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Bauausschuss votierte einstimmig

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Für die Umsetzung von drei Einzelhandelsfachmärkten im ehemaligen Schlachthof

ROTHENBURG – Nach sorgfältiger Abwägung aller Umstände hat der Bauausschuss einmütig dem Einzelhandelsprojekt mit 70 Parkplätzen auf dem Gelände des ehemaligen Schlachthofes zugestimmt.

Ortstermin: Bauausschuss und Verwaltungsspitze im alten Schlachthof.      Foto:Schäfer

Ortstermin: Bauausschuss und Verwaltungsspitze im alten Schlachthof. Foto:Schäfer

Nach vielen Gesprächen und Verhandlungen wurde eine Lösung gefunden, die für die weiteren Schritte bindend ist. Bauliche Eingriffe in die Gesamtanlage seien aus städtebaulichen und denkmalpflegerischen Gründen gerechtfertigt, hieß es. Das Landesamt für Denkmalpflege, Stadt­heimatpfleger Prof. Dr. Konrad Bedal und der Verein Alt-Rothenburg bleiben als Träger öffentlicher Belange wegen der Art und Intensität des beabsichtigten Eingriffs bei ihrer ablehnenden Haltung.

Mit Unverständnis und Verärgerung haben Verwaltung und Bauausschuss auf die späte und unkonkrete Antwort der benachbarten Wohnhausbau- und Grundstücksgesellschaft Moll reagiert. Die Stadt hatte im Zusammenhang mit der neuen Nutzung des Schlachthofareals vor mehreren Monaten die Möglichkeit angeboten, nach einer gemeinsamen Lösung für das benachbarte Edeka-Marktgelände in der Widmannstraße zu suchen. Die Lebensmittelfiliale steht bald verwaist nach der Eröffnung des neuen Marktes in der Bodelschwinghstraße. Die erhoffte Reaktion der Grundstückseigentümer blieb aus. Erst am Tag der Entscheidung im Bauausschuss wurde das Angebot einer Besprechung und Zusammenarbeit in Aussicht gestellt. Zu einem Zeitpunkt, wo schon ein schlüssiges Plankonzept zur Abstimmung vorlag. Es ist das Ergebnis eines harten Weges der Verhandlungen für eine langfristig tragfähige Lösung, die für beide Seiten vorteilhaft ist, die aber auch weitreichende Zugeständnisse abverlangte.

Vor der bauplanungsrechtlichen Entscheidung des Bauausschusses in öffentlicher Sitzung fand noch eine Ortsbesichtigung statt, bei der Stadt und Bauordnungsbehörde als Untere Denkmalschutzbehörde die geplanten Maßnahmen unter Hinweis zum sorgsamen Umgang mit dem Areal erläuterten. Der ehemalige Schlachthof ist erst seit August 2013 auf Betreiben der eingemieteten Rothenburger „Projektschmiede“ in der Denkmalliste des Freistaates gelistet. Die Stadt als Eigentümerin war an diesem Vorgehen nicht beteiligt.

Über 20 Jahre hat die Stadt versucht, das Gelände zu verkaufen. Ohne Erfolg. Dann überließ sie der Beschäftigungsinitiative die Nutzung der Gebäude, zeitlich begrenzt, um Entwicklungsmöglichkeiten zu haben. 15 Jahre funktionierte dieses Modell. Dann trat mit dem bundesweit tätigen Unternehmen „asp Projektsteuerung“ aus dem niedersächsischen Emsland eine Investorengruppe an die Stadt heran und stieg in konkrete Verhandlungen ein, begleitet durch weitere vertrauensbildende Schritte. Kürzlich beschloss der Stadt­rat das Schlachthof-Kaufangebot für den Investor. Nun ging es darum, eine positiv beschiedene Baugenehmigung zu erhalten.

Wie berichtet, will der Bauherr drei Einzelhandelsgeschäfte ansiedeln, die er über Vorverträge zu binden versucht, solange kein endgültiger Mietvertrag abgeschlossen ist. Die Anlieger haben dem Bauvorhaben zugestimmt. Die Denkmalschützer stören sich vor allem an dem großflächigen, eingeschossigen Anbau mit Flachdach. Er befindet sich in einem von der Straße abgewandten Bereich und wird mit einer breiten Glasfuge vom Altbestand abgesetzt. Wenn schon ein Erweiterungsbau erforderlich ist, dann soll er deutlich abgerückt oder maximal durch einen überdachten Gang angeschlossen sein, sagt das Denkmalamt. Weiterer Kritikpunkt ist der Abriss der ehemaligen Schlachthof-Freibank (zuletzt Kletterraum des Alpenvereins). Aus Sicht der Stadt erfüllt das Bauwerk nicht die Merkmale eines Einzeldenkmals. Es muss wegen der neuen Zufahrt weichen.

Von den Eingriffen im Gebäudeinnern sei überwiegend denkmalpflegerisch unbedeutende Substanz betroffen, hieß es. Durch optische Maßnahmen bleiben die ursprüngliche Grundrissaufteilung und damit die Gebäudefunktion ablesbar. Im Bereich des Kühlturms werden nur Wanddurchbrüche in heutiger Raumhöhe geschaffen und die oberen Bereiche sowie die Muschelkalksäulen erhalten. Die Außenhülle des Hauptgebäudes wird vollständig erhalten beziehungsweise durch den Abbruch der nicht schützenswerten Anbauten aus den 50er- und 60 Jahren wieder freigestellt. Es sollen lediglich weitere Fenster geschaffen beziehungsweise bestehende Öffnungen vergrößert werden, die jedoch in Gestaltung, Form und Material an den historischen Bestand angepasst werden.

