Betreiber haben 88-jähriger, seit fast 50 Jahren im gleichen Haus wohnender Seniorin gekündigt
ROTHENBURG – Rosa Kral (88) hatte sich das anders vorgestellt auf ihre alten Tage. Die rüstige Seniorin wollte in dem Haus an der Ecke Mannstraße/Riemenschneider, dass sie seit 1969 zur Miete bewohnt, eigentlich bleiben so lange es irgend geht. Das scheint ihr allerdings nicht vergönnt zu sein. Denn die „Hotel Rappen Rothenburg ob der Tauber GmbH & Co KG“, seit 2015 Eigentümer des einst von Amtmann Hans Wirsching gebauten schmucken Anwesens, hat ihr die Kündigung geschickt und mit Räumung gedroht, falls sie nicht auszieht.
Das Haus (links) liegt nur einen Steinwurf von der „Rappen“-Baustelle entfernt.
Spätestens zum 31. Juli dieses Jahres soll sie, die vor fast 50 Jahren zusammen mit ihrem Mann Ernst Kral (einst beim Bauhof der Stadt angestellt und 2004 verstorben) hier eingezogen ist, ihre Wohnung aufgegeben haben. Mehr als die Hälfte ihres Lebens hat sie in diesem Haus verbracht. Zunächst ganz oben in der Dachwohnung, dann in der Wohnung im ersten Stock und schließlich im Parterre.
Das Haus ist ihr ans Herz gewachsen und hier hat sie ihr Zuhause. Eine Nachbarin aus dem letzten Mietshaus, das der „Hotel Rappen Rothenburg ob der Tauber GmbH & Co KG“ bisher nicht zuzurechnen ist in diesem großen Karree zwischen Obere Bahnhofsstraße/Vorm Würzburger Tor/Mannstraße und Hornburgweg, unterstützt sie, fährt mir ihr zum Einkaufen.
Seitdem sie die Kündigung bekommen hat, ist die Ruhe dahin bei Rosa Kral. Nachts schläft sie schlecht. Wie soll das jetzt weitergehen mit ihr? Bevor ihr möglicherweise der Weg ins Seniorenheim nicht erspart bleiben sollte, noch in eine neue Wohnung ziehen und dort wieder von vorne anfangen? Das kann und das will sie nicht in ihrem Alter.
Sind entsetzt: Rosa Kral und Matthias Rößler. Fotos: Weber
Plötzlich ganz anders
Dabei habe ihr Dr. Peter Hahn, als er 2015 das Gebäude von Günther Etter erwarb, doch ausdrücklich versichert, dass sie bleiben könne solange sie wolle, erinnert sie sich. Im Kündigungsschreiben liest sich das ganz anders. Zum Ende des ersten Halbjahres 2018 soll sie ausgezogen sein. Der Beginn des Mietverhältnisses wird in dem Schreiben auf den 1. August 1989 datiert. Damals ging das Haus von den Erben Wirsching an Günther Etter über.
Als Kündigungsgrund wird „wirtschaftliche Verwertung“ nach Paragraph 573, Absatz 2 Nummer 3 des Bürgerlichen Gesetzbuches angegeben. Die Stadt Rothenburg fordere den Nachweis von 140 Stellplätzen für das Hotelprojekt „Rappen“ samt Gasthof und Topplerhaus (im ehemaligen Vermessungsamt). Davon könnten nur 98 erbracht werden. Pro fehlendem Stellplatz müssten glatte 2000 Euro an die Stadt gezahlt werden.
13 Stellplätze könnten auf dem 305 Quadratmeter großen Grundstück des Hauses verwirklicht werden. Was die fällige Ablöse um 26000 Euro drücken würde. 256 Euro pro Monat zahlt Rosa Kral. Selbst wenn man die Miete von 475 Euro für das im ersten Stock wohnende Paar (ihm ist auch gekündigt worden, zum Ende April dieses Jahres) dazu rechnen würde, bräuchte es knapp drei Jahre, um mit diesen Einnahmen auf den Betrag für die Ablöse zu kommen.
Die Rechtsanwältin aus der Steuerkanzlei LHP mit Dr. Peter Hahn als Partner lässt in ihrem Schreiben schon etwas in die Zukunft blicken. Die Nutzung des Grundstücks für Stellplätze stelle nur einen kurzfristigen Plan „unserer Mandantschaft“ dar. Auf lange Sicht solle ein Gebäudekarree entstehen – mit Bebauung besagter Fläche.
Rosa Kral und ihr Neffe Matthias Rößler, 2. Bürgermeister von Wettringen und notariell beurkundet ihr Vertreter, prozessieren nicht gern. Aber sie sind jetzt fest entschlossen: Es wird Widerspruch eingelegt gegen die Kündigung. Gleiches ist auch von den Bewohnern im ersten Stock zu erwarten. -ww-