Quantcast
Channel: Aus der Stadt – Fränkischer Anzeiger
Viewing all 1548 articles
Browse latest View live

Alles andere als von der Stange

$
0
0

Martha und Jessica verlegten ihre Leidenschaft für Mode vom Kinderzimmer ins Internet

ROTHENBURG – Jahrzehntelang gaben sie den Ton an in der Modewelt: Designer und Chefredakteurinnen großer Modezeitschriften. Doch die Zeit der starren Hierarchien ist passé. Die eigene Kreativität und Individualität sind heute die Maßstäbe. Sie werden von den verschiedensten Modeliebhabern gesetzt, die mittels ihres Blogs, also einer Art Tagebuch im Internet, zeigen, wie vielseitig Mode sein kann. Darunter auch zwei Schwestern aus Schrozberg.

Es ist eine Szene, wie man sie vermeintlich mehrmals täglich in der Touristenstadt Rothenburg beobachten kann: Eine junge Frau stellt sich vor einem der historischen Gebäude in Pose, um sich auf einem Foto verewigen zu lassen. Aber gleich zwei Dinge sind anders als sonst. Zum einen sind nicht die Gebäude, sondern die Frau die eigentliche Sehenswürdigkeit – vor allem auch für die vorbeigehenden Passanten. Und zum anderen verschwindet das Ergebnis nicht in einem privaten Fotoalbum, sondern wird der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Denn Martha und Jessica, so die Namen der Fotografin und des Models, sind leidenschaftliche Modebloggerinnen.

Eingespieltes Team: Gemeinsam und mit ganzem Körpereinsatz setzen sie das Outfit in Szene.

Eingespieltes Team: Gemeinsam und mit ganzem Körpereinsatz setzen sie das Outfit in Szene.

In ihrem Internet-Tagebuch „Vintage Life en Vogue“ zeigen die beiden Modeliebhaberinnen aus Schrozberg, wie sie Mode leben und mit ihr spielen. Es hat sich bei ihnen eingebürgert, dass dabei die 22-jährige Jessica Nowak den Part des Mannequins übernimmt, während ihre sieben Jahre ältere Schwester Martha Soldaczuk hinter der Kamera steht. Schon in ihrer Kindheit übten sie in dieser Kons-tellation eher spielerisch, mit welchen Posen man die Kleidung ins beste Licht rückt.

Nachdem sie sich später zunächst bei anderen Bloggern Inspiration zu den neuesten Modetrends holten, wurde ihnen schnell klar: „Das können wir auch!“ Und so gründeten sie 2011 ihren eigenen Blog. Anfangs war es eigentlich nur so zum Spaß, erinnert sich Jessica. Doch das Ganze lief ziemlich gut an. Etwa drei Kleiderkombinationen stellten sie pro Woche auf ihren Blog. Heutzutage müssen sie sich oft spontan für ihre Fotoaufnahmen treffen, da beide durch Arbeit und Studium weniger Zeit dafür haben. Ihren Lebensmittelpunkt verlegten sie deshalb mittlerweile nach Würzburg.

„Einer unserer Ansprüche ist es, in jedem Outfit auch etwas Altes mit dabei zu haben“, erklärt Martha. Schließlich trägt der Blog nicht umsonst das Wort „Vintage“ (englisch für „klassisch“, „aus einer bestimmten Zeit“) im Namen. Hierfür stöbern sie auch mal im Kleiderschrank ihrer Mutter, wo sich schon der eine oder andere zeitlose textile Schatz gefunden hat. Oder sie machen die Flohmärkte der Gegend unsicher. Bei einem dieser Streifzüge ist es bereits vorgekommen, dass sie gleich zehn Handtaschen mit nach Hause brachten. Eine weitere begehrte Beute ist neben Kleidung und Accessoires auch Geschirr. Ihr Lieblingsporzellan etwa – klassisch weiß mit Goldrand – stammt vom Tiefgaragen-Flohmarkt in Rothenburg.

Den beiden geht es nicht darum in ihrem Blog die abenteuerlichsten Kleiderkompositionen zu präsentieren: „Was ich vor der Kamera trage, ziehe ich auch privat an“, betont Jessica. Wobei das für den einen oder anderen trotzdem nicht immer unbedingt alltagstauglich ist. „Sie traut sich wirklich viel“, sagt Martha über ihre „sehr experimentierfreudige“ jüngere Schwester. So gibt es für sie auch kein Kleidungsstück, bei dem sie sich kategorisch weigern würde, es anzuziehen. „Sag niemals nie“, lautet ihre Devise. Erst kürzlich erstand sie eine nun wieder modern gewordene Schlaghose, von der sie nach ihrer Jugendzeit dachte, dass ihr so etwas nicht mehr in den Kleiderschrank kommt. Dieselbe liberale Haltung legen die Modebegeisterten auch gegenüber ihren Mitmenschen an den Tag: „Jeder soll sich so anziehen, wie er es mag und worin er sich wohlfühlt.“

Ideen für die zu präsentierenden Outfits und die passende Kulisse haben sie mehr als genug. Ein paar Lokalitäten, wo sie wissen, dass die Fotos immer toll werden, steuern sie regelmäßig an – wenn die Zeit mal wieder recht knapp ist. Ansonsten finden sich auf ihrem Blog malerische Hintergrundszenerien, angefangen beim romantischen Schlossgarten über urbane Straßenzeilen, ein sommerliches Getreidefeld bis hin zum mittelalterlichen Rothenburg, nachzulesen unter dem Titel „Poncho Style“ auf ihrem Blog.

Die Modebloggerinnen Jessica und Martha lieben die Tauberstadt als Kulisse für ihre Fotos.  Fotos (2): Scheuenstuhl

Die Modebloggerinnen Jessica und Martha lieben die Tauberstadt als Kulisse für ihre Fotos. Fotos (2): Scheuenstuhl

Aber auch das beschauliche Schrozberg rückt ab und an ins Zentrum ihrer virtuellen Modewelt. Bei diesen Gelegenheiten bekommt Jessica dann Konkurrenz aus der Familie: Als besonders beliebter Nebendarsteller tritt nämlich Hund Willi mit vor die Kamera. „Er stellt sich wirklich gut an und ihm macht das Ganze nichts aus“, lobt Fotografin Martha die Lässigkeit des Vierbeiners. Bei ihrer Schwester besteht hingegen öfters mal Diskussionsbedarf. „Jessica ist sehr perfektionistisch“, erklärt die 29-Jährige. Sie wünscht sich, dass immer alles so aussieht, wie sie es sich vorstellt. Während des Fotografierens prüfen Martha und Jessica deshalb ständig, ob die Posen auch gut rüberkommen und welche Detailaufnahmen man noch machen könnte.

Und diese Sorgfalt zahlt sich aus: Ihren Blog besuchten bis heute 225828 Personen. Um auf sich aufmerksam zu machen und bei der Flut an Beiträgen im Weltnetz im Gedächtnis ihrer Abonennten zu bleiben, nutzen sie auch zusätzliche Kommunikationskanäle wie etwa „Instagram“. Bei diesem kostenlosen Online-Dienst zum Teilen von Fotos und Videos haben die beiden zusammen gut 5000 Nutzer, die sie ohne großen Aufwand auf dem Laufenden halten können. Denn auf dem eigentlichen Blog wird die gezeigte Kleiderkombination noch mit einem selbst verfassten Text auf deutsch und englisch näher beschrieben. Dort geht ein Beitrag auch erst online, wenn beide ihn abgenickt haben. Neben Kleidern verfassen sie auch eigene Beiträge zu Accessoires wie beispielsweise ihrem liebsten Schmuckwerk: Uhren. Jede Woche tauschen die beiden ihre Zeitmesser untereinander aus.

Und dort hört die Schwesterliebe noch lange nicht auf. Denn es gibt eine Besonderheit, um die sie viele weibliche Geschwisterpaare wohl sehr beneiden werden: Martha und Jessica haben dieselbe Konfektions- und Schuhgröße. Das heißt, die begehrteste Boutique für sie ist der Kleiderschrank der anderen. Wobei die Hosen der großgewachsenen Jessica manchmal etwas zu lang für ihre Schwester sind. Nichtsdestotrotz wird das Budget für Klamotten dadurch erfreulicherweise geschont, weil nichts doppelt gekauft wird, meint Martha. Beim Stöbern in den Läden stellen sie sich auch immer die Frage, ob das Kleidungsstück auch der Schwester gefallen würde. Man könnte meinen, die Kleiderschränke der beiden quellen über, zumal sie „gerne sammeln und nur ungern etwas wegwerfen“, wie sie selbst zugeben. Aber sie sind alles andere als kaufsüchtige Modepüppchen. Im Gegenteil: Sie lassen schätzungsweise nur rund 100 Euro pro Monat für Kleidung. „Ich gebe wahrscheinlich monatlich mehr Geld aus, um Essen zu gehen“, schmunzelt Martha und fügt hinzu: „Wenn wir zu viele schöne Sachen sehen, können wir uns manchmal nicht entscheiden und kaufen am Ende auch mal überhaupt nichts.“

Dies ist genau das, was einen guten Modeblogger ausmacht: Nicht die Menge an Kleidung, die einem zur Verfügung steht ist das Geheimnis für den Erfolg, sondern wie man aus einem bestimmten Kontingent an Klamotten durch Kombinationen immer neue und aufregende Outfits kreieren kann. Und das muss alles andere als teuer sein. „Wir sind unglaubliche Schnäppchenjäger“, erklärt Martha. Hier zahlt sich Jessicas textiler Mut besonders aus, denn gerade die etwas ausgefalleneren Stücke bleiben meist in den Läden liegen und warten dann darauf von ihr im Schlussverkauf entdeckt zu werden. Außerdem legen die Schwestern keinen großen Wert auf teure Marken. Es kommt durchaus vor, dass ihre Kombinationen auch Textilien vom Discounter enthalten. Weniger der Name als vielmehr die Optik zählt für die beiden. Auch wenn Markenfirmen ihnen ihre Produkte anbieten, damit sie sie auf ihrem Blog vorstellen. Sie gehen nicht jede Kooperation ein, sondern suchen sich das aus, wovon sie selbst überzeugt sind.

Und insgeheim hat jede von ihnen auch noch ihren eigenen kleinen Modetraum: Martha schwärmt neben der Mode der 60er Jahre und allem, was zum „Pariser Chic“ zählt, für den Trenchcoat Klassiker aus dem Hause Burberry. Jessicas Favorit sind zeitlose schwarze Pumps des französischen Designers Christian Louboutin, auch wenn daran zu Jane Austens Zeiten – Jessicas liebster Epoche – noch nicht zu denken war. Aber das ist ja das Gute an der Mode: Sie wandelt sich und lässt einem jegliche Freiräume, sich mit ihrer Hilfe nach Lust und Laune auszuleben. Martha und Jessica sind der Beweis, dass das, was man mit Freude und Leidenschaft macht, auch erfolgreich ist: 700 Nutzer haben ihren Blog abonniert, im Monat rufen ihn etwa 5000 bis 6000 Leute auf. Auf dem sozialen Netzwerk „Pinterest“ wurden sie einmal zum erfolgreichsten Modeblog in Deutschland gewählt. mes


Knöllchen für den Brandschutz

$
0
0

Spitalhof muss für den Katastrophenfall frei von parkenden Autos gehalten werden

ROTHENBURG – „Wir wollen die Leute nicht abzocken, sondern möchten erreichen, dass die Fläche wirklich frei gehalten wird für den Notfall,“ betont Roland Pfaffelhuber. Der Chef des städtischen Ordnungsamts nimmt Stellung zum Ärger etlicher Veranstaltungsteilnehmer über kostenpflichtige Verwarnungen an der Windschutzscheibe ihrer im Spitalhof abgestellten Fahrzeuge.

Dort gilt, abgesehen von ganz wenigen markierten Parkplätzen, absolutes Halteverbot im gesamten Bereich. „Wir brauchen für den Fall der Fälle, der hoffentlich nie eintritt, aber mit dem man vorsichtshalber immer rechnen muss, riesengroße Aufstellflächen für Feuerwehr, Rettungswagen, Polizei und so weiter,“ begründet er die strikte Regelung. Vor allem für ihre Leiter braucht die Feuerwehr viel Platz. Die müsste eventuell aufgefahren werden, um im Brandfall Menschen aus den Gebäuden dort zu retten.

Hinter der Spitalkirche: Nur auf dem markierten Bereich darf geparkt werden. Fotos: Weber

Hinter der Spitalkirche: Nur auf dem markierten Bereich darf geparkt werden. Fotos: Weber

Mit dem Seniorenwohnen Bürgerheim, mit der zur Jugendherberge Rossmühle gehörenden Jugendherberge Spitalhof und mit dem künftigen Schülerwohnheim gibt es dabei drei Problembereiche, die eine solche Aktion, bei der gefährdete Menschen mit dem Korb aus dem Gefahrenbereich herausgeholt werden müssten, jederzeit erforderlich machen könnten. Darauf stellt man sich am besten vorher ein und schafft die Voraussetzungen dafür.

Vor Monaten hat es vor diesem Hintergrund einen Brandschutztermin im Spitalhof gegeben. Feuerwehr und Ordnungsamt waren mit von der Partie. Dabei sind die Beteiligten übereingekommen, dass es im Not- und Katastrophenfall mit einer Rettungsgasse im Spitalhof nicht getan ist, sondern dass dafür große Flächen freizuhalten sind.

Ordnungsamtschef Roland Pfaffelhuber sieht sich in diesem Punkt gefordert. Denn bisher schon gilt im Spitalhof, bis auf wenige Ausnahmen in markierten Bereichen, das absolute Halteverbote. Immer wieder wird dieser gepflasterte Abschnitt zwischen den großen Gebäuden aber zugeparkt. Vor allem bei Veranstaltungen gäbe es für Polizei sowie Rettungs- und Hilfsdienste fast kein Durchkommen.

Um das Halteverbot durchzusetzen wird von den vier Halbtagskräften der städtischen Parküberwachung zu allen möglichen und unmöglichen Zeiten „sehr stark“ kontrolliert, auch spät abends und an den Wochenenden. Folge: Es hagelte – per Zettel unterm Scheibenwischer – richtiggehend kostenpflichtige Verwarnungen. Mancher Autofahrer reagiert erbost, vermutet dahinter gar eine gezielte Aktion gegen Einheimische, weil Auswärtige oder Touristen davon weniger betroffen sind. „Aber die meisten reagieren mit Verständnis, wenn wir erklären, worum es geht,“ berichtet der Leiter des Ordnungsamtes.

Er glaubt festzustellen, dass die Regelung inzwischen schon besser beachtet wird. Vor den Toren, durch das Türchen in der Stadtmauer leicht zu erreichen, liegt der große Spitaltor-Parkplatz. Auch Beschäftigte aus dem Spitalbereich parken ihre Autos längst dort. „Das hat sich gut eingespielt.“ Für Friseure, Physiotherapeuten und Co. erteilt die Stadt Ausnahmegenehmigungen. Seit 9. Dezember 2015 dürfen Leute, die im Seniorenheim vorbeischauen, ihr Fahrzeug zwischen 9 und 18 Uhr zwei Stunden lang parken. Fürs Zusteigenlassen oder fürs Bringen der Senioren bleibt mehr Zeit und Raum. Ein Schwerbehinderten-Parkplatz kommt hinzu. -ww-

Jetzt in die weiteren Runden

$
0
0

Das Prozedere der Beiratswahlen nimmt noch Fahrt auf – Jugendgremium: noch acht Plätze zu vergeben

ROTHENBURG – Nach dem Auftakt mit dem Inklusionsbeirat am vergangenen Mittwoch geht es diesen Samstag mit dem Migrationsbeirat in die zweite Runde bei den konstituierenden Versammlungen der neuen Mitbestimmungsorgane in der Stadt. Regionales Fernsehen und regionaler Rundfunk haben ihr Interesse angekündigt.

Im Vorfeld kündigt sich eine riesengroße Beteiligung an. Aber maximal 20 Plätze stehen zur Verfügung. Angesichts des zu erwartenden Andrangs dürfte das nicht ausreichen, um jede Bewerberin und jeden Bewerber in das Gremium aufnehmen zu können.

Irmgard Fischer vom Bereich Soziales der Stadtverwaltung ist für die Organisation und Koordination der Beiratswahlen zuständig. Sie und auch Oberrechtsrat Michael Sommerkorn, Pressesprecher der Stadt, machen vorsorglich darauf aufmerksam, dass sich keinesfalls ausgeschlossen fühlen muss, wer bei den Wahlen nicht den Sprung in den Migrationsbeirat schafft.

Auch ohne den offiziellen Sitz in dem Gremium gibt es viele Möglichkeiten der Mitarbeit und damit auch Gelegenheiten, sich schon einmal für den ab 2018 folgenden, neuen Migrationsbeirat zu qualifizieren, wie sie betonen. Die Mitbestimmungsorgane werden immer auf zwei Jahre Dauer gewählt.

Volles Haus bei der Stadtratsentscheidung für die Beiräte im Oktober 2015. Foto: Weber

Volles Haus bei der Stadtratsentscheidung für die Beiräte im Oktober 2015. Foto: Weber

Nach der Premiere bei der Bürgerversammlung kommt bei den Beiratswahlen betont der Neubau der Topplerschule als städtischer Versammlungsraum für einen größeren öffentlichen Kreis zu Ehren. Der Inklusionsbeirat bildete sich in der dortigen Mensa. Die konstituierende Versammlung für den Migrationsbeirat diesen Samstag findet in der Aula dort statt und beginnt um 18 Uhr. Runde drei und vier der Beiratswahlen finden am kommenden Mittwoch statt. Ab 14.30 Uhr geht es in der Mensa des Topplerschul-Neubaus um die Zusammensetzung des Seniorenbeirats und ab 18 Uhr um die Zusammensetzung des Jugendbeirats.

