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Channel: Aus der Stadt – Fränkischer Anzeiger
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Zum 100. Geburtstag von Franz Josef Strauß: Sein offizieller Besuch im Juli 1981

ROTHENBURG – Wenn es jetzt darum geht, Franz Josef Strauß posthum die Ehre zu erweisen, darf Rothenburg nicht fehlen. Landauf, landab finden derzeit Feierlichkeiten um den 1988 verstorbenen Politiker und Staatsmann statt. Die CSU und die ihr nahe stehende Hanns-Seidl-Stiftung würdigen zum 100. Geburtstag das Lebenswerk ihrer großen Vorzeigefigur. Am Montag, 21. September, laden der Kreisverband und der Rothenburger Ortsverband der Union aus diesem Anlass gemeinsam zum zentralen Festabend (19 Uhr) in den Patriziersaal im Hotel „Rappen“ ein.

Ausschnitt aus dem Bericht vom Anfang Juli 1981: So berichtete der Fränkische Anzeiger damals.

Ausschnitt aus dem Bericht vom Anfang Juli 1981: So berichtete der Fränkische Anzeiger damals.

Dabei haben sich auch zwei prominente Wegbegleiter von Franz Josef Strauß auf Bundes- und Landesebene als Ehrengäste angesagt: der frühere Bundesminister und Stimmkreisabgeordnete für den hiesigen Bereich, Carl-Dieter Spranger aus Ansbach, und der frühere Staatsminister Dr. Otto Wiesheu aus Zolling bei Freising. CSU-Kreisvorsitzender Jan Helmer und Silke Sagmeister-Eberlein als Ortsvorsitzende der Rothenburger Union freuen sich, dass sie beide als besondere Gäste für den Festakt „100 Jahre Franz Josef Strauß“ mit dem Untertitel „FJS – Staatsmann und Freund – Politisches und Persönliches“ gewinnen konnten. An diesem Sonntag wäre Franz Josef Strauß 100 Jahre alt geworden. Er gilt für die CSU, deren Vorsitzender er von 1961 an war, noch heute, 27 Jahre nach seinem Tod, als die Leitgestalt schlechthin, was die große Verbeugung nun zu diesem runden Jubiläum aus ihrer Sicht nicht nur rechtfertigt, sondern zur Verpflichtung macht. „Franz Josef Strauß hat die Partei wie kein anderer geprägt, als Ministerpräsident das moderne Bayern vorangebracht und sich um die Wiedervereinigung verdient gemacht,“ unterstreicht die CSU-Pressestelle in einer Mitteilung zu den seit Freitag laufenden Gedenkveranstaltungen. Doch zum Politiker Franz Josef Strauß gehört auch diese andere Seite: Lockheed-Skandal, Spiegel-Affäre, Briefkasten-Firma Eureco und vieles mehr. Die bayerische Opposition wirft der CSU Geschichtsklitterung vor. Strauß werde „völlig unangemessen monumentalisiert“, er sei ein „korrupter Politiker“ gewesen, heißt es aus ihren Reihen.

Ausschnitt aus dem Bericht vom Anfang Juli 1981: So berichtete der Fränkische Anzeiger damals.

Ausschnitt aus dem Bericht vom Anfang Juli 1981: So berichtete der Fränkische Anzeiger damals.

An dem rednerisch begabten, charismatischen und um keine Auseinandersetzung verlegenen Franz Josef Strauß scheiden sich die Geister. Das war zu seinen Lebzeiten so und so bleibt es auch über seinen Tod hinaus. Wer ihn abseits der großen politischen Bühne erleben durfte, der hatte freilich einen unkomplizierten und blitzschnell ins freundliche Gepräch umschaltenden Zeitgenossen vor sich. An Gelegenheiten wie bei der Eröffnung des Fränkischen Freilandmuseums Bad Windsheim oder am Rande eines Empfangs in Ansbach erinnern sich all jene gerne, die damals mit von der Partie waren. In Rothenburg hat sich Franz Josef Strauß als Ministerpräsident ein einziges Mal ins Goldene Buch der Stadt eingetragen. Er war Anfang Juli 1981 gekommen, um das 100-jährige Bestehen des Festspiels „Der Meistertrunk“ mitzufeiern. Beim Blättern in unserem Archiv finden sich Belege für den damaligen Besuch. Ein Foto zeigt den prominenten Gast damals unter anderem beim fränkischen Vesper im Rathaus, umringt von Kroaten des Festpiels. Der in München gebürtige Oberbayer mit Abstammung väterlicherseits aus Kemmathen bei Arberg dürfte sich da so richtig zuhause gefühlt haben. Dass Franz Josef Strauß den damaligen Abstecher auch für eine politische Botschaft nutzte, ist nachzulesen. In seinem Festvortrag kam er – wir waren mitten im „Kalten Krieg“ – auf den Pazifismus zu sprechen, der leicht missbraucht werde. Die Pazifisten teilte er in vier Kategorien ein. Da gebe es jene, die Waffen in den Händen von kommunistischen Diktatoren für ungefährlich halten aber in den Händen von Demokraten für gefährlich. Außerdem teilte Strauß das Feld in Angstpazifisten („Lieber rot als tot“), in Gesinnungspazifisten („Vor denen ich den Hut ziehe“) und in Verantwortungspazifisten, „die den Frieden durch ein notwendiges Maß an militärischer Abschreckung gesichert haben.“ Am Rande des Strauß-Besuchs demonstrierten zwei Handvoll junger Leute am Herterichbrunnen. „Frank und frey – Strauß bye, bye“, hieß es auf einem Transparent, das sie hochhielten. Damit gaben sie ihrem Protest gegen die damaligen Massenverhaftungen im Nürnberger Jugendzentrum Komm durch die bayerische Polizei nach sechs eingeworfenen Schaufensterscheiben in der Innenstadt der Frankenmetropole Ausdruck. -ww-


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