Weihnachtsansprachen im Stadtrat
ROTHENBURG – Sitzung bei Kerzenschein, geschmackvollen adventlichen Gestecken, wohl ausgestatteten Plätzchentellern, schön verpackten Geschenken und auch bei wohlmeinenden Resümees zum fast abgelaufenen Jahr in den traditionellen Reden der Fraktionssprecher: In der letzten Stadtratssitzung vor Weihnachten, gleichzeitig der letzten des Jahres, herrschte die gewohnt besinnliche Note.

Laptop, Pad, adventliche Dekoration und Kerzenlicht auf dem Tisch auch in den Reihen von UR und CSU.
„Es ist schön bei uns. Es riecht nach Frieden,“ sagte Dr. Dr. Günther Strobl, der für die SPD das Wort ergriff bei den Ansprachen, mit Blick auf die stimmungsvoll geschmückte Stadt. Im gleichen Atemzug stellte er Krieg, Terror, Verwüstung und Tod in Irak, in Syrien und in Afrika, das schreckliche Blutbad von Paris und die Flüchtlingssituation gegenüber.
Ausdrücklich lobte er das Engagement der Rothenburger, die sich ehrenamtlich um die Asylsuchenden kümmern. Gleichzeitig dürfe nicht aus den Augen verloren werden, dass es große Bedenken in der Bevölkerung gibt. Es müsse das Recht zugestanden werden, Bedenken und Ängste vor Überfremdung und Islamisierung zu äußern ohne gleich in der rechtsradikalen Ecke zu landen.
Auch unseren Bedürftigen gelte es gerecht zu werden, beispielsweise bei der Wohnungssuche und sie bei eventuell schärfer werdenden Verteilungskämpfen nicht als Verlierer zurückzulassen. Auch wir werden uns daran gewöhnen müssen, etwas von unserem relativen Reichtum abzugeben: „Aber wir dürfen nicht vergessen, dass wir im Lande auch Arme haben.“: Sonst drohe Zulauf für die rechte Szene.
In der Stadtpolitik seien mit Mehrzweckhalle, Grundschulprojekt, Campus und Schülerwohnheim entscheidende Weichen gestellt worden. Dies gehe naturgemäß nicht ohne Schuldenaufnahme vonstatten. Aber es gebe keine Alternative: „Die Bedenkenträger in unserem Stadtrat wissen das.“
Altstadt-Zentralität gestärkt
Auf ein „sehr erfolgreiches Jahr“ blickte Dr. Wolfgang Scheurer für die CSU zurück. Mit den schon von seinem Vorredner genannten Infrastrukturmaßnahmen habe Rothenburg einen großen Schritt getan. Darüber hinaus erwähnte er die neue Kindertagesstätte im Heckenacker und die rege Siedlungstätigkeit im dort direkt angrenzenden Neubaugebiet.
Die Standortskeptiker zur Mehrzweckhalle müssten jetzt eigentlich durch die Art und Weise, wie sich das Bauwerk ins Umfeld einfüge, eines Besseren belehrt sein. Der Umbau des Spitals werde eine auch denkmalpflegerisch herausragende Baumaßnahme. Mit der Renovierung der Sparkassen-Hauptstelle sei die Zentralität der Altstadt gestärkt worden.
In die entscheidende Phase gehe es beim Gewerbegebiet Ansbacher Straße. Viele Millionen Euro seien in den Betrieben und Unternehmen der Stadt investiert worden. Das schmälere einerseits das Gewerbesteueraufkommen. Andererseits führe es aber zu einer Sicherung des Standortes Rothenburg.
Eine, wenn nicht sogar die entscheidende Infrastrukturmaßnahme der vergangenen Jahre stelle der Beschluss der Staatsregierung zur Einrichtung und zum Aufbau des Internationalen Campus Rothenburg der Hochschule Ansbach dar. Das von Irmgard Fischer (Bereich Soziales der Stadt) erarbeitete Konzept der Bürgerbeteiligung mit Beiräten sei in ganz Bayern wohl einmalig.