Bei der Versammlung sollen acht Mitglieder des künftigen Jugendbeirates und möglichst ebenso viele Ersatzmitglieder gewählt werden. Bevor diese Wahl durchgeführt wird, werden der Versammlung erst einmal diejenigen Mitglieder vorgestellt, die bereits an den Schulen gewählt wurden. In der Berufsschule wurden Mike Schmidt und Lara Wagner gewählt, das Förderzentrum entsendet Lena May und Alina Kornfeld, aus der Montessori-Schule gehören Tamina Becker und Tom Czernicky dem Gremium an, aus der Oskar-von-Miller-Realschule sind es Sara Güngör und Max Pfaffelhuber, aus dem Reichsstadt-Gymnasium Theresa Strobl und Philipp Breiter und aus der Mittelschule Filip Jerzinski und Dominik Lange.

Ersatzmitglieder sind Justin Hofmann und Lisa Wagner (Förderzentrum), Korvin Albers und Sebastian Klein (Montessori-Schule), Isabel Lange und Katja Schiefer (Oskar-von Miller-Realschule), Larissa Friedsmann und Elif Tuc (Reichsstadt-Gymnasium) sowie Aleyna Karabulut und Nathalie Korn (Valentin-Ickelsamer-Mittelschule).

Zur Vorbereitung der Wahl und der dazu erforderlichen Stimmzettel benötigt Walter Nees von der Stadtjugendpflege die Anmeldung der Kandidaten einige Tage vor der Versammlung. Kandidieren können Jugendliche und junge Erwachsene im Alter von 14 bis 25 Jahren. Auch Jugendliche, die bereits an einer Schule kandidiert hatten und nicht gewählt wurden, können sich hier noch einmal zur Wahl stellen. Ebenso können sich Jugendliche an dieser Wahl beteiligen und wählen, die dies bereits an einer Schule getan haben, betont Stadtjugendpfleger Walter Nees. -ww-

Wider das Kirchturmdenken

$
0
0

Oberbürgermeister Walter Hartl ruft beim Neujahrsempfang zur Zusammenarbeit auf

ROTHENBURG – Den Neujahrs-empfang der Stadt Rothenburg am Freitagabend im Rathaus hat Oberbürgermeister Walter Hartl genutzt, um auf ein „gutes vergangenes Jahr“ zurückzublicken, sich bei allen Unterstützern zu bedanken und zur Zusammenarbeit über Gemeindegrenzen hinweg aufzurufen.

Als positives Beispiel hob er vor geladenen Gästen aus Politik, Wirtschaft, Verwaltung, Schule, Kirche und ehrenamtlichen Organisationen die Lokale Aktionsgruppe „Integrierte Ländliche Entwicklungsregion Rothenburg“ als Zusammenschluss von 19 Städten und Gemeinden hervor. Außerdem stellte er die von der Industrie- und Handelskammer (IHK) Nürnberg geleitete Regionalkonferenz zum Thema „Raum mit besonderen Handlungsbedarf“ heraus. Die aus Vertretern von Politik und Wirtschaft zusammengesetzte Runde aus Westmittelfranken erarbeitet einen 10-Punkte-Plan und eine Handlungsstrategie und überreicht das Ergebnis baldmöglichst an die Staatsregierung.

Beim Empfang: Im Foyer des Sitzungssaals sind die geladenen Gäste versammelt.Fotos: Weber

Beim Empfang: Im Foyer des Sitzungssaals sind die geladenen Gäste versammelt. Fotos: Weber

Namentlich Karin Bucher, der Geschäftsführerin der IHK in Westmittelfranken, und Dr. Gerhard Walther, dem Vorsitzenden des IHK-Gremiums Rothenburg, die unter den Gästen beim traditionellen Empfang nach den Feiertagen im Rathaus waren, dankte er für ihren Einsatz. Beide hätten mit ihrem Engagement auch dazu beigetragen, dass in der Tauberstadt ein Campus der Hochschule Ansbach angesiedelt werden kann, unterstrich Hartl in seiner Rede. Ihnen und allen anderen Vertretern aus Politik, Wirtschaft, Verbänden und Organisationen gelte deshalb bei diesem für die Stadt und die gesamte Region so wichtigen Projekt sein besonderer Dank.

Neben der Zusage in Sachen Campus habe ihn im vergangenen Jahr besonders die Mitteilung der Regierung von Mittelfranken gefreut, dass für die geplante Entlastungsstraße zwischen dem Autobahnzubringer und der Erlbacher Straße grundsätzliche Förderfähigkeit besteht. Dafür sprach der Oberbürgermeister dem Regierungspräsidenten Dr. Thomas Bauer, der es sich nicht hatte nehmen lassen, zum Empfang nach Rothenburg zu kommen, seinen „herzlichen Dank“ aus. Mit dieser Nachricht könne die Stadt weiterplanen und nun auch die Vermarktung des neuen Gewerbegebiets vorbereiten.

Neben der Mehrzweckhalle gehe es bei der Sanierung des Spitalgebäudes und dessen Umbau zum Schülerwohnheim voran. Bezogen und Bereiche des Wohlfühlens seien inzwischen die Kindertagesstätte und der Neu- und Erweiterungsbau der Topplerschule. Wichtig nannte er die Entscheidung, die Stadtwerke Heidenheim mit der Geschäftsführung der Stadtwerke Rothenburg zu beauftragen: „Ich bin mir sicher, dass wir von diesem professionellen Management profitieren und die Zukunftsfähigkeit unserer Stadtwerke damit deutlich stärken konnten.“

Als kleinen Wermutstropfen in seiner 2015er Statistik bezeichnet er die geringer als erwarteten Gewerbesteuer-Einnahmen der Stadt. Das sei allerdings unter dem Strich nicht so negativ wie es auf den ersten Blick wirke. Die Firmen hätten schließlich groß investiert und auf diesem Weg dazu beigetragen, den Standort zu sichern und die Wettbewerbsfähigkeit zu steigern.

Als erfreuliche Ereignisse verbuchte das Stadtoberhaupt außerdem zwei Punkte: Dem Arbeitskreis „Ort der Vielfalt“ ist mit der Verleihung des Mittelfränkischen Integrationspreises eine besondere Auszeichnung zuteil geworden und das Historische Festspiel „Der Meistertrunk“ wurde in das Bayerische Landesverzeichnis für das immaterielle Kulturerbe der Unesco aufgenommen.

Auf ein gutes Jahr 2016: Der OB prostet darauf mit seinen beiden Stellvertretern und den Gästen.

Auf ein gutes Jahr 2016: Der OB prostet darauf mit seinen beiden Stellvertretern und den Gästen.

Der Oberbürgermeister betonte: „Ich denke, gerade in der heutigen Zeit ist es wichtig, dass wir uns als eine Stadt verstehen, in der ein offenes Klima herrscht und wir Menschen, die aus anderen Kulturkreisen stammen, positiv begegnen und ihnen damit auch die Möglichkeit zur Integration bieten. Wenngleich ich mit Blick auf die Ereignisse in Köln und andernorts an Silvester auch feststellen möchte: Wer bei uns Schutz sucht, muss seinerseits auch zur Integration bereit sein und unserer Werte respektieren.“

An der Tür zum Foyer des Sitzungssaals hatte der Oberbürgermeister zusammen mit seinen beiden Stellvertretern Kurt Förster und Dieter Kölle jeden eintreffenden Gast per Händedruck begrüßt und mit seinen guten Wünschen für das neue Jahr bedacht. Rund 200 Frauen, Männer und Jugendliche waren eingeladen. Nicht alle kamen. Der Wintereinbruch am Spätnachmittag vor dem Empfang mit Schneefall bis in die späteren Stunden hatte wohl, so die Vermutung des Gastgebers, mancher und manchem die Fahrt nach Rothenburg an diesem Abend nicht ratsam erscheinen lassen und sie oder er entschied sich kurzfristig, das Auto lieber in der Garage zu lassen.

Als Bürgermeister der umliegenden Gemeinden zeigten sich Rudolf Glas aus Neusitz, Johannes Hellenschmidt aus Ohrenbach, Hans Beier aus Steinsfeld, Peter Köhnlechner aus Insingen und Gerd Rößler aus Gebsattel. Den Landkreis Ansbach vertrat stellvertretender Landrat Stefan Horndasch. Neben Altoberbürgermeister Herbert Hachtel und seiner Frau Anni wurden auch Horst Leitner, Leiter der AOK Mittelfranken, und Bezirksrat Herbert Lindörfer aus Feuchtwangen, Vorsitzender der LAG „Region an der Romantischen Straße“ und Vertreter von Bezirkstagspräsident Richard Bartsch, persönlich begrüßt.

Wie in jedem Jahr bei dieser Gelegenheit, nahm der Oberbürgermeister den Neujahrsempfang zum Anlass, sich für den Einsatz zu bedanken, den Einzelne oder Gruppen ehrenamtlich erbringen. Delegationen der Vereinigungen und Organisationen waren eingeladen und hörten diese Würdigung im großen und offiziellen Kreis auch gerne. Einige Frauen und Männer wurden vom Stadtoberhaupt nach vorne gerufen und namentlich geehrt. Darüber berichten wir noch.

Lea Geißendörfer, Max Keitel und Daniel Block eröffneten als Bläsertrio der städtischen Musikschule mit einem Fanfarenstoß den offiziellen Teil des Empfangs und sorgten darüberhinaus für den passenden musikalischen Rahmen der Veranstaltung. Der Oberbürgermeister erhob mit seinen beiden Stellvertretern das Sektglas und den Gästen auf ein „hoffentlich glückliches, gesundes und gesundes Jahr 2016“.

Im Sitzungssaal war für die Teilnehmer des Empfangs schmackhaftes warmes Büfett vom „Ochsen“ aufgebaut, das mit seinem aromatischen Duft bis weit hinein in das Foyer Appetit machte und das verschiedene delikate Varianten bereithielt. Mitarbeiterinnen aus dem Vorzimmer des Oberbürgermeisters übernahmen die Ausgabe. Als Getränke wurde von städtischen Mitarbeitern an der Schankstation beim Zugang zum Trauzimmer roter und weißer Rothenburger Wein von der „Glocke“ angeboten, regionales Bier und natürlich auch Mineralwasser.

Viele Teilnehmer des Empfangs nutzten gerne die Gelegenheit, miteinander ins Gespräch zu kommen, bestehende Kontakte zu pflegen oder neue zu knüpfen. Körbchen am Ausgang luden die Gäste am Ende dazu ein, sich mit einer Spende zugunsten des Schüler-Coachings für Speis und Trank erkenntlich zu zeigen. -ww-

Mit Engagement und Fördererseele

$
0
0

Stadt ehrte beim Empfang im Rathaus Persönlichkeiten für ihren Einsatz im Dienst der Gemeinschaft

ROTHENBURG – Eine besondere Freude und ein großes Anliegen war es für Oberbürgermeister Walter Hartl beim zurückliegenden Neujahrsempfang (wir berichteten), sechs Persönlichkeiten für ihr außergewöhnliches Engagement und für ihr großzügiges finanzielles Unterstützen der Stadt zu ehren. Die Palette reichte vom Feuerwehrmann mit Leitungsfunktion bis hin zur Förderin, die einen sechsstelligen Betrag gibt und damit die gründliche Erneuerung des Musiksaal-Innenlebens ermöglicht.

Erinnerungsbild mit Geehrten: Die Verdienten umrahmt von OB Hartl und seinen Stellvertretern Kölle und Förster. Foto: Weber

Erinnerungsbild mit Geehrten: Die Verdienten umrahmt von OB Hartl und seinen Stellvertretern Kölle und Förster. Foto: Weber

Dieter Gillig habe 18 Jahre lang als Kommandant der Freiwilligen Feuerwehr Leuzenbronn nicht nur seine Freizeit geopfert, sondern wie die vielen aktiven Mitglieder der Feuerwehr bei zahlreichen Einsätzen auch die Gesundheit riskiert, um anderen zu helfen, sagte das Stadtoberhaupt bei seiner Laudatio: „Als Kommandant hat man nicht nur eine Vorbildfunktion, sondern muss auch das richtige Gespür im Umgang mit seiner Mannschaft aufbringen. Nur dann entstehen Kameradschaft und das gegenseitige Vertrauen, das gerade bei Feuerwehreinsätzen von zentraler Bedeutung ist. Dies sei Dieter Gillig hervorragend gelungen. Dafür gebühre ihm unser Dank.

Mit Peter Schüler wurde ein früherer Aktiver und Nachwuchstrainer geehrt, der schon seit 1958 Mitglied im TSV 2000 Rothenburg und seinem Vorläufer ASV ist. Er habe den Rothenburger Fußball über die Jahrzehnte hinweg mitgeprägt. Als aktiver Spieler, so sei ihm gesagt worden, sei er technisch ungemein versiert gewesen. Peter Schüler sei jetzt aber vor allem dafür zu danken, dass er sich nach seiner aktiven Laufbahn mit großem Engagement um die Fußballjugend gekümmert habe und weiter kümmert. Dies zudem mit Erfolg. So hätten sich die U-19-Mannschaften bis in die Bezirksoberliga gespielt. Als Übungsleiter der A-Jugend sei er ein Vorbild für langjähriges ehrenamtliches Engagement.

Logistische Herausforderung

Damit leitete der Oberbürgermeister bei der Ehrung zur Wanderabteilung des TSV Rothenburg, zu Jochen Messerschmidt und dessen Team über, für das Helmut Busch mitgekommen war ins Rathaus: „Die jährlichen Wandertage wären für sich alleine schon erwähnenswert. Zigtausende Teilnehmer und Teilnehmerinnen aus nah und fern haben sich über die Jahre hinweg auf diesen Wanderrouten nicht nur die Altstadt Rothenburgs, sondern auch das reizvolle Umland unserer Stadt erschlossen. Die Vorbereitung und Durchführung dieser Wochenenden ist eine logistische Herausforderung.“ Auf eines könnten Jochen Messerschmidt und sein Team besonders stolz sein: Der permanente Wanderweg Altstadtblick sei in der Kategorie Land und Natur vom offiziellen Organ des Deutschen Volkssportverbandes, dem DVV-Kurier, als der Beste in der Bundesrepublik und damit mit Platz 1 ausgezeichnet. Dazu sprach das Stadtoberhaupt seinen herzlichen Glückwunsch aus.

Es folgte die Ehrung eines ganz anderen Lebenswerkes. Bei einer Urlaubsreise durch Mittelamerika habe Wolfgang Löschel zufällig erste Kontakte zu Bildungseinrichtungen in Nicaragua knüpfen können. Er habe die für uns unvorstellbar schlechten Bedingungen in den dortigen Schulen und Kindergärten gesehen und gründete, um Hilfe leisten zu können, 1993 den Verein Masaya. Den Kindern wurde nicht nur Unterrichtsmaterial zur Verfügung gestellt. Es wurden hygienische Sanitäranlagen gebaut und wegen der früher einseitigen Ernährung eine Kinderspeisung für immerhin täglich 500 Kinder täglich eingerichtet.

Mittlerweile habe der Staat seine Verpflichtung den Kindern gegenüber erkannt, so dass die Unterstützung durch den Verein immer weniger benötigt wird. Aufgrund dieser neuen Situation wurde in der letzten Jahreshauptversammlung beschlossen, den Verein zum Ende Mai dieses Jahres aufzulösen. „Sie haben nicht nur die Lebens- und Bildungsbedingungen dieser Kinder in Nicaragua verbessert. Sie waren auch ein humanitärer Botschafter unserer Stadt. Hierfür auch von unserer Seite herzlichen Dank,“ sagte der Oberbürgermeister. An der Seite von Wolfgang Löschel war seine Frau Ursula als wichtige Begleiterin und Unterstützerin mit ins Rathaus gekommen.

Auch der nächste Geehrte entstammt dem Bereich Bildung. Dr. Andreas Pauldrach war über Jahre hinweg Leiter des ehemaligen Goethe-Ins­tituts in Rothenburg. Ihm sei Bildung immer noch ein großes Anliegen. Gerade wenn es darum gehe, die Startbedingungen junger Menschen zu verbessern. Obwohl er nicht in Rothenburg, sondern in Burgbernheim lebt, sei es durch sein Mitwirken und Engagement möglich gewesen, an der hiesigen Mittelschule das Schüler-Coaching zu etablieren: „Bereits in den Sommerferien konnten zehn Tandems, das sind jeweils ein Schüler und ein Coach, ihre Tätigkeit aufnehmen. Die ehrenamtlichen Lernbegleiter betreuen die jungen Menschen in der Regel über 2 bis 3 Jahre hinweg. Wie die Erfahrung andernorts zeigt, hat diese Begleitung die erwartet positive Auswirkung auf den Schulerfolg und den Übergang der Jugendlichen in Ausbildung und Beruf.“

Gerade aufgrund seiner Erfahrungen dem Schülercoaching in Burgbernheim und Bad Windsheim seien die von Dr. Pauldrach moderierten ­Teamsitzungen ein großer Gewinn für sämtliche Teilnehmer und Teilnehmerinnen. Dafür und für sein Engagement sprach ihm der Oberbürgermeister stellvertretend für das ganze Team seinen herzlichen Dank aus.

