Menschenrechte und politische Rechte eingefordert
ROTHENBURG – Geschlechterfragen spielen wieder eine größere politische Rolle. Das drückt sich an einem symbolischen Tag wie dem 8. März aus. Der internationale Frauentag mobilisierte auch wieder Frauen in Rothenburg.

Gemeinsames Anliegen verbindet: Die lose organisierte Gruppe ehrenamtlicher „Weltfrauen“ um Beate Zerkowski (am Mikrophon). Foto: sis
Es ist notwendiger denn je, sich einzumischen. Ein Grund ist das Erstarken von rechten Parteien und Bewegungen in Europa und den USA. Ein anderer Grund ist der Umgang mit Geflüchteten und die Abschottung Europas. Die AfD fordert eine Rückkehr zu traditionellen Geschlechterrollen. Da fallen Sätze wie in den Fünfzigerjahren. Wenn die Gesellschaft im Umbruch und die wirtschaftliche und politische Unsicherheit so hoch ist wie jetzt, steht viel auf dem Prüfstand. Das spüren alle sozial fragilen Gruppen massiv, auch Frauen.
Die Veranstaltung der „Weltfrauen“ in der Jugendherberge Rossmühle mit tatkräftiger Unterstützung des evangelischen Frauenbundes und der Rothenburger Stadträtinnen, stieß auf große Resonanz. Eine Gruppe aus unterschiedlichen Frauen, die in Rothenburg geboren sind oder schon lange in der Stadt leben, ausländische Wurzeln haben, bekräftigte ihr gemeinsames Anliegen, Demokratie und Menschenrechte weiter voranzubringen: politisch und kritisch in Wort und Gesang.
Mit ihrer Begrüßungsrede stimmte Beate Zerkowski das Publikum, darunter auch einige Männer, auf den Abend ein. Sie dankte auch all den Frauen, „die vor uns für die Rechte der Frauen auf die Straße gegangen sind und denen, die heute in Polen, in der Türkei, in den USA oder in Russland dafür demonstrieren.“ Es sei nicht hinnehmbar, dass die Menschenrechte zum Teil mit Füßen getreten werden. „Deshalb müssen wir wachsam sein und zusammenstehen, damit wir nicht den Mut verlieren und in Resignation verfallen, sondern unsere Kräfte sammeln und über uns hinauswachsen“, betonte Beate Zerkowski.
Die Rothenburger „Weltfrauen“ würdigten den Einsatz von Amnesty International für Folteropfer am Beispiel der Mexikanerin Yecenia Armenta, die in ihrer Heimat von Polizeibeamten unter Druck gesetzt, mehrfach vergewaltigt und fast erdrosselt wurde. Die Menschenrechts-Organisation kämpfte erfolgreich für ihre Freilassung aus dem Gefängnis, das sie nach vier Jahren verlassen durfte.
Die Gruppe erinnerte an Sophie Scholl, die im Dritten Reich zur Widerstandsgruppe „Die Weiße Rose“ gehörte. Ihr und anderen Mitgliedern wurde der Prozess vor dem Volksgerichtshof gemacht, der ein Instrument zur Durchsetzung nationalsozialistischer Ziele war. Auch 74 Jahre nach ihrem gewaltsamen Tod durch das Fallbeil ist ihre Geschichte von Bedeutung. Sie ist ein Symbol für beispielhafte Zivilcourage und Widerstand – nicht nur im politischen, sondern auch im alltäglichen Leben.
Es gab auch Informationen zur gemeinnützigen Initiative „Sea-Watch“, die sich für die Seenotrettung von Flüchtlingen im Mittelmeer zwischen Libyen und Italien einsetzt. Durch die humanitäre Hilfe ist es seit Juni 2015 gelungen, Tausende von Menschen zu retten.
