Festival-Freitag bei bester Partystimmung trotz Nässe – Wie ein Heizlüfter
ROTHENBURG – Mit Geige, Akkordeon und Ukulele eröffnete die Erlanger Folk-Rock-Band „Fiddler’s Green“ auf der Eiswiese das Taubertal-Festival 2017. Passend zum Wetter irische Klänge. Das wirkte wie ein Heizlüfter auf das ausgekühlte und ziemlich durchnässte Publikum, das schnell in allerbeste Festival- und Feierstimmung kam.

Bunter Konfettiregen über der Eisweise vor der Kulisse der Rothenburger Altstadt.
Zum zweiten Mal schon war die deutschsprachige Rockband Jennifer Rostock im Tal zu Besuch. Mit dem Wetter scheint sie wenig Glück zu haben. Auch beim letzten Mal habe es geregnet, beschwert sich Frontfrau Jennifer Weist augenzwinkernd beim Publikum: „Aber ihr seid ja schon daran gewöhnt“. Zum Aufwärmen gönnt sie sich im gewohnt knappen Bühnen-Outfit erst mal einen Shot. Frisch gestärkt kann sie dann Vollgas geben und bringt das Publikum mit ihrer einzigartigen Bühnenpräsenz zum Tanzen und Feiern.
Mitsingen leicht gemacht
Auch an Pyrotechnik mangelt es nicht bei ihr. Statt nasser Tropfen, die vorher auf das Festival niedergegangen waren, lässt die ursprünglich Usedomer Gruppe buntes Konfetti regnen. Großartig für die Zuschauer: Mitsingen ist leicht gemacht durch deutsche Texte. Sie haben relativ viel politische Aussage, wie der 2016 im Album „Genau in diesem Ton“ veröffentlichte Song „Hengstin“, der vor Feminismus nur so strotzt.
Das Publikum ist auf Temperatur. Die australische Post-Hardcore Band „The Amity Affiction“ hat Teile ihres neuen Albums „This could be heartbreak“ im Gepäck. Auch die vier aus Queensland liefern ab und heizen die Stimmung im Tal mit aggressiven und doch abwechslungsreichen Klängen weiter an. Sie kommen ohne eigene Bühnen- oder gar Pyrotechnik aus, lassen ihre Musik lieber für sich stehen. Kurz und bündig die Ansagen der Band. Frontman und Sänger Joel Birch, der für das „Screaming“ – „Schreien“ oder „Kreischen“ – zuständig ist, bedankt sich bei dem Publikum für die großartige Stimmung trotz Regens. Im übrigen handelt sich dabei um eine eigene Singtechnik. Was wie Grölen wirkt, ist richtig gelernt. Ahren Stringer, der Bass-Gitarrist, übernimmt die herkömmlichen Gesangpassagen.

Geliebt für auffällige Outfits und markante Tanzmoves: Jennifer Weist. Fotos: RoRot
Tanzendes Meer
Höhepunkt am ersten Abend: der Auftritt von „Rise Against“. Fürs Bühnenbild hat sich die Band aus Chicago etwas besonderes einfallen lassen: zu beiden Seiten des Schlagzeugs zwei große Bildschirme. Auf ihnen wird ein düsterer Comic abgespielt mit einer Geschichte von militärischer Unterdrückung bis hin zum Aufstand dagegen.
Die Melodic-Punk- bis Hardcore Gruppe ist genau dafür bekannt: Sie scheut sich nicht, politische Botschaft in ihre Songs zu packen und klar Stellung zu beziehen. „Gegen Nationalismus, Rassismus, Homophobie-Diskriminierung auf jede Weise“, so Tim McIlrath, Frontman, Leadsänger, Songwriter und Rhythmus-Gitarrist zu seinem Publikum im Tal über das neue Album „Wolves“. Laut und eher rau. Das ist man von den vier US-Amerikanern gewöhnt. Schnell verwandeln sich die Massen vor der Bühne in ein tanzendes Meer voller Energie, das Text mitsingt und ordentlich feiert.
Zwischendurch packt Tim Mcllrath einfach mal seine Akustik-Gitarre aus und gibt drei wunderschöne Balladen zum Besten, zu denen eifrig Feuerzeuge und Handy-Lampen gezückt werden. Nach einer weiteren kurzen Filmsequenz auf den Bildschirmen geht es weniger romantisch und umso dynamischer weiter. Der Rest der Band, Leadgitarrist Zach Blair, Joe Principe am Bass und Schlagzeuger Brandon Barnes, stürmt die Bühne.
Mcllrath setzt sich etwas ab, kommt ganz nach vorne zu seinen Fans und singt von dort aus weiter. Den „lästige Bühnengraben“ lässt er hinter sich. Das ist ganz nach dem Geschmack des Publikums, das sich höchst zufrieden und glücklich zeigt. RoRot