„Viele werden staunen“

Die Verbeugung vor einer großen Förderin stand, als krönender Abschluss, am Ende der Ehrungszeremonie beim Empfang. Ingrid Ehmann war es ein großes Anliegen, die in die Jahre gekommene Bestuhlung unseres Musiksaales zu erneuern: „Als sie davon hörte, dass die Stadt ohnehin plant, den Musiksaal zu sanieren, nahm sie dies zum Anlass, die kompletten Sanierungskosten zu übernehmen. Es handelt sich dabei immerhin um einen 6-stelligen Betrag. In den ganzen Gesprächen war es ihr wichtig, auf eine qualitätsvolle Ausstattung zu achten. Ich bin mir sicher, bei der Einweihung des Musiksaales Mitte März werden viele über sein neues Ambiente erstaunt sein.“

Die eigentliche Würdigung ihrer großzügigen Spende werde bei der Einweihung des Musiksaales am 12. März vorgenommen. Dennoch erlaube er sich anlässlich unseres Neu­jahrs­empfanges ihr bereits unseren ersten Dank auszusprechen: „Über so großzügige Spender und Spenderinnen wie sie freut sich jede Stadt.“-ww-

Ein Juwel für die große Bühne

$
0
0

Echtes Studententheater im Wildbad mit Franz Bühlers „Sein letzter Rausch“

ROTHENBURG – Es ist ein Volkstheater der Extraklasse: „Sein letzter Rausch“, eine treffliche Posse mit Gesang, komponiert vom Mozart-Zeitgenossen und Benediktinermönch Franz Bühler (1760 bis 1823), und mit größtmöglicher Authentizität im Theatersaal des Rothenburger Wildbades aufgeführt.

Der Aufführung vorausgegangen war der Fund eines umfangreichen kirchenmusikalischen Notenbestandes von Franz Bühler in der katholischen Kirche in Schillingsfürst. Das Ensemble, das sich an Bühlers Bühnenwerk wagte, besteht aus Studierenden der Pädagogischen Hochschule Schwäbisch Gmünd, die alle ein Lehramtsstudium absolvieren. Sie musizieren und singen ohne technische Unterstützung, ganz wie zu Bühlers Zeiten.

„Gänsehüten will ich nicht“: Oculi (Mitte) bekommt zum Glück Unterstützung vom echten Baron.    Fotos: Schwandt

„Gänsehüten will ich nicht“: Oculi (Mitte) bekommt zum Glück Unterstützung vom echten Baron. Fotos: Schwandt

1804 zur Fastnacht wurde „Sein letzter Rausch“ nachweislich mit Studenten der Klosterschule Ursberg auf die Bühne gebracht – mit riesigem Erfolg, wie das Klostertagebuch berichtet. „Man muss staunen, wozu die jungen Klosterschüler um 1800 in der Lage waren“, so Professor Hermann Ullrich, dem es gelungen ist, seine Studierenden für Franz Bühler und „den Rausch“ zu begeistern. Die Notenseiten und der dazu gehörige Text sind authentisch und wurden im Kloster Ursberg aufgefunden. Es begann eine mühsame Suche nach dem Handlungsgerüst. In seinem Werk „Der Trunkenbold“ hat August von Kotzebue exakt die Handlung verarbeitet. Doch dann die eigentliche Sensation: Beda Mayr, ebenfalls Benediktinermönch, hat wohl den Text verfasst, einige Jahre vor Kotzebue. Er lebte – wie sein musikalischer Mitbruder Franz Bühler in dem kunst-, theater- und musikbegeisterten Benediktinerkloster „Heilig Kreuz“ in Donauwörth.

Der leidenschaftlichen Umsetzung des Stoffes im Wildbad zollt das Publikum immer wieder spontanen Szenenapplaus, denn die jungen Akteure erfüllten ihre Rollen mit herzerfrischender Natürlichkeit. Die beiden Protagonisten Urschel (Hanna Peth) und Rochus (Jens Schauz) leben im Vorderen Ries und „schwätzat schwäbisch“, sie ist als Kratzbürste bekannt, die mit ihrer Karbatsch (Peitsche) ihren Ehemann Rochus züchtigt, wenn er mal wieder über den Durst trinkt.

Oculi, der 10-jährige Sohn der beiden, leidet unter der Situation: „Mit dem Vater darf ich nicht, noch der Mutter vors Gesicht oder es gibt Schläge.“ Es ist ein zauberhaftes Quartett, das Oculi (Franzi Mutschler), gemeinsam mit Georg (Jasmin Wieder), Michel (Kerstin Lonsinger) und Lisette (Sarah Frey) singt – korrespondierend dazu ertönt ein Solohorn, meisterlich gespielt von Benedikt Sachsenmaier. Mit von der Partie ist der Schankwirt Martin Fass (Simon Popp), der in Rochus seine sicherste Geldquelle sieht. Eigentlich soll Rochus „a greana Soifa“ auf dem Markt kaufen, doch er betrinkt sich lieber bis zur Bewusstlosigkeit. Durch eine List landet er im Schlafgemach des Barons – liebliche Harfenmusik (Miriam Engel) ertönt. Die Diener, der Jagdjunker (Frederic Ackermann) und „ein Doctor Medicinae“ (Matthias Friedl) begutachten ihn, versichern ihm, er sei „Ihro Gnaden“.

Studententheater in prachtvoller Kulisse: Die Schauspieler auf Tuchfühlung mit Publikum.

Studententheater in prachtvoller Kulisse: Die Schauspieler auf Tuchfühlung mit Publikum.

Charmant und mit glockenheller Stimme verführt ihn das Landmädchen Lisette (Sarah Frey) zum Trinken, bewegt sich dabei in äußerst exponierten Lagen: „Ich bin ein Mädchen flink und rund, wie’s Gottes liebe Hand gemacht“. Völlig betrunken landet Rochus unter dem Tisch und schläft ein. Rochus wollte die drei Höflinge hängen – jetzt knüpfen sie ihn am Galgen auf, holen seine kratzbürstige Urschel und seinen Sohn Oculi. Entsetzt blicken beide auf zum Galgen, beklagen das vermeintliche Ableben des Ehemanns und Vaters. Rochus erwacht aus seinem Delirium, entdeckt Frau und Sohn, gelobt Besserung. Die Familie findet sich, der echte Baron (Stefan Finta) kümmert sich um Oculis Fortkommen.

Insgesamt zwanzig Musikstücke in Form von Arien, Duetten, Rundgesängen, Natur- und Instrumentalmusiken, in denen neben den Streichern virtuos geführte Querflöten, Oboen und Hörner das Kolorit bestimmen, hat Bühler in seiner Komödie eingebaut, richtige Ohrwürmer sind dabei, und die Studierenden erarbeiteten diese vortrefflich. Unterhaltsam sind die Finessen der Choreo­grafie, an historischen Vorbildern orientiert die Kostüme, die Maja Negraschis entworfen hat.

Solveig Lübbe dirigiert das junge, dynamische Orchester. Sie meistert die räumlichen Herausforderungen hervorragend – schließlich sitzen die Musiker unten links neben der Bühne und es bedarf größter Aufmerksamkeit der Akteure, Musik und Theater zu koordinieren. Schüler aus den Berufsintegrationsklassen der örtlichen Berufsschule, die in der Gipsmühle nahe dem Wildbad wohnen, unterstützten die Gmünder zuverlässig beim jeweiligen Umbau des Bühnenbildes sowie beim Auf- und Abbau in ihrer Freizeit und am Wochenende. Einer der afrikanischen Jungen war von der Musik besonders begeistert, so sehr, dass er auf Professor Hermann Ullrich zuging und ihm erklärte, dass er Musiker werden möchte. Dieser zögerte nicht lange und meinte: „Mach dazu den ersten Schritt und setz dich einfach mitten ins Orchester.“

Doch nicht nur den Akteuren gebührt der Dank, auch dem Organisationsteam im Wildbad, allen voran Pfarrer Herbert Dersch, der unkompliziert und offen auf die Vorstellungen des Ensembles einging und echtes Studententheater ermöglichte, wie es in vielen Klöstern der Barockzeit im Fasching und zum Schuljahresende praktiziert wurde. Die Studenten haben, gemeinsam mit ihrem Projektleiter Professor Hermann Ullrich, Franz Bühler für sich entdeckt, einen „kirchlichen Mozart“ des südlichen deutschen Sprachraumes, und einen Schatz aus seinem umfangreichen Werk im Wildbad einem großen Publikum vorgestellt. Und wer weiß, vielleicht entdeckt ja auch eine große Bühne dieses Juwel und bringt es zur Aufführung. Dann ist Bühler wieder – wie schon zu Lebzeiten – in aller Munde. sw

Besser rechtzeitig

$
0
0

SPD mit Vortrag von Notar Holger Freitag zur Vorsorgevollmacht

ROTHENBURG – Große Aufmerksamkeit und vollbesetzter Saal bei der SPD: Mit dem Vortrag Vorsorgevollmacht von Notar Holger Freitag am Mittwochabend in der „Schranne“ hatten die Genossen auf das richtige Thema gesetzt, das ihnen einen kurzweiligen Abend mit viel interessiertem Publikum bescherte.

Was auch zeigen mag, dass sich das wohl keine oder keiner wünscht: durch Krankheit oder Unfall von heute auf morgen nicht mehr für sich selber entscheiden zu können, zum Betreuungsfall zu werden oder bei der Behandlung zum willenlosen Opfer der Gerätemedizin zu werden. Mit äußeren Umständen, die sie oder er bestimmt nicht gewählt haben wollte, wenn sie oder er dies an Ort und Stelle hätte äußern können. Aber viel zu oft wird zu wenig dafür getan, dass es dazu erst gar nicht kommen kann. Beziehungsweise, dass klar festgelegt ist, was in einem solchen Fall geschehen soll und gegebenenfalls wer in einem solchen Fall stellvertretend der Ansprechpartner ist, der den vorher klar geäußerten Willen durchsetzt.

Blick in einen Teil der gut gefüllten Reihen: Die SPD hatte an dem Abend auf das richtige Thema gesetzt.  Fotos: Weber

Blick in einen Teil der gut gefüllten Reihen: Die SPD hatte an dem Abend auf das richtige Thema gesetzt. Fotos: Weber

Notar Holger Freitag verstand es in seinem Vortrag ausgezeichnet, die Möglichkeiten aufzuzeigen, wie man sich für diesen Fall rechtlich niet- und nagelfest präparieren kann. Mit einer Vielzahl von plastischen Einzelbeispielen führte er die unterschiedlichen Situationen und Kons­tellationen vor Augen, die sich dabei ergeben könnten und die man bedenken sollte, wenn die vorab getroffenen Überlegungen und Abmachungen nicht zum eigenen Nachteil werden sollen.

Der Inhalt des Vortrags und damit die Erkenntnisse des Abends lassen sich auf drei wesentliche Punkte reduzieren: Es gibt zunächst die Form des Betreuungsverfahrens. Dabei kann der Betroffene selbst Einfluss auf die Wahl eines Betreuers und auch auf die Art und Weise der Betreuung nehmen. Der ernannte Betreuer unterliegt der Überwachung durch das Gericht. Eine Vorsorgevollmacht wird für den geschilderten Fall häufig errichtet. Dafür braucht es allerdings eine Person, zu der man wirklich uneingeschränktes Vertrauen hat. Der oder die Bevollmächtigte wird nämlich im Gegensatz zum Betreuungsverfahren nicht vom Betreuungsgericht überwacht und hat damit deutlich weitergehende Befugnisse, die er oder sie natürlich im Fall des Falles am Vollmachtgeber vorbei nutzen könnte.

Wie die medizinische Behandlung in bestimmten Situationen aussehen soll, kann in einer Patientenverfügung vorab festgelegt werden. Die Vorsorgevollmacht ersetzt nicht die Patientenverfügung. Sie bestimmt nur, wer entscheiden kann, nicht aber wie er zu entscheiden hat. In der Patientenverfügung wird diese Lücke geschlossen. Deshalb kommen beide Regelungen nicht selten kombiniert vor.

Eine Patientenverfügung ohne Vollmacht ist – zumindest für den medizinischen Bereich – wenig sinnvoll. Sie kann zwar durch den Betreuer umgesetzt werden. Dessen Bestellung nimmt aber, da es sich um ein gerichtliches Verfahren handelt, im Fall des Falles zu viel Zeit in Anspruch. Der in einer Patientenverfügung Bevollmächtigte kann dagegen sofort handeln.

Notar Holger Freitag bei seinem Vortrag.

Notar Holger Freitag bei seinem Vortrag.

Durchaus nicht unüblich ist es, alle drei Regelungen, also Betreuungsverfügung, Vorsorgevollmacht und Patientenverfügung in einer Urkunde zu vereinen. Die Betreuungsverfügung hätte in diesem Fall nur den vorsorglichen Zweck. Sie soll sicherstellen, immer nur die entsprechende Vertrauensperson für den Vollmachtgeber handeln kann, egal was kommt, und in jedem Fall ausgeschlossen ist, dass ein Fremder zum Betreuer bestellt wird. Auf diese Weise erhält man eine umfassende und einfach zu handhabende Urkunde.

Wichtig sei es in jedem Fall, rechtzeitig Vorsorge zu treffen, betonte Notar Freitag am Ende seines Vortrags noch einmal nachdrücklich. Viele vor allem jüngere Menschen schöben dieses Thema gern vor sich her. Ein Unfall kann aber jeden treffen und jeder Zeit und die Situation schaffen, für die dann keine Regelung getroffen sei.

Es sei allemal besser, eine Vorsorgevollmacht zu errichten, die gar nicht benötigt wird, als entscheidungsunfähig, ohne entsprechende Vorbereitung, getroffen zu werden und dann Dingen ausgeliefert zu sein, die man nicht haben möchte. Die Diskussion, die sich an den Vortrag anschloss, zeigte großes Interesse an den Details. Sie führte sogar bis tief hinein in den Pflegealltag im Krankenhaus. Stefan Reihs hatte die Veranstaltung als stellvertretender Ortsvorsitzender eröffnet und darauf hingewiesen, dass der Anstoß von Stadtratsfraktions-Vorsitzendem Dr. Günther Strobl gekommen sei. Er bedankte sich auch im Namen des Ortsvorsitzenden Günther Schuster beim Referenten. Es sei ihm überzeugend gelungen, Licht in das juristische Dunkel zu bringen, die Materie gut mit Beispielen zu erläutern und unterhaltsam zu präsentieren. -ww-

Wenn alles zusammenpasst

$
0
0

Ein „Sportfahrer“ auf der digitalen Überholspur

ROTHENBURG – „Die beste Kamera ist die, die man immer dabei hat“, findet Timo Gerlitz. In seinem Fall ist das nicht etwa eine sperrige Spiegelreflexkamera, sondern sein Smartphone. 1535 Fotos hat er damit schon geschossen, viele davon sind einzigartige Momentaufnahmen. Mit den Bildern bestückt er seine Seite auf der Foto-Plattform „Instagram“ im Internet, die schon 39800 Menschen abonniert haben. Besonders gerne setzt er dafür die familieneigenen Oldtimer in Szene.

Es hätte auch ganz anders kommen können: Das Internet ist voller Katzenbilder, Selbstporträts („Selfies“) und Fotos mal mehr und mal weniger appetitanregender Mahlzeiten. Doch die „Motorsport-Gene“ der Gerlitz-Männer setzten sich letztlich dann doch durch. „Die Autobilder gelangen mir einfach am besten“, erklärt Timo, der seit 2011 Fotos auf „Instagram“ veröffentlicht.

Mit einer Kuh auf dem Timmelsjoch.

Mit einer Kuh auf dem Timmelsjoch.

Anfangs hatte er lediglich 300 bis 400 Abonennten für seine Seite. Erst zum Jahreswechsel 2014 nahm das Interesse zu. So richtig durch die Decke gingen die Zahlen dann allerdings, als kurze Zeit später BMW eines seiner Fotos mit „gefällt mir“ markierte und es so seinen 4,7 Millionen Abonnenten vorstellte. Seine Fotos veröffentlicht er unter dem Namen „Sportfahrer“, eine Reminiszenz an die gleichnamige Autozeitschrift aus den 70er Jahren. Im Laufe der Zeit konnte Timo auch durch Schützenhilfe anderer in der Motorsport- und Oldtimerszene bekannten „Instagram“-Nutzer stattliche 39800 Abonnenten gewinnen.

Wobei der weit wichtigere Gradmesser für die Beliebtheit der Fotos für den 24-jährigen Rothenburger die Zahl der „gefällt mir“-Angaben für das jeweilige Foto ist. Sein erfolgreichstes Bild bekam 3500 solcher positiver Reaktionen, im Durchschnitt sind es meist um die 1300. Und dass man trotz der Anonymität des Internets dennoch zwischenmenschliche Gepflogenheiten hoch hält, beweist er ebenfalls. „Wenn sich jemand die Mühe macht mein Foto zu kommentieren, antworte ich ihm natürlich darauf“, versichert Timo.

Doch eine Unterstützung für die digitale Reichweite durch Dritte ist ja schön und gut. Letztlich kommt es aber vor allem auf eine Sache an: richtig gute Fotos. Und die hat der BWL-Student zweifellos. Er legt großen Wert darauf, dass sie mehr als nur gefällig sind, sondern auch eine künstlerische Komponente haben, etwa durch einen besonderen Hintergrund oder einen ungewöhnlicheren Winkel. Alle Fotos schießt er mit seinem iPhone und bearbeitet sie vor dem hochladen mit einem Filter, der die Farben ein wenig wärmer macht.

Als Statist vor Containern im Hamburger Hafen.

Als Statist vor Containern im Hamburger Hafen.

