Barrierefreies Wohnen und Leben vor der Altstadt
ROTHENBURG – Das neue Wohn- und Geschäftshaus im ehemaligen Amtsgerichtsgarten wächst seiner Fertigstellung entgegen. Zwei Arztpraxen werden dort Mitte nächsten Jahres mit langfristigen Mietverträgen einziehen. Die 170 Quadratmeter große Dachwohnung mit umlaufender Terrasse und freier Sicht in alle Richtungen ist schon vergeben.

In dem viergeschossigen Neubau überwiegt die Wohnraumnutzung. Zwei Arztpraxen ziehen als langfristige Mieter ein. Fotos: Schäfer
Die Aufregung um das Großprojekt hat sich durch die modifizierte Planung gelegt. Reden und Streiten über Architektur gehört dazu. Die Investoren mussten den sprünglichen Baukörper von fünf auf vier Geschosse reduzieren, den Wohnkomplex auf dem Dach um das Maß seiner Höhe zurücksetzen. Dann stand der Verwirklichung nichts mehr im Wege. Der Baufortschritt liegt im Zeitplan. Der milde Herbst begünstigt die Arbeiten.
Die Hausarztpraxis Gleiß und der Kinderarzt Dr. Hans-Werner Knüppel lassen sich in dem Neubau nieder. Die Gemeinschaftspraxis Dr. Joachim Gleiß und Dr. Claudia Gleiß will nicht länger an ihrem alteingesessenen Standort im Hasa-Viertel bleiben. In den letzten Jahrzehnten gab es mehrere Eigentümerwechsel. Seit der Übernahme der Supermarktkette Comet gehört die Immobilie Edeka. „Und damit fingen die Probleme an, immer größer zu werden“, sagt Dr. Joachim Gleiß. Die Lebensmittelkette kam bei der dringend nötigen Sanierung des Altbaus „nicht in die Pötte“.
Vor 35 Jahren hat sein Vater, Dr. Heinz Gleiß, in dem Gebäude seine Praxis eröffnet. In dem Gebäudetrakt praktizierten seinerzeit zwei weitere Ärzte. Die Funktionsräume wurden von allen drei Praxen gemeinsam genutzt. Schon eine Art Vorstufe zu den heutigen Medizinischen Versorgungszentren. Dr. Joachim Gleiß stieg als Sozius in die Praxis ein und übernahm sie dann ganz.
Zuletzt hatte er genug von den Verhandlungen mit dem Hauseigentümer über die Renovierung von Dach und Fenstern. Nicht mehr zeitgemäß ist auch der steile Treppenaufgang in die Praxis und die Notwendigkeit, wenigstens einen Lift einzubauen. Beim Prozedere zu baulichen Brandschutzmaßnahmen verlor der Mediziner die Geduld und kündigte den Mietvertrag mit der Aussicht auf moderne neue Räume, bei deren Aufteilung er mitreden kann.
Die Praxis wird einen Großteil des Erdgeschosses belegen. Sie gehört zu einer der großen Arztpraxen in Rothenburg. Es gibt hoffnungsvolle Anzeichen für die Überführung in die dritte Generation. Der Sohn hat mit dem Medizinstudium begonnen und möchte später als Hausarzt in die Fußstapfen seiner Eltern treten.
Im ersten Stock des neuen Ärztehauses zieht die Kinderarztpraxis ein. Dr. Hans-Werner Knüppel hat vor einiger Zeit die Nachfolge von Dr. Ulrich Zimmer angetreten, der in den Ruhestand ging. Die bestehende Praxis will er von der Hans-Sachs-Straße in den Neubau vor dem Rödertor verlegen. Der neue Kinderarzt lebt schon seit 1993 in Rothenburg. Vor der Praxisübernahme war er lange Jahre in der Kinder- und Jugendmedizin des Caritas-Krankenhauses in Bad Mer-gentheim tätig. „Der berufliche Start in Rothenburg lief gut, ich bin sehr zufrieden“, sagte er auf Nachfrage.
Der viergeschossige Neubau ist das Ergebnis der Unternehmens-Kooperation Stein (Bauunternehmen und Ingenieurbüro) in Wachsenberg und dem hiesigen Apothekenbetreiber Stegmann. Beide Familienbetriebe haben schon bei der Umnutzung des ehemaligen Amtsgerichtsgebäudes für Arztpraxen und Apotheke zusammengearbeitet haben.
Ihre Pläne sehen vor, in dem Neubau zusätzlich zur Allgemeinpraxis und zum Kinderarzt zwei weitere Arztpraxen mit langfristigen Mietverträgen anzusiedeln. Die sieben geplanten Wohnungen in der Größenordnung zwischen 51 und 102 Quadratmeter stehen als Eigentumswohnungen zum Verkauf. Damit erhöht sich im Umgriff der Altstadt das Angebot für barrierefreies Leben und Wohnen. Das Gebäude verfügt über einen rollstuhlgerechten Aufzug, der auch mit dem Auto über die Tiefgarage direkt angesteuert werden kann. Ausreichend Parkmöglichkeiten bieten die dreiundzwanzig unterirdischen Stellplätze. sis