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Festspiel: Harald Krasser zurückgetreten und Josef Baumann des Amtes enthoben

ROTHENBURG – Ein zurückgetretener Erster Vorsitzender, ein vom Amt enthobener Stellvertreter und ein bei den nun nötigen Neuwahlen nicht mehr zur Verfügung stehender weiterer Stellvertreter – so lautet die Bilanz der außerordentlichen Mitgliederversammlung des Festspiels „Der Meistertrunk“ in der Reichsstadthalle. Hinzu kamen Frustration, Ärger und Unverständnis bei den Mitgliedern, die sich in diesem Rahmen teilweise öffentlich Bahn brachen.

Auf der Suche nach Klärung und einem Neuanfang: Mitglieder des Festspiels „Der Meistertrunk“ bei der außerordentlichen Versammlung in der Reichsstadthalle.Fotos: Scheuenstuhl

Auf der Suche nach Klärung und einem Neuanfang: Mitglieder des Festspiels „Der Meistertrunk“ bei der außerordentlichen Versammlung in der Reichsstadthalle. Fotos: Scheuenstuhl

Mit einer halben Stunde Verspätung konnte die Versammlung erst beginnen. Die Erfassung der erschienenen stimmberechtigten Mitglieder und die Aushändigung der Wahlunterlagen – einmal zur Amtsenthebung des stellvertretenden Vorsitzenden Josef Baumann und zur Abberufung des Ersten Vorsitzenden Harald Krasser – wurde mit großer Sorgfalt durchgeführt. Schließlich ging es darum, zweifelsfrei festzustellen, ob die Versammlung beschlussfähig sei, um die Wahlergebnisse nicht angreifbar zu machen.

Harald Krasser erklärt den Rückzug vom Vorsitz.

Harald Krasser erklärt den Rückzug vom Vorsitz.

Nach seiner Begrüßung beantragte Harald Krasser den dritten Tagesordnungspunk, seine Abberufung, vorzuziehen, dem stattgegeben wurde. Er erklärte daraufhin seinen Rücktritt und kam so einer möglichen Abwahl durch das Gremium zuvor. In den vergangenen 25 Jahren habe er „große Erfolge“ erzielen können, begann er seine Rücktrittsrede. So habe sich etwa unter seiner Leitung der historische Marktplatz zur zusätzlichen Attraktion an Pfingsten entwickelt und das Wegegeld wurde eingeführt.

Zudem habe er die Bewerbung für die Anerkennung des Festspiels als immaterielles Kulturerbe umgeschrieben mit dem Ergebnis, dass der Verein 2016 in diesen „Adelsstand“ erhoben wurde. Harald Krasser betonte, dass dies nicht seine Erfolge allein seien. Er habe sich immer auf die begleitenden gewählten Vereinsgremien verlassen können, ebenso auf die Festspieler, die „die Vorgaben hervorragend in die Tat umsetzen“.

Letztlich brauche man aber auch Glück. Denn dies sei untrennbar mit dem Erfolg verbunden, stellte der bisherige Erste Vorsitzende kryptisch in den Raum, bevor er sich bei allen Festspielern für die „erlebnisreichen und unvergesslichen Jahre“ bedankte und die weitere Leitung der Sitzung an Markus Friedlein, den zweiten Stellvertreter, übergab.

Des Amtes enthoben: Josef Baumann. Foto: sis

Des Amtes enthoben: Josef Baumann. Foto: sis

Der zweite Tagesordnungspunkt, die Amtsenthebung des stellvertretenden Vorsitzenden Josef Baumann, gestaltete sich weitaus schwieriger. Aus dem Gremium wurde die Frage gestellt, ob denn der Tagesordnungspunkt im Vorfeld vom Hauptausschuss überhaupt beschlossen worden, also rechtens, sei. Markus Friedlein zog zur Beantwortung Rechtsanwalt Dr. Johannes Kalb aus Ansbach hinzu, der auch in der vorausgegangenen Auseinandersetzung zwischen dem Ersten und seinem stellvertretenden Vorsitzenden Rechtsbeistand für den Verein war.