Aber nicht jedes Auto hat es verdient vom „Sportfahrer“ für ein Foto auserwählt zu werden. Es müssen schon Oldtimer sein, aus den 60er, 70er oder 80er Jahren. Die meisten Autos, die Timo ablichtet, sind also älter als er selbst. Dass dann ausgerechnet der Bayerische Autobauer auf ihn aufmerksam wurde, kommt nicht von ungefähr: Viele seiner Bilder zieren die fünf Familien-Oldtimer – aus dem Hause BMW und Porsche –, die auch jeden Sommer ausgiebig bewegt werden. Darunter befindet sich auch ein BMW Alpina, der es durch eine glückliche Fügung kürzlich auf das Titelbild eines Buchs zur 50-jährigen Firmengeschichte von Alpina schaffte, worauf Timo schon sehr stolz ist. Bei BMW war man so begeistert von seinen Fotos, dass er angefragt wurde, für das Unternehmen eine Fotoreise zu machen (diesmal ausnahmsweise mit der Spiegelreflexkamera).

Und auch für die Auto Bild war er schon als Setassistent und Fahrer in Südfrankreich unterwegs. Die eigenen Autos fotografiert er mal auf Reisen, wie beispielsweise in den Dolomiten, auf der Fahrt zur Mille Miglia , dem Oldtimer-Rennklassiker in Italien, oder an ausgewählten Orten in seiner Heimatstadt Rothenburg.

Mindestens ebenso interessant wie diese inszenierten Aufnahmen sind jene Fotos, die aus purem Zufall auf der Straße entstehen. Egal ob in Berlin, Hamburg oder London, es kommt einem fast immer ein fotowürdiges Exemplar vor die Linse. Es kann also auch sein Gutes haben, wenn man das Handy immer griffbereit hat. Aber auch hier gilt für ihn: nicht nur ein Foto um des Fotos willen machen. Er legt auch da Wert darauf, dass es eine besondere Wirkung hat, schließlich ist er keiner dieser „car spotter“, die es lediglich auf die teuersten Autos abgesehen haben. Er selbst hat noch einige motorisierte Klassiker im Hinterkopf, die er gerne mal fotografieren möchte.

Besonders gelungen ist ihm der „Schnappschuss“ eines roten Porsche 911, der in Paris plötzlich auf der Straße an ihm vorbei fuhr. „Es ist ein perfektes Bild, weil kein neues Auto im Weg ist“, freut sich Timo heute noch über sein Glück. Und manchmal entdeckt der Besitzer sein Auto auf Timos Seite und man kommt darüber in Kontakt. „Es ist schön, die Leute hinter den Fotos kennenzulernen“, sagt der Student. Zusammen mit einem „Instagram“-Nutzer aus Paris fuhr er beispielsweise einmal auf dessen alten Motorrad durch die Seine-Metropole. Und heuer wollen sie sich für Oldtimer-Fotos wieder treffen.

An der Motorhaube des eigenen Alpina lehnend: Timo Gerlitz weiß Autos richtig gut in Szene zu setzen.   Fotos: Timo Gerlitz/Instagram

An der Motorhaube des eigenen Alpina lehnend: Timo Gerlitz weiß Autos richtig gut in Szene zu setzen. Fotos: Timo Gerlitz/Instagram

Man kann schon sagen die männlichen Vertreter der Gerlitz-Familie haben Benzin im Blut. Während der Opa das Goldene ADAC-Motorsport-abzeichen bekam und auch der Vater in den 80er Jahren recht erfolgreich Rallyes bestritt, ist der Junior aber eher im nicht kompetitiven Maße an Oldtimern und Motorsport interessiert. Timo ist auch kein Schrauber, da er davor „zuviel Respekt“ habe und dies lieber den Profis überlässt. Er sammelte aber schon immer alte Testberichte, Prospekte und Zubehör. Sein ganz besonderer Schatz ist eine original BMW-Motorsportjacke aus den 70er Jahren von seinem Vater, die er gerne auch bei Oldtimer-Veranstaltungen trägt.

Design, Technik, der ganz eigene Charme: Diese drei Dinge sind es, die Timo besonders an Oldtimern begeis­tern. Mit seinen Fotos – inszeniert oder spontaner Natur – möchte er seine Leidenschaft für die Klassiker auf künstlerische Weise mit anderen teilen. Seine Fotos sind bei zahlreichen Nutzern beliebt, wodurch sich sein Hobby nach und nach in eine semi-professionelle Richtung entwickelt. Für ihn stehe aber immer noch im Vordergrund, diejenigen Bilder zu veröffentlichen, die er selbst gut findet und nicht jene, die möglicherweise die Aufmerksamkeit der Agenturen auf sich ziehen, um so an Jobs zu kommen. Eine gewisse Planung fließt nicht nur in einen Teil der Fotos, sondern auch wann er sie auf „Ins­tagram“ hochlädt. Es gebe Zeiten, da ist es ganz schlecht, wie Freitag nachmittags. Optimal ist sonntags zwischen 19 und 23 Uhr, wenn die Leute Zeit haben zum Schauen. mes


Gelungene Beispiele

$
0
0

Zeitgemäße Wohnansprüche im sanierten Altbau verwirklicht

ROTHENBURG – Seit 2007 vergibt die Stiftung der Stadt- und Kreissparkasse alle Jahre einen Förderpreis zur besonderen Heraushebung außergewöhnlicher Sanierungen von Baudenkmälern. Insgesamt 7000 Euro verteilte das Geldinstitut aus den Erträgen ihres Stiftungskapitals an die diesjährigen vier Preisträger.

Bei den prämierten Eigentümern handelt es sich um drei Privatleute und die Gemeinde Windelsbach mit 1000 Euro als Besitzerin der Gemeindescheune in Cadolzhofen (wir berichteten). Den ersten Preis mit 3000 Euro bekam Annemarie Zimmer für die aufwändige Kernsanierung des Objektes Klosterweth 1. Im Familienverbund, ihr Sohn Max-Stephan Zimmer arbeitet als Diplom-Wirtschaftsinformatiker bei der Sparkasse Rothenburg und erwartet mit seiner Frau Nathalie Nachwuchs, hat die bei Fulda beheimatete Hausbesitzerin einen engen Bezug zur Tauberstadt. Sie kann sich sogar vorstellen, später hierherzuziehen. Durch die Herausforderung der Altbausanierungen an mittlerweile mehreren Objekten, sei sich die Familie noch näher gekommen und als Team enger zusammengerückt, sagte sie bei der Preisverleihung.

Geschützte Häuser vorbildlich renoviert: Eine Anerkennungsprämie und viel Lob bekamen Eigentümer aus berufenem Munde. Fotos: sis

Geschützte Häuser vorbildlich renoviert: Eine Anerkennungsprämie und viel Lob bekamen Eigentümer aus berufenem Munde. Fotos: sis

1500 Euro bekam das Ehepaar Andy und Aneta Pevak für gelungene Sanierung mit Umbau des Wohn- und Geschäftshauses am Kirchplatz 11. Die beiden Eigentümer führen einen Stukateurbetrieb in Nordenberg und haben den Altbau in Rothenburg vor mehr als fünf Jahren erworben und im Innen- und Außenbereich schrittweise ausgebaut. Unter Einbeziehung des Dachgeschosses sind in dem Haus zwei moderne Wohneinheiten und ein Gewerberaum von hochwertiger Qualität zur Miete entstanden.

Gleichrangig mit 1500 Euro würdigte die Stiftung auch die gelungene Sanierung des Hauses Burggasse 13 von Peter Noack. Der fränkische Fachwerkbau mit aufwändigen Verzierungen wie Andreaskreuzen, zusätzlichen Streben, Rundbogeneingang und Klappläden geben dem Objekt seinen besonderen Charakter. Als historisches Ereignis sind Aktivitäten der Armenpflege in Form des diakonischen Dienstes überliefert. Bei der Preisverleihung in der Sparkassen-Hauptgeschäftsstelle zeigte sich Werner Thum, Vorstandsvorsitzender und Vorsitzender des Stiftungsvorstandes beeindruckt, wieviel Engagement und finanzieller Aufwand die Eigentümer in die mustergültige Sanierung ihres altehrwürdigen Hauses investiert haben. Alte Gemäuer und ihre Geschichten zu erhalten, seien eine ganz besondere Herausforderung, betonte er.

Oberbürgermeister Walter Hartl und Landrat Dr. Jürgen Ludwig saßen bei dem Auswahlverfahren in der Jury und haben diese Erfahrung für sich selbst gemacht bei ihrem eigenen Altbauprojekt. Mit ihrer persönlichen Anwesenheit unterstrichen sie den Stellenwert der Stiftung als Beitrag für Denkmalschutz und Denkmalpflege. Den Nominierten gra­tulierten sie zum verdienten Preis.

Die gelungenen Beispiele zeigen, welches Potenzial im Umbau von Altbauten liegen kann. Eine breite öffentliche Akzeptanz ist die Voraussetzung, um gewachsene historische Strukturen zu erhalten. Die Fachdisziplin muss die Grundlagen liefern und vermitteln. Der Staat schließlich muss dafür die Rahmenbedingungen schaffen und garantieren. Denkmalschutz und Denkmalpflege sind also auf allen Ebenen gefordert. Durch Aus- oder Umbau lassen sich auch im Altbau großzügige und komfortable Wohnräume schaffen.

Mit frischer Farbe: sanierter Altbau in der Burggasse.

Mit frischer Farbe: sanierter Altbau in der Burggasse.

Es gibt verschiedene Gründe, sich statt eines Neubaus für den Umbau eines alten Hauses zu entscheiden. Manchmal ist das Haus, in dem man schon länger wohnt, genau das richtige – nur eben mittlerweile zu klein oder renovierungsbedürftig. Oder auf der Suche nach einem Kaufobjekt lockt der historische Charme eines Altbaus. Die Verbindung von Alt und Neu unterstreicht den individuellen Charakter des neuen Zuhauses. Wenn ein altes Haus umgebaut wird, geht es fast immer darum, mehr Wohnraum zu schaffen oder die vorhandenen Flächen besser zu nutzen. Das kann auf unterschiedliche Weise geschehen. Manchmal reicht es, in­ner­halb des Gebäudes Platzreserven nutzbar zu machen, zum Beispiel durch Straffen des Grundrisses, Zusammenlegen von Zimmern oder einem Dachausbau.

In anderen Fällen bietet sich ein Ausbau oder eine Aufstockung an. Oft werden verschiedene bauliche Maßnahmen kombiniert, zum Beispiel eine Grundrissöffnung im Altbau und zusätzlich ein kleiner Anbau. Wer sich richtig beraten lässt, kann sogar eine energetische Sanierung in einem denkmalgeschützten Gebäude vornehmen und steuerliche Abschreibungsmöglichkeiten in Anspruch nehmen. Steuerlich gefördert werden neben dem Erwerb die Sanierungskosten sowie der Erhaltungsaufwand einer Denkmalimmobilie. Förderfähig sind alle zum Erhalt und zur sinnvollen Nutzung des Denkmals erforderlichen Aufwendungen wie etwa der Einbau eines Bades, Energie­sparmaßnahmen, Heizung oder Dachreparatur.

Mit der seit 2007 regelmäßig durchgeführten Förderpreisverleihung will die Sparkasse „Vorbilder herausstellen und damit zum Mitmachen anstiften“. Ziel ist die Wiedernutzung ortsbildprägender und vom Gesetz geschützter Bausubstanz zu forcieren. In den vergangenen neun Jahren handelte es sich bei den 45 eingereichten Anträgen um 28 Objekte aus Rothenburg und 17 Objekte aus umliegenden Gemeinden. Der Großteil der baulichen Maßnahmen stemm­ten Privatpersonen. Die beachtliche Summe von 46000 Euro an Preisgeldern ist bisher aus der Stiftung geflossen.

Die eigene Finanzabteilung der Sparkasse kümmert sich um die Aufgabe der Geldanlage, damit die Stiftung mit ihrem Vermögen weitere Vorzeige-Objekte unterstützen kann. Interessierte können sich bei der Sparkasse melden. Kompetente Ansprechpartnerin ist Nicole Pfänder. Die Bankkauffrau hat in der Sparkasse gelernt und im Rahmen ihrer be­ruflichen Weiterbildung verantwortliche Aufgaben übernommen. sis

Themen sind gesetzt

$
0
0

Wirren der Reformationszeit touristisch vermarkten

ROTHENBURG – Auch Rothenburg setzt auf die Lutherdekade. In puncto Marketing ist die Stadt ihrer Zeit voraus. Schon heuer – und damit ein Jahr vor dem 500. Reformationsjubiläum 2017 – be­schäf­tigen sich Ausstellungen und Veranstaltungen mit den Themen Reformation und Stadtgeschichte.

Einen Schritt schneller zu sein, bevor der Luther-Tourismus überall in Deutschland in Gang kommt: Dieses Vorgehen nahm der Ausschuss für Kultur und Tourismus in seiner jüngs­ten Sitzung anerkennend zur Kenntnis. Neben dem Internet-Auftritt wurde bereits ein neuer Pros­pekt in Deutsch und in Englisch aufgelegt, um das Angebot zu präsentieren. Dr. Markus Hirte vom Kriminalmuseum und Dr. Hellmuth Möhring vom Reichsstadtmuseum arbeiten an einer fundierten Ausstellungskonzeption und erläuterten ihren Plan in der Sitzung.

Ein Hingucker: Dieser erste Grobentwurf für die Sonderausstellung „Kampf der Konfessionen“ im Reichsstadtmuseum fand Anklang.

Ein Hingucker: Dieser erste Grobentwurf für die Sonderausstellung „Kampf der Konfessionen“ im Reichsstadtmuseum fand Anklang.

Vom Mai 2016 bis Ende 2018 wird sich das Kriminalmuseum der Geschichte des Hexenglaubens und des Hexen-Delikts widmen – von den Anfängen bis zum Ende der großen Hexenverfolgungen. „Mit der Anzahl und der Qualität der Exponate bewegen wir uns auf Landesausstellungs-Niveau“, sagt Dr. Markus Hirte. Ein besonderer Fokus liegt auf der Person Martin Luther und den Stellungnahmen des Reformators für und wider den Hexenglauben. Überdies beleuchtet die Ausstellung auch Reformation und Hexenverfolgung in Franken und Rothenburg. Im Gegensatz zu den Fürstbistümern in Würzburg und Bamberg, wo die Scheiterhaufen zu Tausenden brannten, stellte Rothenburg ein leuchtendes Beispiel dar. Es gab wenig Hexenverfolgung. Warum war Rothenburg anders? Diesen und anderen Fragen geht die Erlebnisschau nach. Anhand von mehr als hundert wertvollen Exponaten, moderner Museumstechnik und ausführlichen zweisprachigen Erläuterungen erhält der Besucher eine greifbare Vorstellung von Martin Luther, dessen Epoche und den Ängsten und Hoffnungen der Menschen des 14. bis 17. Jahrhunderts.

Die Investitionskosten im fünf- bis sechsstelligen Bereich für die Sonderausstellung will der Museumsleiter durch einen Aufschlag auf den Eintrittspreis kompensieren. Wobei man immer noch günstig liegt. Das Kombiticket für Sonderausstellung und Haupthaus kostet sieben Euro. Das Programm und längere Öffnungszeiten sollen sich positiv auf die Besucherzahlen auswirken. Dafür ist aber zusätzlicher Personaleinsatz erforderlich. Der Museumsleiter streckt seine Fühler auch auf die Wartburg aus, in der Burg hoch über Eisenach hielt sich Luther versteckt und übersetzte die Bibel ins Deutsche. Auch das Haus der Bayerischen Geschichte in Augsburg will er einbinden, um überregional auf Rothenburg aufmerksam zu machen.

Der Kampf der Konfessionen ist zentraler Punkt der Reformationsausstellung im Reichsstadtmuseum vom 2. Oktober 2016 bis 30. September 2017. Der vorgelegte Entwurf fand Gefallen. Dr. Hellmuth Möhring will die Krise des Papsttums und die Konflikte der lutheranischen Bewegung, die sich stark in den Medien der Neuzeit niederschlugen, plakativ ge­genüberstellen. Den Auswirkungen kann man heute noch nachspüren und dabei aktuelle Parallelen finden: Bildersturm, zerstörte Gebäude – Hassprediger sind keine Phänomene der Ge­genwart, sondern waren bereits damals Realität. Eine umfangreiche Sammlung reformatorischer Flugschriften, darunter hochwertige Grafiken von Schäufelein, Dürer, Cranach, die der Ansbacher Kanzler Georg Vogler der Stadt Rothenburg nach seinem Tod 1550 hinterließ, machen den erbittert geführten Glaubens- und Kulturkampf, der während der Reformation tobte, auf dramatische Art deutlich. In die Sonderschau bindet der Museumsleiter auch Waffen aus der Sammlung Baumann ein, um die militärische Macht von Seiten des Kaisers und des Papstes zu zeigen.

Tourismus beleben: Neue Themensetzungen mit innovativem Format sollen Anreiz auf Rothenburg-Besuch erhöhen.     Fotos: sis/priv

Tourismus beleben: Neue Themensetzungen mit innovativem Format sollen Anreiz auf Rothenburg-Besuch erhöhen. Fotos: sis/priv

Bereits früh war die Stadt der reformatorischen Bewegung zugetan, doch der Bauernkrieg von 1525 verzögerte die Einführung der Lehre Martin Luthers. Kurzzeitig wirkten der Bilderstürmer Andreas Karlstadt und der Begründer der slowenischen Schriftsprache, Primus Truber, in Rothenburg. Fast zwanzig Jahre später schien die Zeit endgültig reif zu sein, das Kirchenwesen der Stadt grundlegend zu reformieren; eine neue Kirchenordnung wurde eingeführt. Kulturelle Eliten sorgten für einen Modernisierungsschub. Als Zeichen dieses neuen Bewusstseins entstanden in der Stadt große Bauten im Renaissancestil wie der neue Rathausvorbau. Die prächtige neue Lateinschule zeigt die Bedeutung der humanistischen Bildung in Rothenburg. In der ehemaligen Wallfahrtskirche St. Jakob zeigen sich Spuren der Reformation. Zwei Kirchenfenster stellen Luther und Melanchthon nebeneinander.