Nettovermögen zählt
Dank eines umtriebigen RTS-Leiters könne Rothenburgs Tourismus-Sparte erneut Rekordzahlen vermelden. Bei den kommenden Haushaltsberatungen solle weniger auf Pro-Kopf-Verschuldung geschaut werden, sondern vielmehr auf die Entwicklung des Nettovermögens der Stadt (Vermögen minus Schulden), weil sich hierin nachhaltiges Wirtschaften zeige. Freude und Dankbarkeit signaliserte er, dass es der Völkergemeinschaft trotz weltweiter Terrorgefahr und Flüchtlingsproblematik gelungen sei, sich auf eine Begrenzung der Erderwärmung zu verständigen.
Mindestens fünf Jahre
In der Hoffnung auf ein Weih-nachtsmärchen in Deutschland und in Rothenburg ähnlich dem Sommermärchen 2006 hat Hermann Schönborn für die UR seine Ausführungen ausklingen lassen. Dem schickte er Betrachtungen und skeptische Bemerkungen zum Campus („eine Bereicherung, aber nur wenn tatsächlich Studenten kommen und wenn nicht nur Fernstudienplätze entstehen), zur Finanzsituation der Stadt, zur Griechenland-Krise, zur Flüchtlingssituation und auch zur Herausforderung der Integration voraus.
Schon vor Jahren habe er durch seine berufliche Tätigkeit mit „unbegleiteten Flüchtlingen“ zu tun gehabt. Für sie sei es ein mindestens fünfjähriger Weg bis zum Abschluss einer beruflichen Ausbildung und viele kommen nicht ans Ziel.
Die hohe Zahl von Menschen, die kommen, berge die Gefahr der Destabilisierung der eigenen Gesellschaft. Hochachtung habe er vor allen Menschen, die eine neue „Willkommenskultur in Deutschland“ mitprägen. Aber es gelte derzeit auch die eigene Bevölkerung mitzunehmen.
In diesem Zusammenhang erinnerte er an eine Äußerung des früheren Bundespräsidenten Karl Carstens. Er hatte gesagt: „Nur wer sich sicher fühlt ist tolerant.“ Meinungsumfragen zur allgemeinen Flüchtlingslage zeigten deutlich Ängste, die eben einer solchen Haltung entgegenwirken.
Viel freigesetzt
Neben den bereits von ihren Vorrednern genannten Projekten zur Zukunftsfähigkeit der Stadt nannte Jutta Striffler für die FRV auch die längst überfällige Sanierung der Gas-, Wasser- und Stromanschlüsse. Das gesamte Paket der Investitionen setze große finanzielle Anstrengungen voraus. Die Stadt habe es durch „gute Steuereinnahmen und Erhöhung des Fremdenverkehrsbeitrages“ stemmen und die gute Funktion des Wirtschaftskreislaufs aus Industrie, Handel, Handwerk, Gastronomie, Hotellerie und Tourismus unter Beweis stellen können. Gleichzeitig sei es gelungen, die Investitionen zu strecken.
Die Ansiedlung des Campus nannte sie eine einmalige Chance für Rothenburg als Bildungsstadt. Den Umbau des Spitalgebäudes zum Schülerwohnheim wertete sie als gute Ergänzung und Voraussetzung des Erhaltes unseres Gastronomischen Bildungszentrums. Bei Ausweisungen von Baugebieten und Änderungen der Bebauungspläne sollte vorsichtig mit der Nachverdichtung umgegangen werden, riet sie. Die derzeitigen Investitionen seien mit hohen Kosten verbunden.
Durch schrittweisen Abbau der Verbindlichkeiten gelte es den finanziellen Spielraum für die Zukunft wieder zu verbessern. Es liege an uns, den vor dem Krieg hierher geflohenen Menschen vorzuleben, wie man trotz unterschiedlichster Kulturen miteinander leben kann. Dazu gehörten Toleranz, Respekt, Achtung voreinander, aber auch Regeln.