Im Inneren müssen tragende Wände herausgebrochen werden, um den großen Verkaufsflächen für die Einzelhandelsnutzung zu schaffen. Die historischen Ausstattungsstücke an Wänden und Decken, die die Funktion des Gebäudes als Schlachthof widerspiegeln, bleiben erhalten. Mit dieser Lösung zeigte sich der Bauausschuss einverstanden. sis


Unermüdliche Chronisten

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Dokumentarfilmgruppe um Thilo Pohle erhielt Gottlob-Haag-Ehrenring

ROTHENBURG – „Der innere Kritiker streckte seine Waffen, er hisste die weiße Flagge“, kommentierte Mundartdichter Manfred Kern seine Entscheidung, Thilo Pohle und dessen engagierte Dokumentarfilmgruppe als nächste Träger des Gottlob-Haag-Rings auszuwählen. Es konnten einfach keine verdienteren Nachfolger gefunden werden. In einer Feierstunde wurde die schmückende Kulturauszeichnung im Rokokosaal des Wildbads übergeben.

Manfred Kern (3.v.l.) gab den Gottlob-Haag-Ring an Thilo Pohle und seine Dokumentarfilmgruppe weiter. Foto: Scheuenstuhl

Manfred Kern (3.v.l.) gab den Gottlob-Haag-Ring an Thilo Pohle und seine Dokumentarfilmgruppe weiter. Foto: Scheuenstuhl

„Des hast guad gmacht, Bua“, wäre wohl Gottlob Haags Lob für seine Wahl gewesen, ist sich Manfred Kern sicher, der ganz im Sinne der Auszeichnung seine Rede in Mundart hielt. Thilo Pohle war Manfred Kerns Deutschlehrer. Dessen, nach eigener Aussage, lange und breite Ausführungen, warum er dieses oder jenes Thema in der Prüfung so nicht bearbeiten könne, stießen bei dem Pädagogen zum Glück nicht auf Ignoranz.

Im Gegenteil, mit viel Feinsinn habe Thilo Pohle gemerkt, dass in dem Jungen „ein Pflänzchen keimt, das Licht und Schutz brauchte“ – und das bekam er von ihm. Mit der Verleih-ung des Gottlob-Haag-Rings hätte er jetzt seinem einstigen Unterstützer etwas zurückgeben können. Der Kreis hätte sich geschlossen. Aber das Schmuckstück werde nicht „aus Dankbarkeit, sondern für Leistung“ überreicht, meldete sich Manfred Kerns innerer Kritiker zu Wort.

Dass Thilo Pohle ihm im Laufe seiner Schulzeit die eine oder andere Eins beschert hatte, kann allerdings nicht wirklich als kulturelle Leistung betrachtet werden. Also galt es Thilo Pohles Lebenswerk außerhalb des schulischen Pflichtprogramms unter die Lupe zu nehmen.

Es gibt wohl nur wenige Menschen, die die Werke der Dokumentarfilmgruppe um Thilo Pohle nicht als aufrüttelnd, informierend, gesellschaftlich wertvoll und einmalig bezeichnen würden. Doch auch hier mahnte der innere Kritiker Manfred Kern zur Sorgfalt: „Verlasse dich nicht auf das Urteil von anderen.“ Deshalb schaute sich Manfred Kern, nach einem zweitägigen Treffen mit Thilo Pohle in seiner Heimat Coburg, dessen Brett-heim-Film „Als der Frieden schon so nah war!“ an.

„Dieser Film zeigt, wie man sich verrechnen kann, wenn die Prämissen nicht stimmten“, erklärte er den vielen Freunden, Bekannten, Weggefährten und ehemaligen Schülern Thilo Pohles, die zur Ringübergabe ins Wildbad kamen. Die „Verblendung und Engstirnigkeit“ der letzten Kriegstage, die die jungen Leute in diesem Film ans Tageslicht bringen und dokumentieren, qualifizieren seiner Meinung nach das Werk zu einem Pflichtprogramm für die jüngste Generation: Der Film komme aus der Schule und soll in die Schulen zurück, so Manfred Kerns Überzeugung.

„Thilo, da habt ihr den Ring“, gab der Mundartdichter das freundschaftlich-lockere Signal für die offizielle Übergabe. Sichtlich berührt nahm Thilo Pohle das Kästchen mit dem ideell bedeutungsvollen Ring entgegen; Mitglieder der Dokumentarfilmgruppe dabei stets an seiner Seite.

An Ausgangspunkt zurück

Denn das ist Thilo Pohle besonders wichtig: Auch wenn er als Gesicht des Projekts gilt, die Auszeichnung gebührt allen Beteiligten, die sich seit vielen Jahren mit Akribie, Kreativität, Feingefühl und Sorgfalt drängenden historisch-gesellschaftlichen Fragen widmen. In seiner Dankesrede findet sich deshalb auch nur selten das Wörtchen „ich“. Mit der Übergabe des Ehrenrings kehre man „wieder an den Ausgangspunkt in Baden-Württemberg zurück“, so Thilo Pohle. Dort wurde vor 35 Jahren in Brettheim der Grundstein für eine „Filmreise rund um die Erde gelegt“. „Eine Dorfgeschichte reiste buchstäblich um die Welt, immer begleitet von Filmschülern“, erinnert sich der pensionierte Pädagoge mit einem Hauch von Ungläubigkeit in der Stimme, angesichts dieser außergewöhnlichen Entwicklungen. Und heute ehren Gottlob Haag und seine Freunde aus Baden-Württemberg eine bayerische Schule – eine weitere „einmalige“ Erfahrung für die Filmgruppe.

Es passt perfekt, dass der Überbringer des Rings ein Grenzgänger sei, „wie die Filmgruppe in den vergangenen 35 Jahren“, so Thilo Pohle. Manfred Kern habe „in bewegender Weise als Nachkriegskind die Folgen einer familiären Auseinandersetzung mit einem Vater der Kriegsgeneration“ erlebt. „Keiner ist deshalb auch glaubwürdiger und kompetenter“, so der neue Preisträger, „die Leistungen der Realschüler zu beurteilen“, denn auch die Geschichte der Filmgruppe sei eine permanente Auseinandersetzung mit dem Erinnern und dem Verschweigen.