Für die Präsentation muss das Reichsstadtmuseum technisch aufrüsten. Ein spezieller Projektor (Beamer), der Bilder aus einem anderen Gerät auf eine Leinwand bringt, soll angeschafft werden, ebenso ein berührungsempfindlicher Bildschirm (Touchscreen). Auch Schreiner- und Konfektionierungsarbeiten sind erforderlich. Mit einem dringenden Appell wandte sich Tourismusdirektor Dr. Jörg Christöphler an die Stadträte, die notwendigen Mittel in Höhe von 15 000 Euro im Haushalt bereitzustellen. Bei der SPD stieß er damit gleich auf Rückhalt. „Wenn etwas Ordentliches geleistet wird, muss dies auch unterstützt werden“, meinte der Fraktionsvorsitzende Dr. Günther Strobl.

Der christlichen Kunst widmet sich Touristen- und Pilgerpfarrer Dr. Oliver Gußmann bei einer Fachtagung vom 21. bis 23. Juni 2017. Am Beispiel Riemenschneiders schildert er ein Schicksal in den Wirren des Bauernkrieges. Der Würzburger Bildschnitzer Tilman Riemenschneider schuf auch in Rothenburg bedeutende Altarwerke wie den Heiligblutaltar in der Jakobskirche. Einer der wichtigsten Auftraggeber Riemenschneiders war der Würzburger Bischof, zugleich aber unterstützte der Künstler die Bauern im Aufstand gegen den geistlichen Landesherrn. In seinen Figuren und Formen ganz Traditionalist und dem Spätmittelalter verhaftet, schuf er innovative Altarformen und bezog Licht und den umgebenden Raum in seine Konzeptionen mit ein.

Im Rahmen der Reichsstadt-Festtage 2016 und 2017 gibt es auch eine Aufführung von Reiyk Bergemann auf dem Marktplatz. Mit den Methoden des Theaters greift er die Geschichte „Rothenburg in den Wirren des Bauernkriegs und der Reformation“ auf. Auch Kirchen- und Stadtführungen laden ein, die Spuren der Reformation zu entdecken. sis

Besondere Ziele

$
0
0

Rothenburger Läufer unterstützen Projektgruppen

ROTHENBURG – Kleine Gruppe zeigt große Geste: Der Verein „Lauf3 Rothenburg“ ist nicht nur sportlich aktiv, sondern läuft für den guten Zweck. Das Ziel: Mit viel Spaß möglichst viel Geld sammeln. Gerade erst spendete er über viertausend Euro.

Bei einem gesellig-besinnlichen Abend im Theater am Burgtor überraschte der Vereinsvorsitzende Gerd Höhne den Hospizverein Rothenburg und den Verein Perspektive Senegal zur Unterstützung von Straßenkinder, für den sich unter anderem das in Detwang beheimatete Ehepaar Dan und Marietta Morgan, und der Gebsattler Rudi Glück engagieren, mit einer Spende von jeweils 2063,82 Euro.

Zuvor erzählten die beiden Vertreterinnen des Hospizvereins, Petra Underbrink und Uschi Memhardt, vom Leben vor dem Sterben als kostbare Lebenszeit. Der Umgang mit dem nahen Tod sei für die Angehörigen oft schwieriger, als für die Sterbenden selbst. Mit einfühlsamen Worten machten sie Angehörigen ausdrücklich Mut, ihre Sterbenden in den letzten Lebensstunden zu begleiten und diesen Beistand als Teil ihrer Beziehung zu verstehen.

Sich für wohltätige Zwecke einsetzen: Gemeinschaft wird großgeschrieben.     Fotos: sis

Sich für wohltätige Zwecke einsetzen: Gemeinschaft wird großgeschrieben. Fotos: sis

Dem Hospizverein geht es um Selbstbestimmung am Lebensende, wenn das Sterben unausweichlich ist. Das wichtigste Ziel sei, dass Menschen ihr Leben bis zum Schluss nach den eigenen Wünschen und Bedürfnissen führen können. Die Angst vor dem Sterben habe viel mit dem Albtraum zu tun, nicht mehr selbstbestimmt leben zu können, Schmerzen oder der Apparatemedizin ausgeliefert zu sein oder anderen zur Last zu fallen. Jeder möchte friedlich einschlafen. Zuwendung könne sehr tröstlich sein, auch Geborgenheit sei in dieser Phase wichtig – und das Gefühl, nicht allein zu sein. Ärzte gehen davon aus, dass die Sterbenden spüren, wenn sie umsorgt werden. Berührung, Sprechen, Beten, Vorlesen, Singen, Streicheln und Umarmen können dem Sterbenden gut tun.

Die Spende will der Hospizverein in die Ausbildung neuer Hospizhelfer investieren. Im April beginnt eine neue Schulung. Es gibt auch Überlegungen, einen Trauertreff anzubieten. Dort können Menschen um eine nahestehende Person trauern.

Marietta Morgan stellte den Verein Perspektive Senegal vor. Er wurde 2002 von der deutschen Familie Schott während ihres sechsjährigen Aufenthaltes in Westafrika ins Leben gerufen. Der deutsche Verein begleitet die Projekte von Bayern aus und arbeitet eng mit einem senegalesischen Mitarbeiterteam zusammen. Wie Marietta Morgan erläuterte, gibt der Verein Straßenkindern eine Perspektive für ein besseres Leben. Dies beinhaltet Schulbesuch, eine Berufsausbildung als Schreiner oder Schuster, Unterkunft und Verpflegung sowie die Löhne der Lehrkräfte und Betreuer. Ihr Mann Dan, ein gebürtiger Amerikaner, befindet sich momentan im Senegal, wo Tausende von Kindern auf der Straße um Geld betteln. Sie können weder lesen noch schreiben und hausen mit den Eltern in ärmlichen Verhältnissen.

Den besonderen Lauftreff gibt es seit fast zwei Jahren. Der Rothenburger Gerd Höhne, bekennender Christ und sportlich gern aktiv als Ausgleich zum Arbeitsalltag in seinem Metallverarbeitungsunternehmen in Burgbernheim, hat zusammen mit Hubert Richter die Initiative ergriffen. Aus der Gruppe der Läufer und Geher mit Stöcken entwickelte sich ein Verein. Die Anerkennung der Gemeinnützigkeit durch das Finanzamt ging zur Freude der Gründungsmitglieder (Gerd und Edith Höhne, Helmut und Ilse Vogt, Elke und Andreas Dengel, Manfred Niemann, Margit Weber) rasch vonstatten.

Edith und Gerd Höhne bedankten sich bei Vielläufer Helmut Vogt mit einem süßen Geschenk.

Edith und Gerd Höhne bedankten sich bei Vielläufer Helmut Vogt mit einem süßen Geschenk.

Der Lauftreff verbindet die Freude am Sport mit geselliger Gemeinschaft und der Verbreitung des biblischen Evangeliums. Jedes Lauftreffen beginnt mit einer Kurzandacht. Von März bis November, jeden zweiten Freitag, führen die verschiedenen Laufstrecken in und um Rothenburg. Treffpunkt ist immer um 17 Uhr, abwechselnd in der Parkstraße, am Aidenauer Parkplatz, an der Steige in Linden oder am Spitaltorparkplatz. Jeder Teilnehmer verpflichtet sich, freiwillig einen bestimmten Betrag für jeden selbst gelaufenen Kilometer zu spenden, um ihn am Ende einem guten Zweck zukommen zu lassen. Hinzu kommen Spenden von Förderern und Freunden dieser christlichen Initiative. 2014 konnte so der Hilfsorganisation Oase in Hersbruck für die Rumänienhilfe ein Betrag von 2108 Euro überreicht werden.

Im letzten Jahr beteiligten sich insgesamt 33 aktive Teilnehmer an den 20 Lauftreffs. Die stolze Bilanz: 1736 gelaufene Kilometer. Zu denen, die am häufigsten mitwirkten, gehörte Helmut Vogt aus Neusitz. Er bekam als Dankeschön eine feine Schokolade in einer hübschen Geschenkpackung. Fünfzehn Sponsoren, darunter zwölf Firmen, unterstützten das soziale Engagement, so dass der stattliche Spendenbetrag von über viertausend Euro zusammenkam. Das Geld wurde jeweils zur Hälfte auf die beiden Hilfsvereine aufgeteilt.

Bei der Feierstunde nutzte der Vorsitzende die Gelegenheit, sich ganz herzlich bei allen für die Unterstützung zu bedanken. Dies reichte bis zur kostenlosen Überlassung der liebevoll dekorierten Scheune durch Günter und Gitti Deeg. Beim besinnlichen Teil des Abends erzählte Gerd Höhne die Wundergeschichte aus der Bibel von einem Kranken am Teich Bethesda in Jerusalem, der 38 Jahre unter seinem Schicksal litt und von Jesus gesund gemacht wurde, Als Botschaft warb er dafür, den Glauben als persönliche Freundschaft mit Gott zu leben.

Der Lauftreff hat das nächste Ziel schon im Visier. Eine Befragung der Veranstaltungsteilnehmer ergab ein Ergebnis zur Unterstützung weiterer Hilfsprojekte. In der diesjährigen Saison will sich die Freizeitsportgruppe für die Rothenburger Nachbarschaftshilfe Wegwarte und die Initiative Mukta Nepal der Kölner Studentin Alina Rudolph für das vom Erdbeben fast völlig zerstörte Dorf Kharipati, auf den Weg machen und Geld sammeln. Die Einladung zum Mitmachen gilt für alle, die sich angesprochen fühlen. sis

Heinrich Toppler als Finanzgenie

$
0
0

In seinem Vortrag erhellt Dr. Markus Naser das Leben und Wirken des großen Bürgermeisters

ROTHENBURG – Er hat über die Jahrhunderte hinweg immer wieder von sich Reden gemacht, wurde für Ideologien missbraucht und für den Tourismus vermarktet, und er war zweifellos „der“ große Bürgermeister Rothenburgs: Heinrich Toppler hat der Reichsstadt glorreiche Zeiten beschert und seine Spuren hinterlassen. Dr. Markus Naser fasste zusammen, was man über diese historische Figur bis heute weiß.

Die Stadt im Spätmittelalter ist nicht nur das Thema eines fundierten Beitrages in der neuen Stadtgeschichte, sondern der Verfasser Dr. Naser (Vorsitzender des Vereins Alt-Rothenburg) brachte anlässlich der Buchvorstellung den Besuchern die Toppler-Zeit auch in einem durch Lichtbilder untermalten Vortrag nahe. Es geht um die Epoche von 1250 bis etwa 1500. Dass die Stadt als Topp­lers Erbe über eines der größten reichsstädtischen Territorien verfügte ist den meisten bekannt, aber viele Details aus seinem Wirken und zu seiner Person sind es weniger. Vor allem dem früheren Stadtarchivar Dr. Ludwig Schnurrer kommt das Verdienst zu, das Leben und politische Handeln Topplers eingehend dargestellt zu haben. Zu Beginn der Amtszeit Topplers war Rothenburg noch rein auf das Stadtgebiet beschränkt, referierte Dr. Naser, der feststellte, dass es keine zeitgenössische Darstellung der Person gibt, dafür einige phantasievolle Gemälde.

Toppler-Gedenkstein von 1908 in der Burg.

Toppler-Gedenkstein von 1908 in der Burg.

Überliefert ist jedoch sein Wappen mit den Würfeln. Dr. Naser ging näher auf die Herkunft und Heiratspolitik Heinrich Topplers ein, hier habe Dr. Schnurrer erstmals anhand von Urkunden das wahrscheinliche Geburtsjahr auf 1349/50 datieren können. Gesichert ist auch, dass er einer etablierten Patrizierfamilie entstammte und von seinem Vater das Haus in der Oberen Schmiedgasse übernahm, das er als Gasthaus zum Goldenen Greifen etablierte.

Jahrzehntelang bis in jüngste Zeit hieß es Toppler habe seine erste Frau aus dem reichen Patriziergeschlecht der Wernitzer geheiratet, aber Dr. Schnurrer konnte mit Quellenbeleg beweisen, dass es sich bei Barbara um eine Tochter von Siegfried Spengler gehandelt hatte. Damit, so Markus Naser, entfalle auch die Erklärung für den angeheirateten Reichtum. Ende 1380 sei seine Frau gestorben und 1392 heiratete er dann in die Nördlinger Patrizierfamilie der Meiler ein. Bis heute sei der umfangreiche Ehevertrag erhalten.

Der Redner bezeichnet Toppler als einen „herausragenden Wirtschafter seiner Zeit“, heute würde man gar von einem „Finanzgenie“ sprechen. Drei erhaltene Steuerlisten informieren über seinen wirtschaftlichen Aufstieg. Noch 1374 stand er mit 50 Pfund Heller Steuersumme an 17. Stelle der Rothenburger Steuerzahler, aber bis 1407 waren es schon 310 Pfund Heller und damit lag der Bürgermeister mit Abstand an der Spitze. Wie hat er das geschafft?

Dr. Naser meint, er habe sich vor allem die Verschuldung der benachbarten Adelsfamilien zunutze gemacht: „Bot sich eine güns­tige Gelegenheit zum Erwerb von Besitzungen, schlug er sofort zu!” Mit Einnahmen aus den Besitzungen konnte er weitere Höfe erwerben und so zum größten Grundbesitzer weit und breit werden. Aus dem vorhandenen Salbuch lässt sich der Besitzstand am Ende seines Lebens genau rekonstruieren. Dr. Naser spricht von Immobilien in 117 Ortschaften, darunter mehr als 40 Höfe und über 200 Güter. Hinzu seien Einnahmen aus dem Gasthof gekommen, es sei „bodenständig“ gewirtschaftet worden.

Das Interessante daran ist jedoch wie Dr. Naser betont, dass dieser Reichtum mit dem Aufbau eines sehr großen reichsstädtisch-rothenburgischen Territoriums zusammenhängt. Dazu erwarb Toppler Burgen im Umland, um den Einfluss der Adelsfamilien zu schmälern oder auszulöschen. Dies habe der Stadt auch mehr Sicherheit vor Feinden geboten. Planmäßig sei so über dreißig Jahre ein nahezu geschlossenes Territorium entstanden. Als erste wurde 1383 die Burg Nordenberg von den dort ansässigen Reichsküchenmeistern für 7000 Gulden erworben. Die Eigentümer waren in einer finanziellen Notlage wie die Urkunden ausweisen. Zugleich verschwindet damit das einst einflussreiche Adelsgeschlecht in der Bedeutungslosigkeit wie der Redner konstatierte.

Mauerreste und Wallgraben sind die Überbleibsel von Burg Nordenberg. Fotos: diba

Mauerreste und Wallgraben sind die Überbleibsel von Burg Nordenberg. Fotos: diba

Es ging dann munter weiter mit Aufkäufen wie der Hornburg von Gottfried II. von Hohenlohe-Uffenheim, der Burg Hohenlandsberg bei Weigenheim oder im Juli 1388 dem Kauf von Burg und Ort Gammesfeld von den Nürnberger Burggrafen um 3000 Gulden. Dann folgten Habelsee und Burgstall in Insingen. Im März 1400 kaufte man die Burg Gailnau für 2000 Gulden von Anna von Hohenlohe und ihrem Mann, einem Grafen von Castell. Als die letzte große territoriale Erwerbung verweist Dr. Markus Naser auf die Burg Seldeneck, die man 1404 vom Nürnberger Burggrafen erhalten hat.

Kein Glück hatten die Reichsstädter allerdings mit den Schilingsfürs­tern, dabei wäre dies „die ideale Abrundung gewesen” wie Dr. Naser betont. Dabei hatten sie zunächst von Dieter von Katzenelnbogen und seiner Frau Anna im März 1398 das Schloss mit Zubehör für 5000 Gulden erworben, aber die Verkäufer nutzten ein vereinbartes Rückkaufsrecht und so war Schillingsfürst nur bis Anfang 1401 im reichsstädtischen Besitz.

Gerne hätte man sich auch noch bis Weikersheim ausgedehnt, aber auch das funktionierte nicht. Die benachbarten Adeligen haben den Machtzuwachs Rothenburgs mit Argwohn beobachtet, ist sich Dr. Naser sicher. Nicht ohne Grund wurde Burggraf Friedrich VI. von Nürnberg (aus dem Hohenzollern-Geschlecht) zum gefährlichen Gegner der Stadt. Er verbündete sich 1407 mit dem Bischof von Würzburg und erreichte bei seinem Schwager, dem amtierenden König Ruprecht, dass Rothenburg aufgrund juristischer Streitereien in Reichsacht verfiel. Naser: „Damit war die Stadt vogelfrei!”

