kein Verständnis dafür hat, fällt es schwer dabeizubleiben“, sagt Club-Vorsitzender Joachim Flemming. Für das Elektroflieger-Treffen zogen alle an einem Strang und kümmerten sich um die flugbegeisterten Besucher. Das „Treffen mit Tradition“ bietet nicht nur für „alte Hasen“ des Modellflug-Sports eine Bühne, sondern ist auch offen für Anfänger. Zu diesen Nachwuchspiloten zählt auch Issy Reddig. Nachdem sie im Winter beim Projekt „Avion“ einen eigenen Flieger gebaut hat, ist sie nun auf den Geschmack gekommen und reihte sich (bereits mit einem Nachfolge-Modell) in den Startbereich ein. Aufgrund der Windverhältnisse verschob sie allerdings ihren Flug. mes