Als Dank für die Auszeichnung stellten die Dokumentarfilmschülerinnen Andrea Knäulein, Jessica Melliti, Tina Leyh, Antonia Wanderer und Kerstin Schmidt eine Auswahl von fünf Filmen aus dem Zeitraum von 1982 bis 2016 vor. „Das schönste Kompliment für unsere Arbeit war, dass sie nach den Ausschnitten nicht applaudiert haben“, dankte Thilo Pohle dem Publikum. Ebenso bewegend, aber dennoch mit reichlich Beifall bedacht, war das musikalische Rahmenprogramm von Christine Steinke, Fabian Hörber und Lisa-Marie Henselin.

Das nächste Projekt, auf das sich die Filmgruppe freut, ist ein Film, den indische Jugendliche drehten. Darin interviewten sie Kinder und Jugendliche verschiedener Herkunft, die auf dieselbe Schule gingen. Selbst Experten für das indische Kastenwesen konnten nicht erkennen, welches Kind aus welcher Kaste stammte.

Der Film zeige beeindruckend, so Thilo Pohle, dass bei „gleicher Bildungschance alle Inder gleich intelligent, gleich kreativ und gleich liebenswert“ sind. Zudem dankte er allen Spendern und Unterstützern, die die Arbeit der Filmgruppe erst ermöglichen. Drei Jahre hat Thilo Pohle nun Zeit, sich Gedanken über einen Nachfolger zu machen. Er wüsste schon einen würdigen Kandidaten, lässt er wissen. Doch noch sei die Entscheidung vollkommen offen. mes

Verwaltung im Wandel

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Landkreistag schwört sich auf Digitalisierung ein

ROTHENBURG – Beim Gipfeltreffen der bayerischen Landkreisspitzen in der Tauberstadt waren Digitalisierung und IT-Sicherheit die Schwerpunktthemen. Auf dem zweitägigen Treffen aller 71 Landräte wurden aber auch die Strukturreform des Veterinärwesens, die Verwendung der Spenden für Hochwasseropfer sowie die Finanzierung der Jugendhilfe für minderjährige unbegleitete Flüchtlinge angesprochen.

Präsentierten Tagungsergebnisse: Dr. Jürgen Ludwig, Thomas Karmasin, Christian Bernreiter, Dr. Johann Keller (v.l.).   Foto: Scheuenstuhl

Präsentierten Tagungsergebnisse: Dr. Jürgen Ludwig, Thomas Karmasin, Christian Bernreiter, Dr. Johann Keller (v.l.). Foto: Scheuenstuhl

Für Landkreistagspräsident Christian Bernreiter, Landrat von Deggendorf, führt an der Digitalisierung kein Weg vorbei. Zusammen mit Kollegen und Experten habe man auf der Tagung einen Einblick bekommen, „wo die Reise hingeht“. Das Glasfasernetz sei heutzutage „ebenso wichtig, wie die harte Verkehrsinfrastruktur“ – gerade auch im ländlichen Raum, erklärt er auf der Pressekonferenz.

Es gelte dabei die Verwaltung „auf dem digitalen Weg mitzunehmen“, denn der Bürger wolle vielfach dieses spezielle Angebot haben. Die Landräte haben sich auf ihrer Tagung darüber verständigt, in diesem Bereich „deutlich nach vorne“ zu schreiten. Doch wer digital so viele sensible Daten erfasst wie eine Verwaltung, der ist auch in der Verantwortung diese zu schützen. Der Landkreistagspräsident sei „erschüttert“ gewesen, als ein Experte bei seinem Vortrag, das Beispiel eines Hacker-Angriffs auf ein Behördennetz vorstellte. Mit einer Vielzahl von Rechnern wurden dabei die behördlichen Computer infiltriert und Daten abgegriffen.

Heimat- und Finanzminister Markus Söder versicherte in seiner Rede am zweiten Tag des Treffens, dass der Freistaat eine „IT-Polizeit“ habe, die solche Angriffe abwehren könne. Die Landratsämter allein wären angesichts der digitalen Gefahren überfordert. Aus der Tagung ergab sich deshalb die Forderung, „dass der Freistaat die Ende 2016 auslaufenden Förderprogramme zur Verbesserung der Informationssicherheit in den Kommunen im Doppelhaushalt 2016/2017 verlängert und die Beratungsangebote für die Landratsämter deutlich ausweitet“, wie es in einer Pressemitteilung heißt.

Im Hinblick auf die Strukturreform des amtlichen Veterinärwesens und der Lebensmittelüberwachung bezeichnet der Spitzenverband die Aufteilung der Zuständigkeiten zwischen der neu zu schaffenden Kontrollbehörde mit zwei Außenstellen und den Landratsämtern als „tragfähigen Kompromiss“. Kleinere Betriebe verbleiben in der Zuständigkeit der Landratsämter, wodurch eine „sinnvolle Ortsnähe“ gewährleistet sei. Um 1000 komplexe Betriebe kümmern sich in Zukunft die beiden staatlichen Sonderbehörden.

Zahlreiche bayerische Landkreise waren dieses Frühjahr von verheerenden Hochwasser und Unwetter betroffen, darunter wohl am schwersten der Landkreis Rottal-Inn. Der Bayerische Landkreistag richtete daraufhin ein Spendenkonto ein, um die finanziellen Verluste der Betroffenen zumindest ein kleines Stück weit zu kompensieren. Insgesamt wurden gut 275600 Euro gespendet. Statt diesen Betrag auf alle betroffenen Gebiete im Freistaat zu verteilen – wodurch die Summe für die einzelnen Kreise wohl sehr gering ausgefallen wäre, waren sich die Kreisoberhäupter einig, die gesamte Summe dem Landkreis Rottal-Inn zukommen zu lassen.