Der Krieg war unvermeidlich, die Truppen des Burggrafen eroberten 1407 die Burg Habelsee, dann auch Endsee und Nordenberg. Rothenburg selbst sei auf eine lange Belagerung vorbereitet gewesen, die Kornspeicher habe man gefüllt. Dem Angreifer aber fehlte das Geld für eine monatelange Belagerung, denn die Söldner verschlangen Unsummen. So sah sich der Burggraf gezwungen am 2. September 1407 in einen Waffenstillstand einzuwilligen. Dr. Markus Naser: „Die Stadt war gerettet und würde ihre Unabhängigkeit behalten“. Im Frieden von Mergentheim 1408 legte man die Streitigkeiten auch rechtlich bei.

Aus der Acht entlassen, schlug das Schicksal jedoch bald hart zu. Toppler sollte der Hochverratsprozess gemacht werden, weil er sich an den abgesetzten König Wenzel in Prag mit der Bitte um Unterstützung gewandt hatte. Spätestens am 6. April 1408 setzte man Heinrich Toppler mit seinem Sohn Jakob und Vetter Heinrich handstreichartig im Rathaus-Verlies fest. Keine drei Monate später starb er dort, wobei Dr. Naser hervorhebt, dass niemand die Todesursache kenne. Es bleiben Verschwörungstheorien, die Frage ob vergiftet, hingerichtet oder verhungert? König Ruprecht wollte Topplers ganzes Vermögen einziehen, sind da die Rothenburger zuvor gekommen? Die Vorwürfe aus den eigenen Reihen seien schwammig geblieben. Begraben wurde Heinrich Toppler in der Jakobskirche. Dr. Markus Naser resümiert: „Mit seinem Tod und dem Wegzug der Familie war die große Blütezeit Rothenburgs vorüber”. diba

„Unglaublich ehrgeizig“

$
0
0

Der Schlüssel zum Beruf ist für junge Flüchtlinge die deutsche Sprache

ROTHENBURG – Eine sehr ambitionierte Aufgabe für alle Beteiligten: Innerhalb von zwei Jahren werden jugendliche Flüchtlinge in der Berufsschule Rothenburg für eine Ausbildung fit gemacht. Es ist alles andere als Unterricht nach „Schema F“. Eigenverantwortung, Flexibilität und Zusammenarbeit sind der Schlüssel, damit diese Berufsintegrationsklassen zum Erfolg führen.

Zwanzig Köpfe sind über bunte Blätter gebeugt. Konzentriert lassen die Jungen und Mädchen ihre Stifte darüber gleiten. Sie füllen Lückentexte aus: „Wer lacht, ist…? „Wer viel arbeitet, ist …?“ Im Flüsterton – um ihre Mitschüler nicht zu stören – bitten sie sich gegenseitig oder die anwesenden Lehrer um Hilfe. Über einen ­Beamer werden Bilder von Eichenbäumen an die Wand geworfen. Ab und an gehen Schüler nach vorne an die Tafel, um dort ihre Antworten mit den Lösungen zu vergleichen.

Deutsch, Landeskunde und Persönlichkeitsbildung stehen auf dem Stundenplan der Jugendlichen.   Fotos: Scheuenstuhl

Deutsch, Landeskunde und Persönlichkeitsbildung stehen auf dem Stundenplan der Jugendlichen. Fotos: Scheuenstuhl

Bei der 10B der Berufsschule Rothenburg steht heute in der sechsten Stunde Stillarbeit auf dem Stundenplan. Doch von Trödelei oder Gemächlichkeit keine Spur. Die Jugendlichen bearbeiten ganz fokussiert ihre Aufgaben. Sie wissen, dass dies eine große Chance für sie ist: Denn als berufsschulpflichtige Asylbewerber und Flüchtlinge können sie hier in den sogenannten Berufsintegrationsklassen den Grundstein für ihren Start in den deutschen Ausbildungs- und Arbeitsmarkt legen.

An erster Stelle steht dabei natürlich der Deutsch-Unterricht. Es gehe aber auch darum, sagt stellvertretender Schulleiter Rainer Mittermeier, dass die jungen Menschen lernen, sich „bei uns zurechtzufinden“ und die „Tücken des Alltags“ meistern können. Deshalb werden im Unterricht beispielsweise auch Landeskunde sowie das Grundgesetz und das deutsche Rechtssystem besprochen. Was auf dem Papier relativ eindeutig anmutet, bedarf in der Praxis viel Flexibilität und mitunter einiges Fingerspitzengefühl. Simon Gerstlacher ist der Klassenlehrer der Jugendlichen. Seit Schuljahresbeginn im September begleitet er sie und bekommt hautnah mit, welche „wahnsinnigen Fortschritte“ sie bislang gemacht haben. „Sie sind unglaublich ehrgeizig“, beschreibt der Pädagoge seine Schüler. Sie fordern deutlich ein, dass es im Lehrstoff ständig weitergeht. Die vergangenen Weih-nachtsferien empfanden sie deshalb auch ein wenig als „verlorene Zeit“.

Aber wenn schon nichts Neues hinzukommt, wiederholt man eben das Gelernte. Keiner der Schüler habe in den zwei unterrichtsfreien Wochen abgebaut, lobt Simon Gerstlacher. Das ist eine gute Ausgangslage, um nach zwei Jahren die deutsche Sprache so gut zu beherrschen, dass man in einem Arbeitsumfeld damit zurecht kommt. Experten sagen, dass es im Durchschnitt sieben Jahre dauert, um eine Fremdsprache zu lernen.

Unter den 20 Schülern, die das Schulamt als Obergrenze für die Klassenstärke festsetzt, hat jeder seine eigenen Schwächen und Stärken und bringt eine individuelle Vorbildung mit, die sich sehr von der der Mitschüler unterscheiden kann. Als Lehrer müsste man in diesem Fall seinen Unterricht auf fünf oder sechs unterschiedliche Niveaustufen anpassen, was in der Praxis so nicht möglich ist, auch wenn man wie an der Rothenburger Berufsschule, die beiden Klassen neu zusammensetzt, damit sie etwas homogener sind.

Aus diesem Grund gibt es für den Unterricht von berufsschulpflichtigen Asylbewerbern und Flüchtlingen keinen festen Lehrplan und somit auch kein Lehrbuch. „Es fehlen einfach die Erfahrungswerte dafür“, erklärt der Pädagoge. Mit einem vorgeschriebenen Lehrbuch würde man dem Unterricht Beschränkungen auferlegen und Lehrern und Schülern etwas überstülpen, was an den Gegebenheiten vor Ort womöglich vorbeigeht. So kann er auch Lehrbücher für Deutsch als Zweitsprache nicht uneingeschränkt einsetzen. Eine Lektion, in der neue Vokabeln angewendet werden, um über die alte und neue Heimat zu sprechen, kann in seinem Klassenzimmer zu Problemen führen. Im Umkehrschluss bedeutet dies für Simon Gerstlacher, dass er „sehr spontan und flexibel“ seinen Unterricht gestalten muss und dass nicht nur bei der Sprachvermittlung Einfühlungsvermögen wichtig ist.

Ziehen an einem Strang: Rainer Mittermeier, Nathalie Zimmer und Simon Gerstlacher (v.l.).

Ziehen an einem Strang: Rainer Mittermeier, Nathalie Zimmer und Simon Gerstlacher (v.l.).

Während beispielsweise in anderen Klassen die Vorbereitung auf den Probe-Feueralarm mit einer einfachen Ankündigung erledigt ist, muss Simon Gerstlacher dieses Thema seinen Schülern mit Rücksicht auf ihre etwaigen Erfahrungen im Heimatland oder auf der Flucht detaillierter erklären. Was genau sie erlebt haben, weiß er nicht. Und er fragt auch bewusst nicht nach. Aber für ihn sei diese Arbeit mit den Flüchtlingen dennoch „deutlich belastender“, weil er „andere Einblicke in die Probleme“ seiner Schüler bekomme, als in seinen Klassen zuvor. Auch Rainer Mittermeier weiß, dass dies eine besondere Herausforderung für die Pädagogen ist. „Sowohl Mitleid, als auch Ignoranz“, erklärt er „seien hier aber der falsche Berater.“

Aus „persönlicher Überzeugung“ wie er selbst sagt, hat der junge Familienvater die Arbeit in den Berufsintegrationsklassen übernommen, sich im Vorfeld über das Thema informiert, im Sommer Fortbildungen besucht und den Unterricht geplant. Der stellvertretende Schulleiter sieht in Simon Gerstlacher deshalb einen „Pionier“ an der Schule, der sich mit viel privatem Engagement in dieses neue Aufgabenfeld eingearbeitet hat.

Er vernetzte sich mit anderen Akteuren in der Flüchtlingsarbeit und ist nun ein „absoluter Insider“. Deshalb ist es nur logisch, dass er die Rolle eines Koordinators bekommen soll, wenn zum anstehenden Halbjahr drei weitere Berufsintegrationsklassen an der Berufsschule eingerichtet werden: eine weitere in Rothenburg und zwei am Standort in Dinkelsbühl, die dort allerdings in den Räumen des Gymnasiums unterrichtet werden. Wie viele neue Lehrer dafür eingestellt werden, sei noch offen.

Die Berufsschule Rothenburg sieht es als ihren „gesellschaftlichen Auftrag“ an, sich bei der Beschulung von Flüchtlingen zu engagieren. So habe man bereits im vergangenen Schuljahr der Regierung von Mittelfranken und dem Sachaufwandsträger signalisiert, dass man dafür bereit sei, so Rainer Mittermeier. Zunächst gab es einen Sprachkurs an der Schule, seit September nun die zwei Berufsintegrationsklassen. Sie sind bewusst im Schulgebäude untergebracht, um den Austausch mit den anderen Schülern zu fördern und die berufliche Vielfalt erfahrbarer zu machen.

Nicht nur die Leitung, sondern auch das Kollegium steht hinter der Aufgabe und engagiert sich. In den beiden Berufsintegrationsklassen sei seit Schuljahresanfang keine einzige Stunde ausgefallen, auch nicht als Simon Gerstlacher etwa auf einer mehrtägigen Fortbildung war. Außerdem unterstützen ihn einmal pro Woche zwei Referendare der Schule im Unterricht, wenn es ihre Zeit erlaubt. Zwar gehört Deutsch nicht zu den Unterrichtsfächern von Katharina Goll und Andreas Großmann, dennoch haben sie sich für diesen zusätzlichen Dienst entschieden. Auch sie stellen fest, dass die Jugendlichen offener, zugänglicher und selbstbe­wuss­ter werden, je sicherer sie die Sprache beherrschen. Zumal sie mit der Zeit auch als Klasse zusammenwachsen. Es ist ein völlig anderes Arbeiten mit den Schülern möglich, weil „Gott sei dank keine Fluktuation“ das Gefüge immer wieder auseinanderreißt, sagt Simon Gerstlacher. Die einzigen Abgänge gab es kürzlich, weil zwei Schüler mit ihren Familien zusammengeführt wurden.

Bei allem Einsatz der Berufsschule für die Flüchtlinge: Die Aufnahme von Schülern für die Klassen erfolgt ausnahmslos über das Landratsamt, das entsprechende Listen führt. Auch ein persönliches Vorsprechen bei der Schule ändert daran nichts. „Es ist nicht die Aufgabe der pädagogischen Einrichtung diese freien Plätze zu besetzen“, erklärt Rainer Mittermeier, der weiß, dass der Andrang unüberschaubar groß ist.

Am Ende der Berufsintegrationsklassen sollen die Jugendlichen reif für eine berufliche Ausbildung in Deutschland sein. Im zweiten Schuljahr ist deshalb ein Praktikum in einem Betrieb vorgesehen. Weil dies fester Teil des Lehrplans ist, gibt es dabei keine Probleme mit der Ausländerbehörde. Einige Betriebe aus Rothenburg und dem Umkreis haben bei der Schule schon ihr Interesse an Praktikanten bekundet.

An der Berufsschule Rothenburg stellt man darüber hinaus vorsichtige Überlegungen an, ob man schon im ersten Jahr über ein Schnupperpraktikum, den Jugendlichen einen kleinen Einblick in den Berufsalltag geben möchte, selbst wenn dies von staatlicher Seite so nicht vorgesehen ist. Allerdings, betont Rainer Mittermeier, sei dies mit dem Anspruch verbunden, dass die Jugendlichen dabei nicht als „billige Arbeitskräfte“ missbraucht werden. Es soll keinen „Wildwuchs“ bei den Praktika geben, so der stellvertretende Schulleiter weiter.

Sehr gute Erfahrungen mit Flüchtlingen im Praktikum hat Nathalie Zimmer gemacht. Die Diplompädagogin betreut die Jugendlichen in Rothenburg für die Beruflichen Fortbildungszentren der Bayerischen Wirtschaft (bfz), die Kooperationspartner der Berusschule sind. Die Zusammenarbeit zwischen Verwaltung, Schulleitung, Lehrer und bfz klappt reiblungslos. Alle ziehen im Sinne der Schüler an einem Strang, betonen die Verantwortlichen. Während ihrer zwei Jahre in der Flüchtlingsarbeit in Ansbach hat Nathalie Zimmer von Betrieben immer „super Rückmeldungen“ bekommen. Oftmals seien die Flüchtlinge besser qualifiziert, da sie in ihrer Heimat schon zwölf Jahre lang die Schule besucht haben. Sie seien meist älter, sehr motiviert und verhalten sich äußerst respektvoll ihren Kollegen und Vorgesetzten gegenüber.

Die sozialpädagogische Betreuung umfasst Lernbegleitung, Persönlichkeitsentwicklung und die Vermittlung von „weichen Fähigkeiten“. Nathalie Zimmer gibt den Jugendlichen dabei Lernstrategien und -methoden an die Hand, spricht mit ihnen über ihre beruflichen Erwartungen und versucht diese mit den regionalen Gegebenheiten in Einklang zu bringen. Teilweise haben die Schüler ganz konkrete Vorstellungen. Beim Besuch einer Berufsbildungsmesse waren sie „Feuer und Flamme“ für die gezeigten Berufe, erinnert sich ihr Lehrer.

An einem Nachmittag in der Woche ist Nathalie Zimmer mit allen Schülern zusammen. Neben Maßnahmen zur Teambildung stehen auch ganz praktische Aktionen auf dem Programm, wie etwa ein Besuch in der Bibliothek oder das Greifbar machen von Schnee, damit die Jugendlichen mit dem neuen Kulturrahmen vertrauter werden. Außerdem bietet sie Sprechstunden für Gespräche unter vier Augen an. Auch die Diplompädagogin fragt zu ihrem eigenen Schutz nicht nach den Fluchterfahrungen der Jugendlichen. Für die Traumabewältigung sind Fachstellen zuständig. Sie richtet ihren Blick lieber auf die Zukunft, indem sie die Jugendlichen dabei unterstützt, ihr „Leben in Deutschland gut zu gestalten“. mes

Einzelbeiräte stehen

$
0
0

Fünf Mitbestimmungsorgane komplett – Jetzt muss Dach her

ROTHENBURG – Teilweise sehr großes Interesse aus der Bevölkerung haben die konstituierenden Sitzungen der Einzelbeiräte im Rahmen des neuen Rothenburger Mitbestimmungsmodells gefunden.

Im Jugendbeirat: von links Tamina Becker, Philipp Breiter (Schriftführer), Beatrix Friedsmann, Mike Schmidt, Theresa Strobl (stellvertretende Sprecherin und Mitglied im Gemeinschaftsbeirat), Daniel Freund, Tom Czernicky, Niklas Heißwolf (stellvertretender Sprecher und Mitglied im Gemeinschaftsbeirat), Lara Wagner, Christopher van Le (Sprecher), Alina Kornfeld, Antonio Perazzo (Kassier), Max Pfaffelhuber und Lars Gerlinger. Es fehlen: Micha Dürr, Sara Güngör, Filip Jerzinski, Oliver Krauthahn, Dominik Lange und Lena May.

Im Jugendbeirat: von links Tamina Becker, Philipp Breiter (Schriftführer), Beatrix Friedsmann, Mike Schmidt, Theresa Strobl (stellvertretende Sprecherin und Mitglied im Gemeinschaftsbeirat), Daniel Freund, Tom Czernicky, Niklas Heißwolf (stellvertretender Sprecher und Mitglied im Gemeinschaftsbeirat), Lara Wagner, Christopher van Le (Sprecher), Alina Kornfeld, Antonio Perazzo (Kassier), Max Pfaffelhuber und Lars Gerlinger. Es fehlen: Micha Dürr, Sara Güngör, Filip Jerzinski, Oliver Krauthahn, Dominik Lange und Lena May.

Außer der Mitgliederzahl von höchstens 24 Sitzen gab es keine Vorgaben, was die Zusammensetzung angeht. Die Interessierten konnten sich in aufgelegte Listen eintragen, wobei die Anzahl der Namen und Gewählten je nach Beirat ziemlich auseinanderging und differiert.

Vorbildlich für Bayern

Alle Wahlen mit Ausnahme des Jugendbeirats wurden vorbereitet und geleitet von Irmgard Fischer vom Amt für Soziales der Stadt Rothenburg. Sie hat auch das Mitbestimmungsmodell entwickelt, das für eine Kommune dieser Größenordnung als vorbildlich für ganz Bayern gilt.

Der Migrationsbeirat füllt die 24 Sitze bis auf den letzten möglichen Platz aus, während der Inklusionsbeirat 15 Sitze belegt, der Familienbeirat 16 Sitze und der Seniorenbeirat 18 Sitze. In allen Beiräten wurden von den eingetragenen Mitgliedern die Vorstände gewählt, diese bestehen aus 1. Vorsitzenden, Stellvertreter, Schriftführer und Kassier.

Dem Seniorenbeirat als erstem Einzelbeirat, der gewählt wurde, gehören diese Mitglieder sowie Frauen und Männer an der Spitze an.