Der Jurist erläuterte, dass der Hauptausschuss den Punkt auf die Tagesordnung gesetzt habe. Auslöser war ein Antrag Harald Krassers an den Hauptausschuss, Josef Baumann vom Verein auszuschließen. Er begründete dies unter anderem damit, dass der Stellvertreter die „Gesetzmäßigkeit der Satzung überschritten“ habe, etwa indem er mit einer zeitgleichen Gegenveranstaltung die von Harald Krasser einberufene Mitgliederversammlung im Oktober „boykottiert“ habe.

Auf Nachfrage der Redaktion erklärte Harald Krasser, dass sein Antrag im Hauptausschuss diskutiert worden sei und er sich infolgedessen auch mit einer Amtsenthebung zufrieden gegeben habe. Der Hauptausschuss habe dann, so Harald Krasser, mehrheitlich beschlossen, dass dies auf die Tagesordnung komme. Allerdings habe er mehrheitlich keine Empfehlung dazu abgegeben.

Fehlendes Protokoll?

Genau um derartige Unklarheiten zu verhindern, führt eigentlich jeder Verein ein Protokoll über jede einzelne Sitzung. Auch im vorliegenden Fall wäre ein Blick in diese Aufzeichnungen der leichteste Weg herauszubekommen, was genau gesagt wurde. Doch: Ausgerechnet für diese Sitzung wurde keines angefertigt, heißt es von der einen Seite.

Die Schriftführerin ergriff in der jüngsten Versammlung das Wort und stellte jedoch klar, dass sie das Protokoll zwar geschrieben, aber vergessen habe es herauszuschicken. Weitere Wortmeldungen einiger Mitglieder brachten nicht unbedingt Klärung in den Sachverhalt. Sie transportierten jedoch deutlich hörbar, welch Ärger, welche Frustration und Verunsicherung sich in den Reihen der Mitglieder in den vergangenen Wochen breit gemacht hat.

„Ich rüge die Wahl insgesamt“, ereiferte sich auch der zur Amtsenthebung anstehende Josef Baumann in der Sitzung. Auf Nachfrage der Redaktion bekräftigte er seine Haltung, dass er den Tagesordnungspunkt mit seiner Amtsenthebung für „nicht rechtens“ halte, weil ein entsprechender Beschluss des Hauptausschusses fehle. Er überlege momentan, wie er nun weiter verfahren werde. Der Punkt der Abberufung Harald Krassers habe hingegen Bestand, da sich dieser auf einen entsprechenden Minderheitenantrag von 308 Festspiel-Mitgliedern gründet, dem der Hauptausschuss stattgegeben hat.

Ohne auf den Einwurf von Josef Baumann einzugehen, eröffnete Markus Friedlein den Urnengang. Von den 419 abgegebenen gültigen Stimmen entfielen 225 auf Ja und 192 Stimmen auf Nein. Es gab zwei Enthaltungen. Josef Baumann wurde also mit 53,7 Prozent der Stimmen des Amtes des Stellvertreters enthoben.

Steht Verein kommissarisch vor: Markus Friedlein.

Steht Verein kommissarisch vor: Markus Friedlein.

Er sei immer ein Verfechter der Lösung gewesen, dass alle drei Vorstände zusammen zurücktreten, hob Markus Friedlein zu seiner persönlichen Abschiedsrede an. „Die ganzen Anschuldigungen, Gerüchte, Unwahrheiten und persönlichen Differenzen, die hier in unserem Verein gestreut wurden, sind für mich keine Grundlage einer Zusammenarbeit“, erklärte der 37-Jährige. „Eine Aufarbeitung endete bisher immer im Chaos, in Anwaltsschreiben anstatt Persönlichkeit, in versuchtem Populismus – anstatt vorher die Meinung mit der Vorstandschaft oder des Hauptausschusses zu teilen. Es endete mit Taktieren und Machtkämpfen auf dem Rücken des Vereins“.

Aus persönlichen Gründen lehnt Markus Friedlein eine erneute Kandidatur bei der nötig gewordenen Neuwahl ab. Diese soll stattfinden, „sobald die Zahlen des Steuerbüros für das vergangene Spieljahr vorliegen, um dort die gesamte Vorstandschaft zu entlasten und einen Neuanfang zu ermöglichen“, wie es in einem offenen Brief, unterzeichnet von Vorstands- und Hauptausschussmitgliedern, an die Festspieler heißt. mes


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