Auf lokaler Ebene umsetzen
Für die Fraktion der Bündnisgrünen im Stadtrat stellte Dieter Seiferlein die Freude über das Abkommen von Paris zur Begrenzung der globalen Klimaerwärmung auf deutlich unter 2 Grad an den Anfang seiner Rede. Jetzt gehe es darum, dies bis herunter auf die kommunale Ebene umzusetzen. Das sei auch für Rothenburg eine anspruchsvolle Herausforderung. Die hohen Ausgaben für alle möglichen baulichen und sonstigen Auffangnetze hätten eigentlich längst Alarmsignal genug sein können. Von den Stadtwerken werde in Zukunft mehr Engagement beim Einsatz erneuerbarer Energien erwartet. Zu den Freihandelsabkommen TTIP und CETA gebe es nach wie vor große Bedenken. Umso mehr habe die einstimmig vom Stadtrat verabschiedete kritische Resolution gefreut.
Auch der Sprecher der Bündnisgrünen hob die große Aufgabe bei der Versorgung der vielen Flüchtlinge mit Nahrung, Kleidung, Unterkunft und Integrationsangeboten heraus. Er unterstrich, Rothenburg sei dank der frei-willigen Helferinnen und Helfer im Arbeitskreis Asyl, aber auch der Aufgeschlossenheit und Hilfsbereitschaft der Verwaltung, gut aufgestellt: „Die einstimmige Entscheidung des Stadtrates, den städtischen Laden am Markusturm als Kleiderkammer und Treffpunkt für Flüchtlinge zur Verfügung zu stellen, zeigt, dass wir den Titel Ort der Vielfalt nicht nur zurecht erhalten haben, sondern ihn auch leben.“ Ob Waffenlieferungen und verstärkte Bombardierungen in Krisengebieten zur Lösung der Probleme beitragen, müsse bezweifelt werden.
Die derzeit lebhafte Bautätigkeit an allen Ecken und Enden führe zu einer Überlastung des Bauamts. Es sei zu hoffen, dass bei den Haushaltsberatungen für Entlastung gesorgt werden könne. Bau- und Unterhaltungsmaßnahmen sollten zeitnah abgearbeitet werden.
Je weiter der Bau der Mehrzweckhalle voranschreite, desto unverständlicher erscheine die heftige Auseinandersetzung um den Standort. Der Baukörper beachtlicher Größe ducke sich brav in seine Versenkung. Der demografische Wandel zwinge zum teuren Gegensteuern. Das zeige sich an den Investitionen. Die Sprecher bedankten sich beim Oberbürgermeister, bei der Verwaltung und teils bei ihren Stadtrats-Kolleginnen und -Kollegen.
Die Anerkennung gab Oberbürgermeister Walter Hartl zurück für das konstruktive Miteinander. Es sei viel bewegt worden, angefangen von den vielgenannten Bauprojekten bis hin zur Modifizierung des Parkraumkonzeptes. Er sprach den Verwaltungsmitarbeitern sein Lob aus. Vieles laufe im Hintergrund, ohne thematisiert oder von der Öffentlichkeit wahrgenommen zu werden.
Rothenburg habe an Attraktivität gewonnen. Das schlage sich in einer steigenden Bevölkerungszahl nieder. Weiteren Schub werde auch das „Zukunftsthema Campus“ verleihen, die Übertragung der Geschäftsführung bei den Städtischen Werken an die Stadtwerke Heidenheim und die beispielhafte Bürgerbeteiligung. Schlachthof-Projekt und Markt-Projekt an der Bodelschwinghstraße sind weitere große Aufgaben.
Nicht Obergrenzen oder Zäune sorgten für weniger Flüchtlinge, sondern es müssten die Ursachen in den Heimatländern behoben werden. Er dankte den freiwilligen Integrationshelfern und den vielen ehrenamtlich Engagierten auf allen möglichen Gebieten.
Zum Dank für die geleistete Arbeit lag vor jeder Stadträtin und jedem Stadtrat ein schön verpacktes Geschenk: das neue Grundlagenwerk über Rothenburg und seine Geschichte. Die adventlichen Gestecke hatte die Gärtnerei Bochenek spendiert, die Plätzchen die Bäckerei Striffler. -ww-