Dem Seniorenbeirat als erstem Einzelbeirat, der gewählt wurde, gehören diese Mitglieder sowie Frauen und Männer an der Spitze an.

 

Mandosi bis Kerscher

Der Migrationsbeirat hat folgende Führung: Als Vorsitzender fungiert Roberto Mandosi, als seine Stellvertreterin Stella Braun, als Schriftführerin Beate Zerkowski und als Kassier Cenk Tüfenk. Im Familienbeirat ist Uta Rudolph Vorsitzende, Beate Junkersfeld stellvertretende Vorsitzende, Mara Knipp Schriftführerin und Michaela Pfänder Kassiererin. Dem Seniorenbeirat steht Dr. Paul Kerscher vor, ihn vertritt Ursula Ilgenfritz, Doris Schmitz hat das Amt der Schriftführerin und Heinz-Jürgen Seitz das des Kassiers.

37 Jugendliche und junge Erwachsene im Alter von 13 bis 26 Jahren stimmten in der Mensa der Topplerschule bei der Wahl zum Jugendbeirat ab. Acht Mitglieder durften hier gewählt werden, 13 Kandidatinnen und Kandidaten stellten sich dieser Wahl. Der Urnengang ergab folgendes Ergebnis: Sprecher des Jugendbeirats ist Christopher van Le, seine Stellvertreter sind Theresa Strobl und Niklas Heißwolf, Schriftführer ist Philipp Breiter und Kassier Antonio Perazzo. Als Vertreter in den Gemeinschaftsbeirat entsandt sind Theresa Strobl und Niklas Heißwolf.

Bevor gewählt wurde, hatten sich alle zwölf Mitglieder vorgestellt, die bereits an den Rothenburger Schulen gewählt wurden, danach die 13 Kandidatinnen und Kandidaten für den ergänzend fälligen Wahlgang. Stadtjugendpfleger Walter Nees beglückwünschte alle Gewählten und dankte allen, die sich zur Wahl stellten, ehe er das Wort an den neu gewählten Sprecher Chris van Le übergab. Die nächste Sitzung des Jugendbeirates findet am Montag, 15. Februar ab 18.30 Uhr im Jugendzentrum statt.

Gemeinschaftsrat bildet sich

Über die Vorstandschaft des Inklusionsbeirats haben wir bereits berichtet, aber der Vollständigkeit führen wir sie hier noch einmal kurz auf: Vorsitzender ist Herbert Holzinger, sein Stellvertreter Ralph Dürr, Schriftführer ist Thomas Kohler, Schriftführer und Kassier Walter Körber.

Am Dienstag, 23. Februar, steht die konstituierende Sitzung des Gemeinschaftsbeirates an. Dem Gemeinschaftsbeirat gehören jeweils der Vorsitzende und sein Stellvertreter aus den fünf Einzelbeiräten an.

Diese zehn Personen sind die stimmberechtigten Mitglieder. Beratend kommen hinzu: Oberbürgermeister, fünf Stadträte, sie sind jeweils beratend für einen Einzelbeirat zuständig, und drei städtische Mitarbeiter. Die Beiratsmitglieder werden danach offiziell vom Stadtrat bestellt und können ihre Arbeit aufnehmen. Die Sitzungen der Beiräte sind alle­samt öffentlich und Besucher haben die Möglichkeit mitzudiskutieren. „Nun liegt es an den Bürgerinnen und Bürgern diese Gelegenheit wahrzunehmen“, unterstreicht Irmgard Fischer. -ww-

Altstadt lockt Investoren

$
0
0

Städtebauförderung und niedrige Darlehenszinsen zeigen Wirkung

ROTHENBURG – Umbau statt Neubau: Max-Stephan Zimmer (37) und seine Frau Nathalie (31) haben sich den Traum vom eigenen Haus in der Altstadt verwirklicht. Mit beneidenswert viel Platz und schönem Ambiente.

Wohnen im Herzen Rothenburgs: helle Räume mit hohen Decken und Stuckelementen. Fotos: Schäfer

Wohnen im Herzen Rothenburgs: helle Räume mit hohen Decken und Stuckelementen. Fotos: Schäfer

In einem denkmalgeschützten Altbau in der Klingengasse hat sich das Paar, das sein erstes Kind erwartet, großzügige und komfortable Wohnräume geschaffen – und profitierte von den bestehenden Strukturen. Nicht nur das Haus selbst stand schon da, auch Garten und Hof­raum mit Parkmöglichkeiten waren vorhanden. Von der offenen Wohnküche aus gelangen die Eheleute über einen verglasten Wintergarten auf die großzügige Terrasse und in den Garten. Altstadt-Idyll im Herzen von Rothenburg für zugereiste Neubürger.

Max-Stephan Zimmer wurde in Freiberg bei Sachsen geboren und ist in Fulda aufgewachsen. Beim Studium in Bamberg lernte er seine spätere Frau kennen. Nathalie Zimmer stammt aus Dombühl und betreut als Diplompädagogin die Jugendlichen in Rothenburg für die Beruflichen Fortbildungszentren der Bayerischen Wirtschaft (bfz), die Kooperationspartner der Berufsschule ist. In regelmäßigen Abständen pen­delt sie auch nach Ansbach. Ansons­ten kann sie zu Fuß zur Arbeit gehen, wie ihr Mann, der bei der Sparkasse arbeitet.

Sanierung war aufwändig: Haus in der Klingengasse.

Sanierung war aufwändig: Haus in der Klingengasse.

Den Altbau in der Klingengasse mit Stuckdecken erstanden die Eheleute vom örtlichen Immobilienmarkt. Der Charme der historischen Altstadt mit ihrer Infrastruktur von Kindergarten, Schule, Einkaufsmöglichkeiten und Kneipenszene, und natürlich das Wohnobjekt selbst mit seinem Gestaltungsfreiraum, gaben den Ausschlag, um hier den Lebensmittelpunkt zu wählen. Bei der Finanzierung half der Arbeitgeber mit kompetenter Beratung. Die historische Niedrigzinsphase und die erhöhte Abschreibung für ein Sanierungsobjekt sorgten für zusätzliche An­reize.

In seiner Freizeit packte das Paar bei der Altbau-Sanierung selbst an und engagierte einen erfahrenen Architekten und Fachleute aus dem Handwerk, die sich mit solchen Ge­ge­benheiten auskennen. Großes Lob zollen die Eigentümer auch dem Stadtbauamt. Die Beratung und Un­terstützung für die Entwicklung des neuen Nutzungskonzeptes und über die Möglichkeiten der finanziellen Förderung „haben uns sehr geholfen“, betonen beide.

Mit der Altbau-Sanierung haben sie nicht nur modernen Wohnraum für sich selbst geschaffen, sondern parallel dazu eine angegliederte hundert Quadratmeter große Mietwohnung mit eigenem Zugang hergerichtet – und nette Mitbewohner gefunden.

Ehepaar Max-Stephan und Nathalie Zimmer.

Ehepaar Max-Stephan und Nathalie Zimmer.

Der Abschluss der Maßnahme bedeutete aber nicht das Ende der Bautätigkeit. Be­stärkt von den positiven Erfahrungen ihrer ersten Altbausanierung und unterstützt vom Familienverbund, erwarben die Zimmers ein sanierungsbedürftiges Kaufobjekt in der benachbarten Klosterweth und bewerkstelligten auch diese Renovierung. Eigentümerin ist Annemarie Zimmer, die Mutter beziehungsweise Schwiegermutter des Paares. Momentan wohnt sie noch in Fulda und hat den Altbau vermietet. Später will sie ihn selbst beziehen. Für die gelungene Sanierung bekam sie den mit dreitausend Euro dotierten Förderpreis aus der Stiftung der Sparkasse.

Neue Aufgaben stehen an.

Als nächsten Sanierungsfall nimmt der Familienverbund ein Haus im Küb­lersgäßchen in Angriff. Es ist nicht mehr in der Liste der Denkmäler aufgelistet, unterliegt aber dem Ensembleschutz. Das Objekt befindet sich in einem bemitleidenswerten Zustand und war voller Müll. Jetzt soll es in Schuss gebracht werden. Die Planung lässt erkennen, welches Potenzial in dem Umbau steckt. Auf der Terrasse im Dachgeschoss werden die Bewohner sicher einmal herrliche Sommerabende verbringen.

An der Sanierung eines Mehrfamilienhauses in der Wenggasse ist Max-Stephan Zimmer als Bauleiter beteiligt. Die Immobilie hat er an einen privaten Investor aus Fulda vermittelt. In dem Altbau sollen vier moderne Wohnungen entstehen.

Erfreulich ist festzustellen, dass die Altstadt durch das Instrument der Städtebauförderung wieder verstärkt als Wohnstandort gefragt ist. Mit hochwertigen und aufwändigen Sanierungen wenden sich die Investoren eher an ein besser verdienendes Klientel. Der Trend zum Wohnungsbau zeigt sich auch in den Neubaugebieten mit ihren Ein- und Mehrfamilienhäusern, praktikabel angelegt, barrierefrei, mit einem Anwohnerparkplatz sowie einem Aufzug im Haus. Der Markt ist da.

Hochwertiger Wohnraum ist ein Lösungsansatz – jedoch nur teilweise. Es fehlt an preisgünstigem Wohnraum mit kleinen Wohnungszuschnitten und preiswerter Innenausstattung für Alleinstehende und Familien mit geringem Einkommen, aber auch für die wachsende Zahl von Flüchtlingen. Die Förderung der Wohneigentumsbildung ist auch ein sozialer Auftrag. sis


„Japan trägt uns nicht mehr“

$
0
0

Schwächelnden Auslandsmarkt durch verstärkte Inlands-Marketingaktivitäten kompensieren

ROTHENBURG – Rothenburg braucht „neue innovative Produkte“, um auf sich aufmerksam zu machen und Stagnation zu vermeiden, sagt Tourismusdirektor Dr. Jörg Christöphler.

Der Tourismus ist eine sensible Branche mit weltweit wirtschaftlichen Verflechtungen, in der Risiken häufiger und verstärkt auftreten. Kriege und gewalttätige Auseinandersetzungen, internationaler Terrorismus, neue Krankheiten und Epidemien, die Zunahme von Naturkatastrophen, extreme Wetterereignisse und die Flüchtlingsströme führen dazu, dass das Bedürfnis nach Sicherheit zurzeit verstärkt thematisiert wird. „Die Reisezurückhaltung aus dem asiatischen Raum trifft uns mit Sicherheit“, lautete seine Prognose. „Wir werden keine Insel der Seligen bleiben, wenn um uns herum die Wellen der Gewalt schon nahe an uns heran schwappen.“ Der hohe Auslandstourismus mache Rothenburg sehr anfällig für Schwankungen.

Hohe Abhängigkeit vom Auslandstourismus: anfällig für Schwankungen.     Foto: Schäfer

Hohe Abhängigkeit vom Auslandstourismus: anfällig für Schwankungen. Foto: Schäfer

Mit seinen Übernachtungszahlen steht Rothenburg aber immer noch gut da. „Wir haben uns nach einer leichten Stagnation auf sehr hohem Niveau 2014 zwar wieder erholt, aber im Vergleich fehlt es an Dynamik“, meint der Tourismusdirektor. Von Januar bis November 2015 wurden 476444 Übernachtungen registriert. Das traditionell hohe Ergebnis vom Dezember steht noch aus und kommt vom Bundesamt für Statistik.

Im Vergleich zum Rekordjahr 2013 steht Rothenburg in einigen Märkten besser da. Bei den Reisenden aus den USA gab es eine Stagnation. Einen deutlichen Rückgang zeichente sich von Januar bis November letzten Jahres bei den ausländischen Touristen aus Japan (minus 17 Prozent) ab. Andere Auslandsmärkte wie China, Taiwan, Südkorea, Brasilien und Gäste aus Großbritannien konnten die Rückläufe aus Japan auffangen. Der Rothenburg-Tourismus profitierte auch von den Gästezahlen aus Italien und den Niederlanden. Zu den neuen Wachstumsmärkten gehören Brasilien und Kanada.

Für Gäste aus Übersee sei das Wohlfahrt-Weihnachtsdorf ein wichtiger Anlass nach Rothenburg zu kommen, meinte der Tourismuschef und fügte an: Das Programm habe „80er-Jahre-Stil“ und müsste aufgefrischt werden, meinte der Tourismuschef. Um gegen schwächelnde Auslandsmärkte gewappnet zu sein, soll Rothenburg für den Inlandsmarkt wettbewerbsfähiger aufgestellt werden. Hilfreich seien Initiativen wie „Genießen ob der Tauber“ – ein Marketing für Kulinarik der Gastronomie – und kulturelle Vielfalt. Dazu zählen nach seiner Auffassung Toppler Theater, Weindorf, Märchenzauber „mit sehr starker regionaler Präsenz“ und der Reiterlesmarkt als Besuchermagnet in der Adventszeit. sis

Zusammen singen

$
0
0

Flüchtlinge und Einheimische bilden einen Chor

ROTHENBURG – Sie sprechen Arabisch, Persisch, Kurdisch, Serbisch, Englisch. Die Flüchtlinge lernen fleißig Deutsch – auch beim Singen mit Einheimischen. Das Chorprojekt unter der Leitung von Cornelia Kartak hat erst begonnen und findet guten Zuspruch.

Seit drei Wochen treffen sich Jugendliche und Erwachsene, Flüchtlinge und Einheimische jeden Montagabend um 19.30 Uhr in der Düllstube im Gemeindezentrum Jakobsschule zur Übungsstunde. Der Raum füllte sich bis zur Kapazitätsgrenze. Cornelia Kartak beginnt mit Lockerungsübungen und Einsingen, um die Stimme aufzuwecken, den Kehlkopf aufzuwärmen, Höhe und Tiefe auszuloten. Die Stimme muss sich erst auf die feineren Muskelabläufe einstimmen, die beim Singen stattfinden. Ihr Mann, Martin Kartak, übernimmt mit Gitarre und Gesang die musikalische Begleitung. Auch die beiden gemeinsamen Töchter verstärken den gemischten Chor.

Chorleiterin Cornelia Kartak: „Mit Musik lässt sich viel lernen.“

Chorleiterin Cornelia Kartak: „Mit Musik lässt sich viel lernen.“

In der Singstunde ist auch Zuhören wichtig, wie im Leben. Cornelia Kartak legt Wert darauf, dass die Sängerinnen und Sänger sauber singen lernen. Ihre direkte Art kommt gut an. Die Aussprache wird geübt, so können die Zuwanderer auch ihr Deutsch verbessern und die schwierige deutsche Grammatik lernen. Einzelne Begriffe müssen erst erklärt werden. Rodeln kennt nicht jeder Flüchtling.

Um die Mehrstimmigkeit anzubahnen in der ungeübten Gruppe, erfordert es in erster Linie Geduld. Auch die Rothenburger Neulinge in der Musiktheorie sind gefordert, die einzelnen Töne, die ihnen vorgespielt werden, einigermaßen korrekt nachzusingen und beim mehrstimmigen Kanonsingen nicht durcheinander zu geraten. Die Experimente fördern den Spaß an der Sprache und am Rhythmus. Auch der gesellige Aspekt und das Gespräch kommen dabei nicht zu kurz.

Die Liedtexte lasen die Chormitglieder vom Blatt oder von der Tafel ab. Übung macht den Meister. Mehrmals wiederholte die Gruppe das Lied „Bau nicht dein Haus auf den losen Sand“ und das freudige Jahreszeiten-Lied „Ich liebe den Sommer, die Herbstzeit und den Winter“. Zur bekannten Melodie „Laudato si“ (Sei gepriesen) aus dem Sonnengesang des Franz von Assisi hat Cornelia Kartak einen Text geschrieben, der die verschiedenen Menschen und Kulturen zusammenbringt und die Begegnungen vervielfältigt: „Wir kommen aus vielen Kontinenten und Religionen und wir singen hier zusammen, denn Musik ist die Sprache, die alle verstehen.“ Als wiederkehrender Vers erklang der signalhafte Text: „Wir sind Zusi – Wir wollen zusammen singen.“ Voraussetzungen, um im Chor dabei zu sein, gibt es eigentlich keine. Wer

Musik verbindet Kulturen: Das Chorprojekt fördert den Spaß und integriert Flüchtlinge in den Kreis der Einheimischen. Fotos: Schäfer

Musik verbindet Kulturen: Das Chorprojekt fördert den Spaß und integriert Flüchtlinge in den Kreis der Einheimischen. Fotos: Schäfer

kommen will, sollte auf jeden Fall Spaß am Singen mitbringen. Vielleicht spielen ja einige ein Instrument, das sich in die Chor-Arrangements einbauen ließe. Vor keiner Chorprobe weiß Cornelia Kartak, wie viele Menschen kommen werden und welche Erwartungen und Voraussetzungen sie mitbringen. Das verlangt auch Improvisat­ions­talent. An Auftritt denkt die Chorleiterin zu Beginn des Projektes noch nicht. Doch sie will nicht ausschließen, dass man nach einiger Zeit auch eine kleine Vorstellung geben könnte. sis

Kreisel kommt schon ab Pfingsten

$
0
0

Marktprojekt Bodelschwinghstraße wirft Schatten voraus – Lieferservice für acht Jahre

ROTHENBURG – Schon ab Pfings­ten soll mit den Bauarbeiten für den Kreisel begonnen werden, der das kommende Marktprojekt Bodelschwinghstraße samt seinem Vollsortimenter und seinem Discounter an die Staatsstraße 2419 (frühere Bundesstraße 25) anbindet. Das ist in der jüngsten Stadtratssitzung mitgeteilt worden.