Ums Geld geht es auch bei der Betreuung minderjähriger unbegleiteter Flüchtlinge in der Jugendhilfe. Aufgrund der großen Anzahl an Flüchtlingen konnte bei den Jugendlichen nicht im Einzelfall geprüft werden, welche Form der Betreuung sie benötigten. Sie hätten deshalb sozusagen das Pauschalprogramm der Jugendhilfe mit den entsprechenden Kosten bekommen. Thomas Karmasin, Landrat des Landkreises Fürstenfeldbruck, betont, dass es bei der geforderten Neuregelung nicht darum gehe „Hilfe zu verweigern“. Vielmehr soll ein „passgenaues Angebot“ für jeden Flüchtling erstellt werden, wodurch sich dann automatisch die Kosten dafür reduzieren würden.

„Gastgeber“ Landrat Dr. Jürgen Ludwig ging in der Pressekonferenz neben den inhaltlichen Ergebnissen der Tagung auch auf den positiven Nebeneffekt für Stadt und den Landkreis ein. Viele seiner 70 Kollegen seien „vor mehr als 20 Jahren“ das letzte Mal hier gewesen. Der Landkreis hat nun die Chance genutzt, sich mit seinen Strukturen, Aufgaben und Projekten wie dem Schulbau, der Krankenhausfusion und der Sparkassenfusion zu präsentieren. mes

Städtische Naturschönheit

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Themenjahr „Pittoresk“ soll Tourismus auf eine andere Ebene heben

ROTHENBURG – Image ist alles: Um mit dem eigentlich reifen touristischen Produkt Rothenburg weiter- greifende Touristenkreise – vorwiegend in Deutschland – anzusprechen, möchte man in Zukunft auf den naturverbundenen Charme der Tauberstadt setzen. Im Kultur- und Tourismusausschuss stellte Kunsthistorikerin Edith von Weitzel-Mudersbach deshalb die Projektskizze für ein Themenjahr 2021 mit dem Schwerpunkt „Pittoresk“ vor.

Es grünt so grünt: Rothenburg hat abseits der mittelalterlichen Gassen viel Natur zu bieten.  Foto: Scheuenstuhl

Es grünt so grünt: Rothenburg hat abseits der mittelalterlichen Gassen viel Natur zu bieten. Foto: Scheuenstuhl

„Die vollkommene harmonische Einheit von mittelalterlicher Stadt und Landschaft wird mit dem Begriff ,pittoresk’ bezeichnet“, erklärte die ausgewiesene Expertin für Kultur- und EU-Projekte den Ausschuss-Mitgliedern. Rothenburg sei der Inbegriff der mittelalterlichen und der romantischen Stadt – und dank des lieblichen Taubertals auch der pittoresken Stadt. Gleich drei Gründe für die Dienststelle V (Tourismus, Kunst und Kultur) im Rahmen ihrer Strategie von Themenjahren den vermeintlich pittoresken Charakter Rothenburgs gezielt zu vermarkten.

Die hiesigen Touristiker und Kulturverantwortlichen sind aber nicht die ersten, die Rothenburgs Verbundenheit mit der Natur entdeckten. Bereits 1906 soll die Tauberstadt als Vorbild zur Konzeption und zum Bau der Gartenstadt Hampstead nahe Londons gedient haben, so Edith von Weitzel-Mudersbach. Dabei sei besonders die in die Landschaft eingebettete mittelalterliche Architektur als „ästhetisches Ideal“ betrachtet worden sein.

Pittoresk, oder vielmehr „picturesque“, wurde 1782 von William Gilpin in die englische Kulturdebatte eingeführt. Die reisende Gesellschaft war daraufhin angeleitet, bei ihren Lustreisen „das Antlitz der Landschaft nach den Regeln der malerischen Schönheit zu untersuchen“. Edith von Weitzel-Mudersbach findet, dass sich unter diesem Aspekt heute noch „hunderte von schönen und erhabenen Blickwinkeln“ in Rothenburg finden lassen.

Während im 19. Jahrhundert zunehmend die Begeisterung für die Antike, den Humanismus und die Renaissance schwand, steigerte sich das Interesse für das deutsche Mittelalter. Als Folge davon wurde Rothenburg bereits damals zum beliebten Ziel von Reisenden und Künstlern, wie Eugen Bracht, Hans Thoma, Carl Spitzweg, Arthur Wasse und Elias Bancroft. Vor allem Engländer und US-Amerikaner zog es von da an in die mittelfränkische Kleinstadt.

Einreihung in „Premium-Liga“

Die Dienststelle für Tourismus und Kultur verfolgt die Strategie der Themenjahre, um zusätzliche Attraktionen für Rothenburg zu bewerben. Mit dem Schwerpunkt „Pittoresk“ bestehe die Chance, so Edith von Weitzel-Mudersbach, „eine Aufwertung von Rothenburger Veranstaltungsangeboten zu ermöglichen, um es damit in die ,Premium-Liga’ einzureihen“. Der Tauberstadt soll damit zum Siegeszug durch die „Feuilletons namhafter Zeitungen“ verholfen werden. Für den deutschen Markt könne dadurch langfristig „ein höherwertiges Rothenburg-Image hin zum anspruchsvollen touristischen Ziel“ erreicht werden.

Damit aber auch pittoresk drin ist, wo pittoresk drauf steht, soll der Begriff wissenschaftlich untermauert werden durch die Einsetzung eines wissenschaftlichen Kolloquiums. Bereiche, die dieses Gremium bearbeiten würde, erstrecken sich über die Reisen des Adels im 18. Jahrhundert (die sogenannte „Grand Tour“), den Begriff an sich, die Landschaftsmalerei, Künstler in Rothenburg bis hin zu Rothenburg als Vorbild für die Gartenstadt-Bewegung.

