ROTHENBURG – Seit 2011 gibt es ihn unter Leitung von Pfarrer Herbert Dersch nun schon, den Rothenburger Krippenweg. Immer am zweiten Weihnachtsfeiertag, Neujahr und am 6. Januar. Liegt noch ein Sonntag dazwischen, dann auch an diesem. Die Motivation für sein ehrenamtliches Engagement nimmt Dersch aus dem Jahr für Jahr hohen Zuspruch, der seiner Führung entgegenschlägt. Über 70 Zuhörer allein am Dreikönigstag sind ein Wort.

Pfarrer Herbert Dersch referiert vor dem Altar Friedrich Herlins. Fotos: Götz
Weihnachten „muss man stark sein, sonst macht man am Ende noch mit.“ Mit dieser Feststellung Georg Kreislers aus einem seiner Gedichte, begann Pfarrer Herbert Dersch augenzwinkernd seine fast dreistündige Reise durch die Altstadt Rothenburgs und ihre Gotteshäuser. Start war in der St. Wolfgangs-Kirche am Klingentor. Und bereits an dieser ersten Station musste man als interessierter Zuhörer fast schwach werden und auch am 6. Januar noch einmal mitmachen, bei Weihnachten und seiner Geschichte mit der Geburt Jesu im Mittelpunkt.
Herbert Dersch erzählte Teile dieser Geschichte auf seinem Weg so eindrucksvoll anders, dass einem auch am bisher kältesten Tag des Jahres, mit über zwölf Grad minus, nicht die Lust und das Interesse einfroren. Geschickt kombinierte er geistliche Gedanken mit weltlichen und nahm sich viel Zeit für die wissenschaftliche Betrachtung Weihnachtens. Alles objektiv genug, damit sich der aufmerksame Zuhörer am Ende selbst sein Bild machen konnte, über die Zeit und die Umstände, unter denen Gottes Sohn zur Welt kam.
Tiefe durch Denkanstöße
Neben seinen Ausführungen zu den Besonderheiten der betrachteten Krippen, waren es diese Geschichten und Denkanstöße und sicher auch Herbert Derschs unübersehbare Leidenschaft, die dem Rothenburger Krippenweg Tiefe gaben. Theologisch wie philosophisch. Die erste Krippe, die betrachtet werden durfte, war eine 35 Jahre alte mit Keramikfiguren in der St. Wolfgangskirche.
Die Krippe wurde von Rothenburger Berufsschülern gestaltet und wandert Jahr für Jahr um die Weihnachtszeit in die Kirche am Klingentor. In ihrer Zusammensetzung ist sie eher unkonventionell. So finden sich in ihr unter anderem Schwein, Elefant und Pilz. Natürlich dürfen in der Schäferskirche auch die Hirten nicht fehlen.
Herbert Dersch erzählte in diesem Zusammenhang über den schlechten Stand, den Hirten in früheren Zeiten hatten. Oft wurden sie mit Beschuldigungen konfrontiert, eines der Schafe, auf das sie aufpassen sollten, geschlachtet zu haben, um den eigenen Hunger zu stillen. Kam es zur Anhörung vor Gericht, galt das Wort der Schäfer nichts. So sei es doch bezeichnend, sagte Dersch, dass die Botschaft der Geburt Jesu, von Engeln überbracht, zuerst bei den Hirten, also den armen Leuten, eintraf.

Italienische Krippe aus Kunstharz im Innenhof der Familie Wohlfahrt.
Vorbei an zwei Krippen aus Mexiko im Haus der Familie Kneup, ein Geschenk einer ehemaligen Goethe-Studentin, ging es in Richtung der um das Jahr 1485 fertiggestellten St. Jakobs-Kirche weiter. Fast sträflich sei es, all die Kunstwerke und Besonderheiten dieser Kirche nicht anzuschauen, meinte Dersch, bevor er die Aufmerksamkeit seiner Zuhörer auf die drei Krippen, die sich in Rothenburgs größtem Gotteshaus befinden, lenkte. Schließlich ging es an diesem Tag ja um sie.
Krippe im Bild versteckt
Eine Krippe ist im Ostchor der Kirche, genauer im Altar Friedrich-Herlins, als gemaltes Bild versteckt. Eine weitere kommt aus Tansania und ist aus Ebenholz geschnitzt. Eindrucksvoll ist außerdem die Krippe von der Rothenburger Künstlerin Marta Hinckeldey-Wittke. Es handelt sich um eine neapolitanische Krippe mit 22 Tonfiguren, die um das Jahr 1925 von der Kirchengemeinde in Auftrag gegeben wurde. Es ist eine Krippe ohne üppige Ausschmückungen und vielleicht gerade deshalb ein großes Kunstwerk. Geld brachte es Marta Hinckeldey-Wittke damals nicht ein. Der finanzielle Aufwand für die Herstellung war höher als der Ertrag.
Die nächste Krippe wartete im Lichthof des Rathauses. Auffällig sind hier vor allem die Stoffe, mit denen die Figuren eingekleidet sind. Bei den Gewändern der drei heiligen Könige handelt es sich gar um Kaschmir aus Ägypten. Herbert Dersch erzählte an dieser Station außerdem Wissenswertes über die „Entstehung“ des Christbaums und wies darauf hin, dass Krippen zunächst nur in katholischen Kirchen zu finden waren. In die evangelische Kirche kamen sie erst einige Zeit später im 19. Jahrhundert.
Verbot von Krippen
Im Zuge der Aufklärung waren Krippen um das 18. Jahrhundert herum zwischenzeitlich sogar verboten, wanderten in dieser Zeit deshalb von den Kirchen in private Haushalte ab. Dann ging es weiter über die Franziskanerkirche, in der unter anderem wieder eine Krippe aus Afrika zu bestaunen war, hinein in den Innenhof der Familie Wohlfahrt. Die italienische Krippe mit Figuren aus Kunstharz schmiegt sich dort elegant an die Mauern. An dieser Stelle erklärte Herbert Dersch, es sei keineswegs überliefert, dass bei der Geburt Jesu drei Könige in den Stall nach Bethlehem kamen. Man wisse nur, dass drei Geschenke überreicht wurden. Mit viel Witz erläuterte er dann, wie über Jahrhunderte die heiligen drei Könige entstanden, wie wir sie heute kennen, obwohl es sie so vielleicht gar nicht gegeben hat.
Anschließend ging es an einer Krippe in einem Fenster der „Höll“ vorbei. Dann folgte ein Blick auf die sehr umfangreiche Krippe in der katholischen St. Johannis-Kirche. In ihr werden verschiedene Szenen dargestellt. Außerdem ist sie beweglich. Sie besitzt keine festen Figuren und so kann ihre Zusammensetzung laufend variiert werden.
In der Heilig-Geist-Kirche durfte noch einmal eine zweite Krippe von Marta Hinckeldey-Wittke bestaunt werden. Vermutlich ihre letzte bunt gestaltete, wie Dersch berichtete. Gestiftet wurde sie vor vielen Jahren vom Pfarrersehepaar Stiefel.
Wer wollte, konnte sich anschließend bei Kaffee und Kuchen im Wildbad, nach einem langen Marsch durch das winterliche Rothenburg, aufwärmen. Und natürlich die letzte Krippe ansehen. Es war nochmals eine Holzschnitzerei aus Tansania. Am zweiten Weihnachtsfeiertag 2017 geht es dann wohl weiter. og