Einstimmig, wie mit einer kleinen Ausnahme (siehe Beitrag links unten) alles, hat das Gremium die erforderlichen Änderungen für den Bebauungsplan Sondergebiet Bodelschwinghstraße und auch die Tektur für die Änderung des Flächennutzungsplanes beschlossen. In nichtöffentlicher Sitzung wurde der Weg freigemacht für den Erwerb der Flächen für den Parkplatz durch Edeka als den Betreiber des Projektes. Insgesamt geht es dabei um knapp 1800 Quadratmeter. Der Stadtrat hat dem Kaufvertrag für diese Fläche zugestimmt.

Der Bebauungsplan Sondergebiet Bodelschwinghstraße mit dem Kreisel (oben).

Der Bebauungsplan Sondergebiet Bodelschwinghstraße mit dem Kreisel (oben).

Außerdem gab das Gremium grünes Licht für den Durchführungsvertrag, der das vorhabenbezogene Bebauungsplanverfahren begleitet. Eckpunkt dabei ist, neben dem Kreisverkehr und der Übernahme sämtlicher Kosten dafür nach dem Verursacherprinzip (Edeka muss für alles aufkommen), dass der Edeka-Markt an der Widmannstraße innerhalb von spätestens vier Wochen nach Eröffnung des neuen Marktes Bodelschwinghstraße geschlossen werden muss. Außerdem verpflichtet sich der Vorhabenträger für mindestens acht Jahre, einen Lieferservice mit dreimaliger Versorgung pro Woche für das Gebiet der Rothenburger Kernstadt anzubieten. Damit soll die Schließung des Edeka-Marktes im Hasa-Areal ausgeglichen werden. Früher war gefordert worden, der altstadtnahe Markt im Hasa-Areal müsse gleichzeitig weiter betrieben werden.

Außerdem entschied der Stadtrat, für die Sanierung des Anwesens Wenggasse 1 Städtebaufördermittel in Höhe von 76200 Euro freizumachen. Einig war sich der Stadtrat, dass Rothenburg zum Verband „Bürgermeister für den Frieden“ beitritt und dass der Touristikamts-Chef Rothenburg bei der Germany Travel Show der Deutschen Zentrale für Tourismus in London vertritt. Zimmererarbeiten und Rohbauarbeiten für den Umbau des Spitalgebäudes zum Schülerwohnheim wurden vergeben.

Bei der Sitzung begannen darüber hinaus die Beratungen für den städtischen Haushalt 2016. Kämmerer Franz Fisch schickte die Erklärung zur Finanzlage der Stadt voraus. Dann blätterte sich der Stadt­rat auf der Suche nach Verbesserung zwei Stunden lang durch den Verwaltungsabschnitt und durch die Liste für den städtischen Bauunterhalt. Wir berichten noch. -ww-

Alexander Zierer wird Tilly

$
0
0

Neubesetzungen beim Festspiel – Stadtbaumeister als kaiserlicher Offizier

ROTHENBURG – Zeit des Rollenwechsels und auch der neuen Gesichter beim Historischen Festspiel „Der Meistertrunk“: Ein Tilly rückt nach und auch etliche andere Akteure schlüpfen von einem Kostüm ins andere. Dazu kommen einige Neulinge auf der Bühne des Kaisersaals, darunter mit Stadtbaumeister Michael Knappe ein prominentes Gesicht.

Als neuer Tilly gibt heuer der Rechtsanwalt Alexander Zierer (45) sein Debüt. Er löst Willi Friedlein (65) ab, der seit 1997 in einer der beiden Gruppen die Hauptrolle spielte, Zierer ist kein Neuling auf der Bühne des Kaisersaals. Allerdings wechselt er von den Rothenburgern zu den Kaiserlichen. Zuletzt gab er den Bürgermeister Bezold. In der Festspielgruppe Zierer rückt Florian Vogel, der zuletzt den Senator Rücker spielte, auf den Posten als Bürgermeister Bezold nach. Den Senator Rücker gibt Ernst Kaupert, der vorher die Rolle des Henkers hatte. Neu auf der Bühne des Kaisersaals werden in bevorstehender Saison etliche Akteure zu sehen sein: Andreas Fahrenbach als Senator Staudt, Dominik Grömer als Senator Hoffmann und Harald Beck als Henker Christoph Meder.

Alexander Zierer (Mitte), hier als Bürgermeister Bezold, schlüpft in die Rolle des Tilly. Foto: Forberg

Alexander Zierer (Mitte), hier als Bürgermeister Bezold, schlüpft in die Rolle des Tilly. Foto: Forberg

Des Kellermeisters Töchterlein Anna spielt Larissa Steinke. Als Magdalenakinder haben Anna Häßlein und Toni Ehrlinger ihren Auftritt. Timo Herrscher gibt den Hans Staudt junior. Am Dienstag, 16. Februar, geht es für die Gruppe Zierer in die Vorbereitungszeit für die Saison 2016. Die Proben beginnen.

Aus der Gruppe Reihs gibt es eine kleine Sensation zu berichten. Für den im vergangenen Jahr überraschend verstorbenen Volker Bach rückt mit Stadtbaumeister Michael Knappe ein prominenter Mann nach als Kaiserlicher Offizier. Als Magdalenakinder werden in dieser Festspielgruppe um Tilly Stefan Reihs ein Mädchen und ein Bub die Blicke auf sich ziehen: Allegra Osthus und Hannes Thiel. Den Hans Staudt junior gibt in dieser Riege Jonas Finkenberger. Eine letzte Rolle ist bislang noch offen bei der Gruppe Reihs. Für Erwin Christofori, der aufgehört hat, wird dringend noch ein Nachfolger gesucht. Er spielte den Superintendenten Zierlein.

Vielleicht, so die Hoffnung der Festspieler, lässt sich diese letzte Lücke ja noch bis zum Mittwoch, 17. Februar, schließen. Denn an diesem Tag beginnen schon die Proben für die Gruppe Reihs. -ww-

An SPD-Tugenden erinnert

$
0
0

Stellvertretender Bundesvorsitzender Thorsten Schäfer-Gümbel zur Migration

ROTHENBURG – „In der Krise beweist sich der Charakter.“ Das hat Helmut Schmidt gesagt, der im vergangenen Jahr verstorbene große Mann der SPD. Eben das bringt es für den stellvertetenden Bundesvorsitzenden der Sozialdemokraten, Thorsten Schäfer-Gümbel, in der derzeitigen Situation auch auf den Punkt. Beim politischen Frühschoppen der Kreis- und Orts-SPD am Samstag im „Rappen“ legte er den Zuhörern nahe, zum Thema Migration und Integration die Grundwerte der Partei zu leben und zu pflegen.

„Lassen sie uns gemeinsam Charakter beweisen,“ betont er zum Ende seiner rund einstündigen Rede vor SPD-Leuten aus Rothenburg und aus dem gesamten Landkreis Ansbach. Langanhaltender Beifall im vollbesetzten Rappensaal. Damit hat er vielen aus dem Herzen gesprochen. Der hessische Landeschef und Fraktionsvorsitzende der Partei hat 2009 seine an Vorwürfen des politischen Wortbruchs und an internen Differenzen gescheiterte Vorgängerin Andrea Ypsilanti abgelöst. Er darf sich zu jenen zählen, die das Bild der neuen SPD und ihrer Führung prägen. Dazu muss er sich nicht verbiegen, wirkt authentisch. Und er weiß ganz offensichtlich, wovon er spricht, In freier Rede beharkt er hier ein Themenfeld, das er bis ins Effeff kennt. Nach allen Regeln anspruchsvoller politischer Rhetorik leuchtet er es aus in seinen vielen Dimensionen.

Im Gespräch: von links stellvertretender Kreisvorsitzender Hans Unger, Landtagsabgeordneter Scheuenstuhl, Thorsten Schäfer-Gümbel, Ortsvorsitzender Günther Schuster und stellvertretender Kreisvorsitzender Rösch.

Im Gespräch: von links stellvertretender Kreisvorsitzender Hans Unger, Landtagsabgeordneter Scheuenstuhl, Thorsten Schäfer-Gümbel, Ortsvorsitzender Günther Schuster und stellvertretender Kreisvorsitzender Rösch.

Sein Stopp in Rothenburg auf dem Weg zum Auftritt im Landkreis Donau-Ries gerät zum packenden Plädoyer für ein Miteinander und für den gesellschaftlichen Zusammenhalt auch und gerade in dieser sicher nicht leichten Zeit. Vor ziemlich genau einem Jahr sei alles plötzlich gekippt. Was vorher nur eine „Frage in Fernsehbildern“ war, sei zu uns in die Nachbarschaft gekommen, nicht zuletzt mit Kleinkindern als Betroffenen und Schutzsuchenden.

Der frühere wissenschaftliche Mitarbeiter für Europäische Integration am Institut für Politikwissenschaft der Universität Gießen und Referent des Sozial- und Jugenddezernenten der Stadt Gießen ist seit 2013 einer von insgesamt sechs Stellvertretern des Parteivorsitzenden Sigmar Gabriel. Er sieht in der bei uns geführten Debatte um die Flüchtlinge die Realität ziemlich auf den Kopf gestellt. Viel zu sehr würden sich die Deutschen selbst unter den gegebenen Vorzeichen als Opfer des syrischen Bürgerkriegs sehen.

Dabei gebe es doch Schicksale wie das dieses dreijährigen Jungen kurdischer Abstammung namens Aylan Kurdi aus Syrien. Der Bub starb am 2. September vergangenen Jahres auf der Flucht vor der Küste von Bodrum im Südwesten der Türkei. Die Bilder von seinem Leichnam erregten weltweites Aufsehen.

Verdreifacht habe sie sich allein im Januar, die Zahl der im Mittelmeer ertrunkenen Flüchtlinge: „Die Krise ist nicht vorbei“. Aber die Konfrontation damit und die Auswirkungen bis hier vor Ort bereite bei uns Schwierigkeiten. Dabei sei der Flüchtlingsanteil in unserem Land weit entfernt von dem beispielsweise im Libanon. Selbst nach großen zurückliegenden Einwanderungswellen wie in der Folge des Zypernkonflikts und weiterer Auseinandersetzungen im südöstlichen Mittelmeerraum mache inzwischen allein der Anteil der Syrer stolze 25 Prozent der Bevölkerung aus.

Ja. Deutschland stehe vor einer großen Integrationsaufgabe. Das räumt Thorsten Schäfer-Gümbel ein. Er lobt bei dieser Gelegenheit ausdrücklich die vielen Ehrenamtlichen, die sich in der Flüchtlingshilfe engagieren: „Sie haben diesem Land ein anderes Gesicht gegeben.“ Aber auch der viel gescholtene öffentliche Dienst habe sich in den letzten neun, zwölf Monaten von seiner anderen Seite gezeigt und bewiesen, wie leistungsfähig und flexibel er sei, wenn es darauf ankommt.

Der Formel der Kanzlerin („Wir schaffen das!“) ziehe er persönlich die von SPD-Ex-Kanzler Gerhard Schröder („Wir können das!“) vor, sagt er. Und weiter: „Unsere Arbeit ist die des gesellschaftlichen Zusammenhalts“ Das sei sozialdemokratisches Credo. Da dürfe es kein Gegeneinanderausspielen geben, weder beim Wohnraum noch beim Arbeitsplatz noch in anderer Hinsicht. Daran orientierten sich beispielhafte Integrationskonzepte der Partei, wie das der rheinland-pfälzischen Ministerpräsidentin Malu Dreyer.

Der Rappensaal ist gut gefüllt beim Frühschoppen der Kreis- und Orts-SPD am Samstag. Fotos: Weber

Der Rappensaal ist gut gefüllt beim Frühschoppen der Kreis- und Orts-SPD am Samstag. Fotos: Weber

Dass nun und in absehbarer Zeit noch öfter verschiedenen Versäumnissen hinterhergelaufen werden müsse, spreche nicht gerade für den Weitblick der politisch Verantwortlichen vor fünf Jahren. In Ballungsbereichen Hessens fehlten schon jetzt Zehntausende von Wohnungen und für viele sei die Miete bei Quadratmeterpreisen von 11 bis 14 Euro schlicht nicht mehr bezahlbar.

Es sei angesichts dessen, was schon in Kürze an weiterem Bedarf entstehe, sicher richtig, jetzt „massiv in den Wohnungsbau zu gehen“. Allerdings wäre es nicht schlecht gewesen, wenn man das Defizit schon Anfang des Jahrzehnts angepackt und gegengesteuert hätte, meint Thorsten Schäfer-Gümbel. Hans-Werner Sinn, der vor der Verabschiedung in den Ruhestand stehende Chef des Münchner Ifo-Instituts, zählt für den stellvertretenden SPD-Bundesvorsitzenden zu jenen, die mit ihren Äußerungen Stoff für Spaltung liefern. Damit bezieht er sich auf die Vorschläge, den Mindestlohn auszusetzen und dazu auch noch das Rentenalter weiter anzuheben. „Leute wie Sinn vergreifen sich am sozialen Frieden“, entrüstet sich Thorsten Schäfer-Gümbel.

Sicher: Es gelte, die kulturelle und politische Bildung hochzufahren für alle, die ins Land kommen. Von daher begrüße er die Integrationskurse. Freilich seien diese auch Mitgliedern der Bayerischen Staatsregierung zu empfehlen. Diese fabuliere über Integration und reduziere gleichzeitig die Kursangebote. Die Haltung von CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer kritisiert er scharf. Seinen Vorschlag, entsprechend auffällig gewordene Flüchtlinge noch vor einem Gerichtsurteil abzuschieben, nennt er „verlogen bis zum Anschlag“.

Die Unionsfamilie habe einen Realitätsschock erlitten. Das habe sie sich zu nicht unwesentlichen Teilen selbst zuzuschreiben. Sie habe sich über viele Jahre hinweg standhaft geweigert, das von vielen Seiten immer wieder geforderte Einwanderungsgesetz zu machen, das politische Migration und Arbeitsmigration regelt. Nicht von ungefähr sei das Kanzler-Wort zur Aufnahme der am Stacheldraht der ungarischen Grenze aufgehaltenen Flüchtlinge am Jahrestag der deutschen Wiedervereinigung 3. Ok-tober 2015 erfolgt. Vor dem Hintergrund der innerdeutschen Geschichte habe das Motto der Feierstunde im Bundestag passend „Grenzen überwinden“ gelautet.

In diesem Zusammenhang macht der stellvertretende Bundesvorsitzende der SPD die internationale Verantwortung unseres Landes zum Thema. Er geißelt die Haltung von Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen. Sie beschäftige sich viel zu sehr mit der immer neuen Frage, an welchen Brennpunkten im Ausland die Bundeswehr, deren Einsatzfähigkeit seines Wissens nicht hundertprozentig gewährleistet sei, noch tätig werden solle. Dem hält er als postives Beispiel die unermüdliche und auch effektive Vermittlungstätigkeiten von Außenminister Frank-Walter Steinmeier in Krisengebieten entgegen. Eine Lösung in Syrien könne nur politisch gefunden werden.

Klar bezieht Thorsten Schäfer-Gümbel Position zur Globalisierung. Sie erfolgreich zu gestalten, sei für unser Land, in dem jeder zweite Arbeitsplatz vom Export abhängt, wichtiger als anderswo. Derzeit bringe jeder Euro, der in den armen Ländern investiert werde, zwei Euro Gewinn. Die 63 reichsten Menschen der Welt haben so viel Vermögen wie 3,5 Milliarden Menschen im Armenhaus der Erde, kritisiert er. Es müsse auch in dieser Hinsicht gelten, was für ihn zum Allgemeingut gehöre: Wenn alle etwas vom Erfolg haben, geht es allen gut. Da brauche aber jetzt in der Familie Quandt keiner Angst haben, auf Mindestlohn-Niveau zu geraten: „Das schafft keine Vermögenssteuer der Welt.“

Landtagsabgeordneter Harry Scheuenstuhl greift das Hauptthema seines Vorredners in seinen anschließenden Anmerkungen auf. Jeden Tag gebe es in Deutschland inzwischen einen Anschlag auf ein Flüchtlingsheim. Der Faschismus habe Einzug gehalten in den bürgerlichen Rand der Gesellschaft: „Da müssen wir dagegenhalten.“

Stellvertretender SPD-Kreisvorsitzender Christoph Rösch hatte den politischen Frühschoppen von Kreis-SPD und Rothenburger Orts-SPD mit einem Gedicht von Hoffmann von Fallersleben eröffnet. Daraus klang frischer Mut und neue Hoffnung als Wunsch an alle für das noch junge Jahr. Das beziehe sich nicht zuletzt auch darauf, dass es Antworten zu finden gelte für das Zusammenleben in Deutschland, meinte er.

Im Rappensaal konnte er unter den zahlreichen Zuhörern aus Kreis- und Orts-SPD unter anderem auch Alt-Oberbürgermeister Herbert Hachtel und dessen Frau Anna sowie Oberrechtsrat Michael Sommerkorn, den Gebsattler Bürgermeister Gerd Rößler und den Ortsvorsitzenden Günther Schuster begrüßen. Die Rothenburger SPD steuerte zum Frühschoppen musikalische Begleitung mit dem Fraktionsvorsitzenden Dr. Günther Strobel am Keyboard und dessen Tocher Theresa an der Geige bei. Es erklangen zunächst Bachs Air Suite Nr. 3 in D-Dur, dann zum Mitsingen „Wann wir schreiten Seit‘ an Seit’“ und „Brüder, zur Sonne, zur Freiheit“. -ww-

Viewing all 1548 articles
Browse latest View live