Die Projektverantwortlichen können sich vorstellen zu diesen Themen die Stadtbibliothek als Literaturlieferanten einzubeziehen. Auch im Stadtarchiv ließen sich verschiedene Veranstaltungen umsetzen. Ausstellungen in den heimischen Museen oder auch als Wanderausstellung in London, könnten die Künstler-Vergangenheit und die Gartenstadt zum Thema haben.

Um das naturnahe Image gekonnt in Szene zu setzen, böte sich eine „Kleine Landesgartenschau 2022“ in Rothenburg an. Auch für das idyllisch gelegene Wildbad ließe sich eine Einbeziehung finden. Und wenn man ganz groß denken möchte, hält der vorläufige Maßnahmenkatalog die Umsetzung eines Parkkonzeptes mit beispielsweise neuen Sichtachs-en parat. Für ein ansprechendes Gesamtbild setzen die Verantwortlichen auch auf die „Identifikation der Bürger mit ihrer Stadt“. Ein Wettbewerb könne beispielsweise dazu beitragen, dass private Gärten und Fenster vorzeigbaren floralen Glanz bekommen. Das Themenjahr soll mit einem „umfassenden Marketingkonzept“ und zahlreichen lokalen strategischen Kooperationspartnern auf eine fundierte Grundlage gestellt werden.

Hinsichtlich der Kosten setzen die Ausschuss-Mitglieder dabei vor allem auf die Fähigkeiten der ausgewiesenen Kulturfachfrau, die richtigen Fördertöpfe, auch auf EU-Ebene, für dieses Projekt zu finden und anzuzapfen. Der Fördergeldrecherche wird sich Edith von Weitzel-Mudersbach ab November widmen. Danach steht die Entwicklung eines ausführlichen Projektkonzepts an.

Diese beiden Projektstufen (II und III) werden insgesamt mit 5000 bis 8000 Euro zu Buche schlagen. Die Mitglieder des Kultur- und Tourismusausschusses stimmten dieser Ausgabe, die in den Haushalt 2017 eingestellt werden muss, einstimmig zu. mes

Der Wert der Arbeit

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Die Fürsorgepflicht ist die Verpflichtung des Arbeitgebers

ROTHENBURG – Paket-Roboter im Testlauf anstelle des vertrauten Postboten, Pflege-Roboter in Krankenhäusern, Industrie-Roboter, die ganze Arbeitsbereiche übernehmen: Schon heute läuft die Zukunft durch Straßen, Flure und Fabriken.

Moderatorin Pfarrerin Dr. Sabine Behrendt mit Prof. Dr. Peter Heß (von links), Florian Semle, Klaus Mertens und Dieter Vierlbeck. Foto: Norbert Feulner/kda

Moderatorin Pfarrerin Dr. Sabine Behrendt mit Prof. Dr. Peter Heß (von links), Florian Semle, Klaus Mertens und Dieter Vierlbeck. Foto: Norbert Feulner/kda

Wirklich begonnen habe sie noch nicht, überzeugte Prof. Dr. Peter Heß, Nürnberg, Georg-Simon-Ohm-Fachhochschule Nürnberg in seinem Einführungsvortrag im 6. Forum Kirche – Forum–Arbeitswelt im Wildbad. Hier versammelten sich am vergangenen Wochenende rund 70 Teilnehmende aus ganz Bayern zum Diskurs in öffentlichen Vorträgen: Unternehmer, Betriebsräte, Wissenschaftler undPfarrer.

Big Data, der flexibel einsetzbare „Kollege Roboter“ und die Smart Factory als so genannte intelligente Fabrik der Zukunft, in der sich Einzelbereiche selbst organisieren, sind Schritt für Schritt auf dem Vormarsch. Sie werden große Auswirkungen auf die Arbeitswelt haben, prognostizierte Heß, der seit 1991 Professor an der FH Nürnberg und Leiter des Labors für Robotertechnik ist. Zu den Verbesserungen der künftigen Arbeitswelt zählt er eine mögliche Reduzierung gesundheitsschädlicher und den Wegfall monotoner Tätigkeiten. Zu den Risiken die weltweite Ansammlung riesiger Datenmengen, Hackerangriffe und den Wegfall von Büro- sowie einfachen manuellen Arbeitsplätzen im industriellen Bereich. Zugleich würden sich viele Berufsfelder neu entwickeln.

Zusätzliche Jobs würden die Vernetzung von Wissen und neue Formen der Zusammenarbeit im Besonderen im Wissensarbeiterbereich schaffen, sieht Florian Semle von der Beratungsagentur für Netzkommunikation „Digitale Klarheit“ in München voraus. Seine Vision: Von 4.0 werden Menschen weltweit profitieren.

Vor einer Reduzierung des Begriffs „Industrie 4.0“ auf akademische Bildung und vor „Verakademisierung von Arbeitsbereichen“ warnte Klaus Mertens aus Schweinfurt. „Wir brauchen auch den Facharbeiter.“ Mertens, Betriebsrat bei einem der größten Automobil-Zulieferer weltweit, fordert die Wertschätzung menschlicher Ressourcen und eine gemeinsame Gestaltung der digitalen Zukunft. „Wir brauchen Begegnungs- und Kommunikationsräume für den Austausch und das Verständnis der unterschiedlich arbeitenden Menschen, um die Zusammenarbeit von Ingenieuren und Arbeitern zu gestalten. Und wir brauchen eine Debatte, wie wir die Arbeit des Menschen wertiger machen.“

„Wertschätzende Führung wird in Zeiten zunehmender Eigenverantwortung der Mitarbeitenden wichtiger und eine neue Anforderung an Führungskräfte“, unterstreicht auch Bernd von Doering, Schal LED Lightening GmbH Unterschleißheim. „Die Fürsorge gegenüber dem Mitarbeiter muss aktiver gelebt werden, aber es gibt dafür kein Patentrezept.“

