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Channel: Aus der Stadt – Fränkischer Anzeiger
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Talente als Künstler und Manager

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Robert Hellenschmidt bereichert seit 35 Jahren die Zeitung und wird heute doppelt so alt

ROTHENBURG – „Man darf gespannt sein auf die weitere Entwicklung dieses bescheidenen Kunstjüngers” hatte es hoffnungsvoll in der Zeitungskritik zu seiner ersten großen Ausstellung im Juli 1980 geheißen. Inzwischen sind 35 Jahre vergangen und Robert Hellenschmidts samstägliche Karikaturen längst ein Markenzeichen der Lokalzeitung.

Robert Hellenschmidt, der Jazzer. diba-foto

Robert Hellenschmidt, der Jazzer. diba-foto

Es dürfte nur ganz wenige Lokal- und Regionalzeitungen geben, die sich den Luxus eines eigenen Karikaturisten leisten – und unter den wenigen, die es gibt, hat wohl kaum jemand die Qualität und Kontinuität eines Robert Hellenschmidt erreicht. Die Rothenburger Zeitungsleser können sich ihre Wochenendausgabe gar nicht vorstellen ohne auf die Karikatur gespannt zu sein – im Idealfall wird sie thematisch von Zeitungsartikel und Kommentar umsäumt. Die wohl gesetzten Striche des Künstlers sind es, die beim ersten Draufschauen die Aufmerksamkeit erregen, noch lange bevor der Artikel gelesen wird. Ein Glücksfall, wenn beides haften bleibt – manchmal aber erfährt die schreibende Zunft, ein kleinbisschen neidisch vielleicht, dass der Zeichner den Platzvorteil hat… Von „einem Markennamen“ hatte Zeitungsverleger Wolfgang Schneider schon zum 25-Jährigen anläßlich der Werkausstellung und Karikatur-Buchvorstellung 2005 in der Johanniterscheune gesprochen. Er meinte auch, dass manche sich als „Schulterklopfer mit zusammengebissenen Zähnen“ erwiesen haben, wenn sie von Hellenschmidt zeichnerisch aufs Korn genommen wurden – eine Einschätzung die unverändert gilt, wobei es andererseits für die meisten eine Ehre ist, unter seinen kritischen Stift zu geraten.

Blättert man in den drei Karikaturbänden, dann wird das unglaublich große thematische Spektrum ebenso deutlich, wie die Entwicklung des Künstlers steil nach oben sichtbar. Was ihn neben seinem Talent als Autodidakt auszeichnet, das ist vor allem die kreativ so treffende Umsetzung nicht nur lokaler, sondern nationaler und weltweiter Themen. Dies geschah oft genug mit einem Weitblick, der Karikaturen aus dem ersten Band als brandaktuell erscheinen läßt. Das Flüchtlingsdrama, Rechtsradikalismus, der Umweltschutz, Rüstung und Krieg, die Atompolitik, der Hunger in der Welt oder die Finanz-skandale und Politikerverstrickungen sind einige Stichworte. Manchmal hat er fast den prophetischen Blick auf spätere Jahrzehnte in seinen Zeichnungen bewiesen.

KARIKATIVER KOPFZeichnung: HG Lehmann

KARIKATIVER KOPF Zeichnung: HG Lehmann

Was aber Rothenburg und die Stadtpolitik sowie die Region anbelangt, so sind Robert Hellenschmidts Karikaturen ein Spiegelbild des Geschehens mit allen Facetten. Durchaus auch mal nur unterhaltsam, überwiegend aber treffsicher hintergründig und in der Bleistiftzeichnung vom eigenen Stil geprägt: nicht in üppige Bilder ausartend, aber auch nicht der extrem reduzierte Strich, sondern eine Hellenschmidtsche Handschrift eben, die überzeugt und ankommt. Nicht ohne Grund war er auch bei auswärtigen Verlagen als Karikaturist gefragt. „Hintergründig, bissig, zweideutig, aber niemals verletzend” wie in einer Laudatio festgestellt, ist bis heute sein Erfolgs-Credo geblieben. Seine Karikaturen forderten heraus, ärgerten manchmal auch und zeigten bisweilen sogar, was zu verbessern sei, hatte der frühere Oberbürgermeister Herbert Hachtel beim letzten Jubiläum hervorgehoben. Bewundernswert ist seine Fähigkeit immer wieder kurzfristig Themen pfiffig umzusetzen.

Zeichnung: HG Lehmann

Zeichnung: HG Lehmann

Vermutlich muss man ein mehrfachbegabter Mensch sein, um diese Perfektion zu erreichen. Die Rothenburger kennen den Künstler als Jazzer ebenso wie als Sterngucker. Und über die Region hinaus hat er sich als Kulturmanager für das Korn-Kultur-Programm einen Namen gemacht, mit dem er international renommierte Künstler in die Tauberstadt bringt, die man sonst nur in Großstädten erleben könnte. Überhaupt liegen ihm Kultur und Stadtentwicklung am Herzen und nicht nur als Karikaturist mischt er sich ab und an mit seiner pointierten Meinung in die Kommunalpolitik ein. 35 Jahre engagierte Zeitungs-Mitarbeit und dazu auch noch doppelt soviel Lebensjahre, die heute zu feiern sind – gleich zwei Gründe herzlich zu gratulieren, wobei sich der Redaktion sicher die Leser anschließen. Wir tun dies mit einer Zeichnung über den Karikaturisten, an der sich keine „dilletierenden Redakteure“ versucht haben, denn der Künstler Helmut Günter Lehmann hat sie geschaffen. diba


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