Oper auf dem Marktplatz vor 1000 Zuschauern
ROTHENBURG – Jubel und stehender Applaus für die Festspieloper Prag auf dem Rothenburger Marktplatz: Die Aufführung von Giuseppe Verdis „Nabucco“ in italienischer Originalsprache ist am Donnerstagabend für 1000 Freundinnen und Freunde des Kultur- und Konzertgenusses unter freiem Himmel zum großen Klassik-Erlebnis vor wunderschöner Kulisse geworden.

Ergreifend: Vor herrlicher Kulisse am Rothenburger Marktplatz erklingt der Gefangenenchor. Fotos: Weber
Am Ende sprang das Publikum begeistert von den Sitzen auf und wollte Solisten, Chor und großes Orchester am liebsten gar nicht gehen lassen. Mit dem weltberühmten Gefangenenchor „Va pensionero“ durfte an diesem lauen Sommerabend auf dem Marktplatz als Zugabe und Schlusspunkt ein zweites Mal ein ausgesprochener Ohrwurm der Klassik erklingen.
Das gesamte Ensemble glänzte bei der Aufführung auf dem Marktplatz mit großartiger sängerischer und darstellerischer Leistung. Fürs Publikum wurde das Zuhören und Zuschauen zum wahren Genuss und dazu noch zum ehrlichen, authentischen Kulturerlebnis.
Großer Stoff
Alles wurde live gespielt und gesungen. Ein großes Orchester rollte an Ort und Stelle und dazu noch perfekt Verdis Klangteppich aus. Nikolaj Neˇkrassov als Nabucco, Liana Sass als Abigaille, Veronik Hajnová als Fenena, Nikolaj Visˇnˇakov als Ismaele, Jurij Kruglov als Zaccharias, Oldrˇich Krˇízˇ als Gran Sacerdote, Zedeneˇk Nádeník als Abdallo und Eva Kývalová als Anna setzten in den Hauptrollen die Akzente.
In vier Akten, mit Pause nach dem zweiten Akt, wurde großer Opernstoff geboten bei der Aufführung. Giuseppe Verdi machte sich damit – nach vielen Misserfolgen und Tiefschlägen – zum Nationalhelden. Uraufführung war am 9. März 1842 in der Mailänder Scala.
Die Oper spielt im 6. Jahrhundert vor Christi Geburt. Schauplätze sind Jerusalem und Babylon. Thema: Das Streben des jüdischen Volkes nach Freiheit aus der babylonischen Gefangenschaft. Titelheld Nabucco (biblisch Nebukadnezar II.) will sich selbst zum Gott machen. Die Selbstüberschätzung wird ihm zum Verhängnis und führt für ihn in den Wahnsinn. Erst die Bekehrung zum Gott der Hebräer heilt ihn.

Große Begeisterung nach Ende der Aufführung: Das Publikum ist von den Sitzen hochgesprungen.
Bei der Aufführung am Marktplatz hatte auch der Rothenburger Glockenschlag mit den beiden Hauptprotagonisten der Legende um den Meistertrunk seinen Auftritt: schon um 21 Uhr machten Tilly und Nusch – unterstrichen vom Stundenschlag vom Rathausturm – dem Klassik-Erlebnis ihre Aufwartung. Als sich das um 22 Uhr wiederholte, ließ Dirigent und musikalischer Leiter Martin Doubravský die Szene auf der Bühne genüsslich einfrieren und gab sie erst mit ergebener Dankesgeste gen Rats-trinkstube wieder frei, als sich die Fensterläden vor den beiden Figuren geschlossen hatten.
Zum Leidweisen vieler Zuschauer wurde das Publikum durch Zaungäste gestört, die sich von außen immer wieder bemerkbar machten. Das wirkte fast in die Mitte der Ränge und verdarb nicht wenigen etwas die reine Freude am Klassikabend.
Durchgang musste frei bleiben
Auf der dem Rathaus gegenüberliegenden Seite war neben dem mit Folie abgehängten Gitterzaun ein Durchgang freigehalten worden. Das habe man so lösen müssen, weil das bei einer Veranstaltung mit diesem Zuschaueraufkommen als Flucht- und Rettungsweg benötigt wird, erläuterte am Tag nach der Aufführung Oliver Raapke vom Rothenburg Tourismus Service auf Nachfrage unserer Redaktion.
Zu Beginn des Opern-Abends hatte er namens der Stadt begrüßt und dabei seiner Freude Ausdruck gegeben, dass diese herrliche Marktplatzkulisse wieder einmal Schauplatz eines solchen Klassik-Erlebnisses vor Riesenpublikum werden darf. Für die Verköstigung des Publikums sorgten bei dem Abend unter den Arkaden „Italia“ und Ratsstube gemeinsam.
Im ersten Stock des Rathauses – mit Abgang durch den Kaisersaal – und im Gewölbe hatte das Tourunternehmen Paulis aus Braunschweig mit seinem riesigen Stab an Mitarbeitern und Mitwirkenden Quartier bezogen. Stadt und Veranstalter loben das gute Miteinander. Es könne durchaus ein weiteres Mal geben. -ww-