Auf das Miteinander von Mensch zu Mensch und soziale wie fachliche Ressourcen setzt auch Dieter Vierlbeck, stellvertretender Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer für München und Oberbayern. In der Diskussion um Leben und Arbeiten bleibt der Bundesvorsitzende der Arbeitsgemeinschaft Handwerk und Kirche gelassen: „Richtig eingesetzt, kann die Digitalisierung die handwerklichen Erfolgsfaktoren unterstützen und verstärken.“ Dazu zählt er die Kommunikations- und Anpassungsfähigkeit, Kreativität, das Anbieten von individuellen Lösungen. Die Herausforderungen bestünden darin, das traditionelle Bild Handwerkergeselle zu überarbeiten, Bildung als lebenslangen, komplexen Prozess weiterzudenken, Berufsbilder neu definiert und Berufsbilder für Menschen mit Einschränkungen zu entwickeln.

Und die Kirche? Sie muss sich auf allen Ebenen einbringen“, forderte Pfarrer Herbert Dersch. „Offene Gesellschaft aus Sicht von Ethik und Theologie“ und bündelte damit auch gleich Ergebnisse der Tagung. Kirche müsse vertreten: Sie muss die Stimme der Menschlichkeit einbringen, sich als Anwalt der Schwachen und der Freiheit zeigen.“ cr

Ein Phänomen

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Der Besuchermagnet Muswiese

ROTHENBURG – Von solchen beeindruckenden Zahlen wie auf der gerade zu Ende gegangenen Muswiese sind die Betreiber der Rothenburger Herbst- und Sommermesse weit entfernt. Über 200000 Besucher kamen zum ältesten und größten Jahrmarkt in Hohenlohe-Franken. Das sind im Durchschnitt 60000 pro Tag.

Alljährlich im Oktober zieht es die Besucher in Scharen aufs Land ins beschauliche Musdorf zum größten Jahrmarkt in Hohenlohe-Franken: Bei Einkauf und Einkehr wird konsumiert, was der Geldbeutel hergibt. Foto: Schäfer

Alljährlich im Oktober zieht es die Besucher in Scharen aufs Land ins beschauliche Musdorf zum größten Jahrmarkt in Hohenlohe-Franken: Bei Einkauf und Einkehr wird konsumiert, was der Geldbeutel hergibt. Foto: Schäfer

Die Rothenburger können nur staunen über die Tüchtigkeit und Beständigkeit des benachbarten Landstrichs. Für Bürgermeister Siegfried Gröner sind das „paradiesische Zustände“. Der seit fast 600 Jahren nachweisbare Handelsmarkt in dem 70 Einwohner zählenden Weiler Musdorf an der Grenze zur früheren Landhege vor Rot am See hat sich zwar gewandelt, aber im Kern ist er immer dasselbe geblieben: ein großer Jahrmarkt mit 280 Verkaufsständen in außergewöhnlich großer Vielfalt an Nützlichem und Schönem.In Sachen Textilien, Haushaltswaren, Heim und Garten.

Auf der angegliederten Landwirtschafts- und Gewerbeausstellung prä­sen­tierten 140 Firmen ihre Produkte für Feld, Stall und Wald in einem aktuellen thematischen Zusammenhang. Darunter die Insinger Familienbetriebe Rohn und Lochner mit Land- und Biogastechnik beziehungsweise Forst­technik. Weitere 59 Aussteller von Handwerk, Handel, Industrie und Dienstleistung warben im Zelt des Bundes der Selbstständigen für ihre Arbeits- und Ausbildungsplätze. Die Muswiese ist auch ein großer Ort der Einkehr. Neun Bauernwirtschaften, ein großes Festzelt, eine Gaststätte und Imbissstände boten herzhafte Hausmannskost, aber auch feine Küche. Anders als auf dem Volksfest in Crailsheim ist der Rummelplatz mit Fahrgeschäften (Schiff­schaukel, Riesenrad im zweijährigen Turnus, drehbare Gondeln und rasante Karussells) bewusst kleiner gehalten, denn der Jahrmarkt soll im Vordergrund stehen. Begleitet vom historischen Metzgertanz, Kuttelessen und Jungviehprämierung.

Das ganze Jahr über ist die im Vorzimmer des Bürgermeisters angesiedelte Gemeindemitarbeiterin Beate Meinikheim mit der Organisation und Abwicklung der Muswiese beschäftigt. Das Fest kennt sie schon seit Kindertagen. Sie stammt aus Rot am See und ist tief in der Tradition verwurzelt. Aus ganz Deutschland kommen die Händleranfragen für einen Standplatz. Ein Vorzug, der es ermöglicht, wählerisch zu sein für die zielgerichtete Auswahl festgelegter Qualitätskriterien beim Angebot aus Einkauf und Einkehr.

Während der fünftägigen Muswiese pendelt ein Bus zwischen den meisten Teilorten der Gemeinde und darüber hinaus. Auch mit dem Zug kommen die Besucher angereist. Der Bahnhof von Rot am See liegt nur einen Katzensprung vom Jahrmarkt entfernt. Kindergärten und Schulen wandern zum Fest für die ganze Familie. Das Rathaus ist während der Muswiesentage geschlossen, aber am Gemeindestand im Gewerbezelt erreichbar. sis

Schlemmerzeit

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Landgasthöfe in der Region locken mit leckeren Menüs

ROTHENBURG LAND – Bereits seit einem Vierteljahrhundert veranstalten Landgast­höfe in den Herbstmonaten ihre Schlemmerwochen. Da darf eine Kostprobe nicht fehlen.

