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Vom Mangel zur Lösung

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Die gesellschaftliche Verantwortung des Unternehmertums angemahnt

ROTHENBURG – Die Mehrzahl der Personalentscheider in den Un­ternehmen hält die öffentliche Diskussion über den Mangel an Fachkräften für gerechtfertigt und keinesfalls für reine Panikmache. Oftmals verfügen kleine und mittlere Betriebe  nicht über das notwendig qualifizierte Personal, um sich intensiv um die Rekrutierung der Fachkräfte kümmern zu können.

Personalmanagement-Profi: Dr. Mona Mylius. Foto: sis

Personalmanagement-Profi: Dr. Mona Mylius. Foto: sis

Ausbildungsplätze bleiben unbesetzt, Mitarbeiter kündigen aufgrund attraktiverer Angebote. Die Flexibilität der Arbeitsbedingungen ist wichtig, aber auch das Bedürfnis nach Arbeitsplatzsicherheit, ein kooperatives Arbeitsklima und das Gehalt spielen eine wichtige Rolle. Das Machtgefüge im Verhältnis zwischen Unternehmen und Arbeitssuchenden verschiebt sich derzeit drastisch zugunsten der Arbeitnehmer.

Was können Betriebe in Kleinstädten tun, die im Konkurrenzkampf mit den Metropolen stehen, um ihre Beschäftigten nachhaltig zu binden und neue Fachkräfte zu gewinnen? Die selbstständige Personalberaterin und Lehrbeauftragte für Personalmanagement an Hochschulen in Essen und Wien, Dr. Mona Mylius, wird in ihrem Vortrag am Freitag, den 12. Januar, um 20 Uhr im Musiksaal Situation und Auswirkungen beschreiben, bevor sie Lösungswege aufzeigt. Die Veranstaltung findet im Rahmen der Reihe „Rothenburger Diskurse“ statt, die seit vier Jahren mit ausgewählten Themen und renommierten Referenten ein hochwertiges Angebot an Weiterbildung bündelt.

Die Berlinerin ist im letzten Jahr beim Besuch der Internationalen Tourismusbörse und weltgrößten Reisemesse in ihrer Heimatstadt auf Rothenburg-Prospekte mit dem „Diskurse“-Programm aufmerksam geworden. Sie interessierte sich besonders für das Vorhaben von Prof. Dr. Bernd Guggenberger, Soziologe und Rektor an der Lessing-Hochschule in Berlin, die Möglichkeiten für ein Bildungsmanagement seiner Hochschule in der Tauberstadt auszuloten und fuhr deshalb sogar zu dessen Vortrag nach Rothenburg. Ein weiterer Grund waren die persönlichen Kontakte, die sie auf der Messe Berlin geknüpft hat zu Tourismusdirektor Dr. Jörg Christöphler und Stadträtin Jutta Striffler, die sich als Vorsitzende des Verkehrsvereins für die Tourismusarbeit in Rothenburg engagiert. Beim Gespräch wurde daraus dann schnell die Idee geboren, die Fachfrau für Personalmanagement als Referentin nach Rothenburg zu holen.

Der Bereich der Betriebswirtschaft setzt sich mit dem Produktionsfaktor Arbeit und mit dem Personal ausei­nander. Modernes Personalmanagement zielt – unter Einbeziehung von Aspekten der Sozial- und Umweltverträglichkeit – auf nachhaltigen Erfolg ab. Dazu werden die Erkenntnisse, Methoden und Instrumente des Qualitätsmanagements angewandt. Nachhaltiger Erfolg bedeutet für die Personalabteilung der Zukunft Wert­erhaltung und Wertschöpfung auf lange Sicht. Dafür müssen die Bedürfnisse aller Beteiligten berücksichtigt werden. Um Unternehmensziele zu erreichen, bedarf es zielorientierter Maßnahmen und Ressourcenplanung im Personalbereich und einer geeigneten Unternehmenskultur.

Nach einer Standortumfrage des IHK-Gremiums Rothenburg aus dem Jahr 2014 gehört der Fachkräftemangel und der Breitbandausbau zu „den Problemlagen“ in der Region, hat sich Dr. Mona Mylius kundig gemacht. „Inzwischen hat sich die Situation noch weiter verschärft.“ Das liegt in der Natur der Sache. Die Bevölkerung wird immer älter. Nicht nur in Deutschland ist das Problem allgegenwärtig. In anderen europäischen Ländern gestaltet sich die Lage noch kritischer: Spanien, Italien, Portugal und Griechenland allen voran. Die geburtenstarken Jahrgänge kommen in das Alter, in dem sie in den wohl verdienten Ruhestand gehen.

rothenburger diskurse_onlDie Wirtschaft wird durch den Fachkräftemangel in vielen Bereichen in ganz Europa stark gebremst. Die Ursachen für diese negative Entwicklung sind vielfältig. Zum einen werden zu wenig junge Menschen für wichtige Fachbereiche begeistert. Doch auch das Erwerbspotenzial in den einzelnen Ländern wird nicht einmal annähernd ausgeschöpft. Am Beispiel Deutschland kann man sehen, dass nach Auswertungen des Statistischen Bundesamtes mehr als 20 Prozent des Erwerbs­potenzials nicht genutzt werden.

Eine der Möglichkeiten für Unternehmen sind Bevölkerungsgruppen, die bisher im Arbeitsmarkt unterrepräsentiert sind: Frauen, Ältere, Menschen mit Migrationshintergrund. In der Arbeitsmarktpolitik wird man auch um eine Neubewertung des Alters nicht herumkommen. Die Menschen wurden zu lange in Frührente geschickt. Zu einer „lebenszyklusorientierten Personalpolitik“ gehört eine systematische Qualifizierung und Gesundheitsförderung. Die Wei­terbildung darf nicht einfach irgendwann stehen bleiben. Wissen muss auch im Alter systematisch erweitert werden.

Dr. Mona Mylius wundert sich, warum die meisten Unternehmen immer noch so rekrutieren wie vor zwanzig Jahren. „Wenn es doch so schwer geworden ist, gute Fachkräfte zu finden, warum ändern dann die Unternehmen nicht ihr Vorgehen?, fragt sie. Unternehmen müssten sich im Umgang mit Personal und Bewerbern mehr Mühe geben. Überall können Arbeitgeber auf sich aufmerksam machen – und noch besser. Sie können auf ein Netzwerk von Menschen zugreifen.

Die sozialen Medien sind ein wichtiges Werkzeug, die Zielgruppen genauer zu bedienen. Sie bieten einen einfachen Zugang zu den un­ter­schied­lichen Informationen und zu zahlreichen attraktiven Möglichkeiten bei der Präsentation. Mittelständler erkennen nach Auffassung der profunden Fachfrau die Potenziale dieses Personalmanagement-Instruments erst lang­sam. „Wer Social Media nicht professionell nutzt, hat im Kampf um Fachkräfte einen großen Nachteil“. Dabei bieten gerade die modernen Kommunikationsformen die Möglichkeit, jüngere Bewerbungsgruppen zu erreichen. sis


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