Beeindruckend auch die Geschichte von Sarah und Angelina Grimké. Die beiden US-amerikanischen Schwestern waren Pionierinnen der Bewegung gegen die Sklaverei und die ersten, die den Zusammenhang zwischen der Unterdrückung der Frauen und der Versklavung schwarzer Menschen erkannten. Als „höhere Töchter“ einer angesehenen sklavenhaltenden Familie aus Charleston in Süd-Carolina entwickelten sie eine leidenschaftliche Abscheu gegen die Greuel der Sklaverei und brachten ihrem Zimmermädchen das Lesen bei, obwohl es gesetzlich verboten war. Durch ihre Schriften und ihre Auftritte als Rednerinnen und Publizistinnen waren die Schwestern von ausschlaggebender Bedeutung in der Bewegung gegen die Abschaffung der Sklaverei.
In der Reihe von Vorbildern durfte Nelson Mandela nicht fehlen. 28 Jahre seines Lebens war der Anführer der Bewegung gegen die Apartheid in Südafrika seiner Freiheit beraubt. Rassentrennung war die offizielle Politik der Regierung der weißen Minderheit in Südafrika. Schwarze Südafrikaner wurden ausgegrenzt. Sein Glaube an die Menschlichkeit brachte die Apartheid ins Wanken. Bei den ersten freien Wahlen 1994 wurde er zum ersten schwarzen Präsidenten Südafrikas gewählt. Über seinen Tod hinaus blieb er ein Symbol für die Hoffnung.
Musikalisch wurde der Abend von Dr. Cornelia Kartak auf der Gitarre mit passenden Texten untermalt. Wirkungsvoll inszenierte sie die Satire „Das Sklavenschiff“ von Heinrich Heine, in dem er sozialkritisch das Thema der Sklaverei anspricht. Mit der Geschichte „Verbotene Vögel“ erzählte sie von politischen Gefangenen in Uruguay, die ohne Erlaubnis nicht reden oder andere Gefangene grüßen durften. Didako Perez war wegen „ideologischer Ideen“ eingesperrt. Die Gefängniswärter zerstörten sogar eine selbstgemalte Zeichnung seiner fünf Jahre alten Tochter Milay von einem Vogel. So rigoros war das Vorgehen.
Der ganze Saal stimmte in das Lied ein „Die Gedanken sind frei“. Es war in Zeiten politischer Unterdrückung und Gefährdung Ausdruck für die Sehnsucht nach Freiheit und Unabhängigkeit. Auch in der tagespolitischen Auseinandersetzung gegen staatliche Überwachung und Restriktion wird das Lied häufig gesungen. Mit dem Lied „Sind so kleine Hände…“ erinnerte die Rothenburgerin an die Liedermacherin Bettina Wegner, die als Ikone des Widerstands in der DDR galt und dafür staatliche Verfolgung in Kauf nahm.
Auch der US-amerikanische Folk-Musiker Pete Seeger war ein politischer Aktivist. Viele seiner Lieder halten die Erinnerung an ihn wach. Nicht zuletzt hat er das Spiritual „Wie Shall Overcome“ zur Hymne der frühen US-Friedensbewegung gemacht. Sein „If I Had a Hammer“ ist heute ein Klassiker und erklang am Frauentag, ebenso das Lied „Die Freiheit“ von Georg Danzer. Allesamt musikalische Aufrufe, jede Einschränkung der Freiheit sorgfältig zu begründen und diesen verwundbaren Begriff vor Ideologen und Populisten zu schützen. Für dieses Anliegen wurde auch getrommelt. Eine sechsköpfige Gruppe ließ ihre Instrumente erklingen, wie die Stimmen im Chorsatz und brachte ihre Freude am Rhythmus zum Ausdruck.
Die Mitwirkenden setzten sich auch für den guten Zweck ein. Die an dem Abend gesammelten Spenden gehen an Amnesty International und an den Verein Zeltschule, der syrischen Flüchtlingskindern den Schulbesuch in der Bekaa-Ebene im Libanon ermöglicht. Neben den ernsten Themen kam auch die Geselligkeit nicht zu kurz. Das von Eineimischen und Zugewanderten bestückte Büfett der Vielfalt setzte ebenfalls ein Zeichen für gutes Miteinander. sis