Das Essen war richtig lecker und hat ausgezeichnet geschmeckt. Aber der „guten Stube“ fehlte es an gemütlicher Atmosphäre, um die leckere Vielfalt von Kreationen genießen zu können. Es war eng, laut und warm. Um die 140 Gäste bei der Auftaktveranstaltung in der „Linde“ in Kirnberg unterzubringen, musste eng bestuhlt werden. Die Schlemmerwirte sind jedes Jahr beim gemeinsamen Auftritt in wechselnden Lokalitäten gefordert, sich den Gegebenheiten anzupassen und den verschiedenen Ansprüchen der unterschiedlichen Gäste gerecht zu werden.

Tatsächlich lässt sich in den neun beteiligten Lokalen vorzüglich schlemmen. Das wissen vor allem die Stammgäste, die sich immer wieder gern von den Küchenchefs kulinarisch verwöhnen lassen. Nicht nur in den unwirtlichen Tagen der dritten Jahreszeit, wenn köstliche Herbstgerichte auf dem Tisch stehen und die „Sonderkarte“ die gastronomische Vielfalt abrundet. Die Individualität ist das charakteristische Merkmal der Häuser.

Bis auf den letzten Platz besetzt war die „Linde“ in Kirnberg bei der Auftaktveranstaltung der Schlemmereien. Foto: Schäfer

Bis auf den letzten Platz besetzt war die „Linde“ in Kirnberg bei der Auftaktveranstaltung der Schlemmereien. Foto: Schäfer

Dagegen ist eine Großveranstaltung eine ewige Gratwanderung. Der Start der Schlemmerwochen hat jedes Jahr einen großen Zuspruch und stellt die Wirte, die eigentlich niemand ablehnen wollen, vor die Situation, Gäste nicht vor den Kopf zu stoßen. Zum Auftakt ist das kulinarische Erlebnis besonders abwechslungsreich, denn an dem Abend bietet jedes Haus eine Auswahl seiner Rezepte. Hausherr Thomas Raidel hieß die illustre Gesellschaft aus zahlenden und geladenen Gästen herzlich willkommen. Sein Kollege Wolfgang Heinzel hielt einen kurzen Rückblick auf die 25-jährige Geschichte der Schlemmerwochen mit ihren wechselnden Themenschwerpunkten an raffinierten Speisen. Der Gasthof Linden gehört mit dem Wildbad in Burgbernheim und dem „Schwan“ in Hartershofen zu den Gründern der Gemeinschaft „Schlemmerwochen“ . Alle drei sind bis heute dabei.

In verschiedenen Zusammensetzungen entwickelte sich das Projekt erfolgreich weiter: in einer guten Mischung aus Bewährtem und Neuem. Im respektvollen Umgang miteinander wurden aus ehemaligen Konkurrenten im Laufe der Zeit Kollegen oder sogar Freunde. Der Gruppe gelang es immer wieder, unterschiedliche Interessen auszubalancieren und Situationen konstruktiv zu lösen. Damals wie heute eint die Schlemmerwochenwirte das Ziel, nach allen Regeln gastlicher Kunst außergewöhnliche Gaumenfreuden zu bieten. Dafür ziehen sie in einer bemerkenswerten „Vereinigung“ an einem Strang. Nach diesem Prinzip funktioniert das Erfolgsrezept, wie die ununterbrochene Tradition belegt.

Zu den Ehrengästen gehörte auch Gemeindebürgermeister Gerd Rößler. In seinem Grußwort schlug er thematisch einen schon fast dichterischen Bogen vom Lindenbaum zum Gasthaus zur Linde – beides Orte mit Symbolcharakter, an denen man gerne verweilt. Mit am Ehrentisch saßen die Bürgermeister von Windelsbach (Alfred Wolz) und Ohrenbach (Johannes Hellenschmidt) sowie das Rothenburger Stadtoberhaupt Walter Hartl mit Frau Gudrun und Bankvorstand Werner Thum (die Sparkasse zählt zu den Sponsoren neben den Brauereien).

Es folgte eine Speisenfolge, die allen das Wasser im Mund zusammenlaufen ließ: Lachsforelle, Rebhuhnterrine, Sellerie- und Krabben-Cremesuppe. Als Zwischengericht wurden Schlutzkrapfen serviert. Der Hauptgang bestand aus saftig, zartem Roastbeef, Süßkartoffel-Gratin und scharfen Möhrchen. War das Mahl auch noch so üppig, auf das süße Finale wollte kaum jemand freiwillig verzichten: cremig, fruchtig, schokoladig. Es wurde gelöffelt und gegabelt. Die Köstlichkeiten aus der Küche verführten zum Schlemmen – ohne ein schlechtes Gewissen. Ein schöner Beweis: es hat geschmeckt. sis

Es knirscht gewaltig im Festspiel

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Lagerbildung führte zu groteskem Nebeneinander im Kaisersaal des Rathauses und im „Ochsen“

ROTHENBURG – Im Verein Historisches Festspiel „Der Meistertrunk“ ist ein schwelender Konflikt offen ausgebrochen und hat bei der Mitgliederversammlung zu einem Eklat geführt. Die Ehrengäste, Oberbürgermeister Walter Hartl und Landrat Dr. Jürgen Ludwig, reagierten bestürzt auf die Eskalation und warben für ein Miteinander und Zusammenhalt. Wie die Problemlösung aussehen soll, um den Verein vor einer Zerreißprobe zu bewahren, ist jetzt wieder völlig offen. Ein Neuanfang scheint unausweichlich – in welcher Form auch immer.

