Wir sprachen mit sechs Anwärtern auf den Emergenza-Titel der Nachwuchsbands
ROTHENBURG – Insgesamt 20 vielversprechende Nachwuchsbands haben auch dieses Jahr wieder auf den großen Gewinn gehofft beim Taubertal-Festival. Eine Europa-Tour, Plattenverträge und einen Gig zur Primetime auf der Hauptbühne – der Traum jeder Nachwuchsband. Es ging ordentlich zur Sache beim internationalen Finale des Emergenza-Newcomer-Contests.

Siegerehrung auf der „Sounds for Nature“-Bühne mit den 20 internationalen Nachwuchsbands. Fotos: RoRot
Das Konzept des Wettbewerbs ist absolut vielversprechend. Regelmäßig begegnen uns frühere Emergenza-Gruppen, wie „Nico & Vince“, im Radio, sind inzwischen international ein Begriff. Dazu gehören auch „Royal Republic“ oder andere gefeierte Headliner auf der Eiswiese. Dieses Jahr dabei: die „Emil Bulls“ und „Itchy“. Bei Vorrunden müssen die Bands ihr Können zunächst regional, später auch national unter Beweis stellen.
Standortbestimmung
Schließlich kommen die 20 international besten Bands von anfangs über 3800 am Taubertal-Festival zusammen. Aber nicht nur die in Aussicht gestellten Preise und die Chance, sich in die Reihe der Erfolgreichen einzuordnen, locken zur Teilnahme. Wir sprachen mit sechs der traditionell in der Rothenburger Jugendherberge untergebrachten Gruppen und fragten sie nach ihren Beweggründen, sich dieser großen Ausscheidung zu stellen.
„Wir wollten uns einfach mal testen, sehen, wie wir im internationalen Vergleich liegen. Mit unserer Musik begeistern und erfahren, ob wir auch außerhalb unserer Stadt, unserer Region und unseres Landes Massen mitreißen können.“ Genau deswegen nimmt die italienische Band „Frank e le Forme Soniche“ aus Rom am Emergenza-Contest teil.
„Wir haben die Chance unsere Gruppe zu promoten, Gigs ohne großen Organisationsaufwand zu spielen und können Bühnenerfahrung sammeln“, erklären Pawel (26), Dawid (26) und Gustaw (23) von der Breslauer Band „Anviled“. Was die drei Jungs so besonders macht? Sie spielen eine komplett andere Musikrichtung als die meisten anderen Bands, die an dem Wettbewerb teilnehmen: sie versuchen die Jury mit ihrer einer aufregenden Mischung aus Elektro- und Akustikklängen zu überzeugen, während die anderen häufig verschiedene Rock-Ausprägungen anbieten: Alternative-, Indie- oder Poprock.
Auch unsere Italiener hoffen sich individuell präsentieren zu können; mit ihrer Interpretation von regionaler Musik im Alternative-Rock-Stil. Der Sänger und Songwriter Francesco (36): „Lange Zeit habe ich auf Englisch gesungen, aber für dieses Projekt haben wir uns ganz bewusst entschieden zu unserer Heimat zu stehen.“ Und damit sind sie eine der wenigen Gruppen, die ausschließlich in ihrer Muttersprache singen.
Die eigentlich angedachten Alleinstellungsmerkmale waren es schließlich nicht, was die Fachjury herausragend fand an „Anviled“ und „Frank e le Forme Soniche“. Einzelmusiker aus der Band wurden geehrt, der Pole Dawid (26) als bester Drummer und der Italiener Marco (27) als bester Bassist.

Die Kanadier der Band „Oaks Above“ bei ihrem Auftritt auf der Emergenza-Bühne.
Der Emergenza-Contest ist sehr international ausgerichtet. Auch Bands aus Übersee und Asien sind mit dabei. Auch „Oaks Above“, eine kanadische Pop-Rock Gruppe mit Indie-Anklängen waren nach Rothenburg angereist. Für die Band die erste Gelegenheit, auf europäischer Bühne etwas von sich hören zu lassen. Nur zwei der fünf Mitglieder waren vorher überhaupt schon einmal auf dem alten Kontinent gewesen. Natürlich haben sich die Jungs aus Montreal schon ein bisschen Zeit für Sightseeing in Rothenburg genommen. Aber auch für die Konkurrenz: „Selbstverständlich hören wir uns auch die anderen Emergenza Bands an und sind abends mit ihnen zusammen unterwegs. Die Möglichkeit so viele andere internationale Nachwuchsgruppen kennenzulernen ist schon großartig.“
Verwunderung löst bei ihnen lediglich das deutsche Bier aus. Nicht nur Geschmack und Farbe seien deutlich „lighter“, sondern auch der Alkoholgehalt. Leider reicht es am Ende bei ihnen nicht für einen Platz auf dem Siegertreppchen. Aber immerhin: Pläne für eine Kanada-Tour mit vielleicht kleinem Ausflug in die USA und ein neues Album gibt es schon. Mit Misserfolg im Kontest kennen sich die Münchner von „Sound Injection“ bereits aus. Ganz knapp vor dem Finale waren sie ausgeschieden und hatten per Los den Eröffnungsgig am Freitagnachmittag auf der „Sounds for Nature“-Bühne gewonnen. Trotzdem sind sie als Band sehr gefragt, für Samstag schon wieder gebucht auf einem anderen Festival. Den ganzen Sommer sind sie so unterwegs. Im Frühjahr 2018 soll dann ein neues Album erscheinen.
Den letzten Gig auf der „Sounds for Nature“-Bühne durften fünf Jungs aus Madrid spielen. „Time for Action“ ist eine der jüngsten Bands, die 2017 im Tal im Finale stehen. Alle fünf sind 18 oder 19 Jahre alt. Ihnen ist klar, dass das Level hier noch einmal höher ist als in den drei Vorrunden. Auch der letzte Gig gilt nicht unbedingt als Vorteil: Man ist deutlich nervöser, wenn man die Schwächen, aber vor allem auch die Stärken, der anderen Gruppen schon gehört hat.
Impuls im Studio
Eine eigene Geschichte zur Bandgründung kann auch „61 Minds“ aus Brüssel zum Besten geben. Niclas (30), Schlagzeuger und Keyboarder, hat selbst ein Studio und arbeitete zusammen mit Thomas (20), Gitarre und Keyboard, und Alice (21), Gesang, an Aufnahmen. Unabhängig davon kannte er noch Vincent am Bass. Johann, 32, Gitarrist: „Auch ich war damals bei ihm im Studio. Niclas meinte, dass wir uns unbedingt alle zusammentun sollten. Etwas Großartiges könnte entstehen. Aber ehrlichgesagt, ich war anfangs nicht gerade begeistert. Schließlich ließ ich mich doch zu einer Probe überzeugen. Wie man sieht, jetzt sind wir hier.“ Und das mit ziemlich großem Erfolg: „61 Minds“ wurde zur Gruppe mit den besten Arrangements gekürt. RoRot