Harald Krasser: Wird an seinem Stuhl gesägt?    Fotos: sis

Harald Krasser: Wird an seinem Stuhl gesägt? Fotos: sis

Wer ein öffentliches Amt bekleidet, muss auch Kritik annehmen und umsetzen. Einen Verein mit über achthundert Mitgliedern in derzeit 26 historischen Gruppen als Gemeinschaft und wirtschaftliche Unternehmung zusammenhalten, ist kein leichtes Unterfangen. Dazu gehört die Bereitschaft, sich in hohem Maße zu engagieren, aber auch mit Sorgen und Frustrationen konstruktiv umzugehen. Im Frühjahr 1992 wurde Harald Krasser mit überwältigend klarem Ergebnis zum Nachfolger von Franz Bystricky gewählt, der nach 12-jähriger Amtszeit aus gesundheitlichen Gründen abtrat. Mit Leib und Seele ist Harald Krasser seitdem in seiner Rolle aufgegangen und setzte neue Akzente. Die Verleihung des Titels Immaterielles Weltkulturerbe der Unesco auf Landesbende im letzten Jahr als große Anerkennung für das Festspiel als besonderes Aushängeschild, ist ein Beispiel dafür.

In seiner fast 25-jährigen Tätigkeit als Vorsitzender ist Harald Krasser verschiedensten Aufgaben nachgegangen, zum Teil im Auftrag des Vorstandes, zum Teil aus eigener Initiative, um den Verein voranzubringen. Er hat sich selbst auch immer als Teil der Basis gesehen und darum auch Aufgaben wahrgenommen, die er hätte delegieren können oder vielleicht auch sollen. Aber zum einen wollte er, dass die Sachen, die er sich selbst vorgenommen hatte, auch so ausgeführt werden, wie er sie sich vorgestellt hatte. Zum Teil waren aber auch schlichtweg Aktive nicht bereit oder zeitlich in der Lage, diese Aufgaben zu übernehmen.

Zum großen Teil positiv wurde seine Arbeit wahrgenommen, die er über einen langen Zeitraum von fast einem Vierteljahrhundert geleistet hat. Das Miteinander war nicht immer unproblematisch, aber Streitigkeiten in Diskussionen regen zum aktiven Argumentieren an und fördern die Pluralität. Vor drohenden Brüchen wurde immer wieder ein Konsens gefunden. Bis ein Führungsstreit, in dem man nicht gerade zimperlich miteinander umging, sich bis tief im Verein niederschlug.

Es bildeten sich zwei Lager. Das eine hält Harald Krasser die Stange, das andere arbeitet an seiner Ablösung. Die persönlichen Querelen traten im März letzten Jahres beim Wahl-Marathon zu Tage. Harald Krasser bestand den Härtetest. Ihm gelang es, die Lücken in der Vorstandschaft und im Hauptausschuss mit eigenen Gefolgsleuten zu besetzen, aber er hatte kämpfen müssen und war angeschlagen. Seinerzeit hatte sich die Gegenseite in dem Machtpoker nicht aus der Deckung gewagt, gegen ihn anzutreten. Alexander Zierer gehörte zum Kreis der potenziellen Nachfolger. Doch für ein Kräftemessen fehlte der nötige Rückhalt. Der Riss in der Gemeinschaft blieb.

Die Zerstrittenheit zeigte sich am Samstagabend in einem besonderen Kuriosum und nahm dabei groteske Formen an. Der Vereinsvorsitzende Harald Krasser und sein Stellvertreter Josef Baumann, den er als zuverlässigen und loyalen Steigbügelhalter mit verantwortlichen Marketing-Funktionen ausstattete, liegen im Clinch und verkehren nur noch schriftlich miteinander. Die gestörte Kommunikation zwischen den beiden führte zu einer ziemlich abstrusen Situation und sorgte für Verwirrung und Unverständnis bei Vereinsmitgliedern und Ehrengästen. Sie wurden Teil einer hochemotionalen Inszenierung, die sie sich gerne erspart hätten. Welche Strippen bis zuletzt gezogen wurden, blieb in dem Durcheinander unklar. Diese öffentliche Peinlichkeit braucht es nicht noch einmal.

Josef Baumann (links) und Carola Siegmund bei der Teamarbeit.

Josef Baumann (links) und Carola Siegmund bei der Teamarbeit.

Harald Krasser hatte zur Mitgliederversammlung in den Kaisersaal des Rathauses eingeladen. Vor einem etwa 50-köpfigen Teilnehmerkreis wickelte er die im Verein üblichen Regularien ab und kam dann ausführlich auf das unerfreuliche Kapitel im Personalkonflikt mit seinem Stellvertreter zu sprechen. Der Vorsitzende übte heftige Kritik an der Art und Weise des Umgangs und ging sogar so weit, dass er seinen Vorstandskollegen in dieser Position nicht weiter für tragbar hält: „Er schadet dem Verein, er zerreißt ihn“.

Es müssten schnellstens Änderungen erfolgen: „Diese Personalie muss intensiv besprochen werden“. Nach dieser Erklärung versuchte der Vorsitzende in „ruhigeres Fahrwasser“ zurückzukehren. Doch mit seiner Rede hatte er im Saal hohe Wellen geschlagen. Seine Anspannung war aus der Stimme herauszuhören. Bei der Begrüßung verwechselte er Bürgermeister Dieter Kölle mit Kurt Förster. Der sonst so wortgewandte Mann rang um Fassung und seine Position im Verein. Er bat um Entschuldigung, „dass sich unser Verein heute so schlecht präsentiert. Sehen sie es als einen Ausrutscher an“. Er werde intensiv daran arbeiten, das Festspiel wieder zu einem Aushängeschild von Rothenburg zu machen, das es immer war und auch weiterhin bleiben soll“.

Im Anschluss an seine Rede musste sich Harald Krasser kritische Fragen von Vereinsmitglied Simone Ehnes und von Peter van Bocksen vom Hauptausschuss gefallen lassen. Warum der Konflikt nicht im Vorfeld gelöst wurde und sich die Beteiligten gemeinsam an einen Tisch gesetzt haben? Mit der öffentlichen Auseinandersetzung bleibe die Sachlichkeit auf der Strecke. Es gebe nicht nur einen Schuldigen. Man wünsche sich mehr Selbstkritik.

Während der Veranstaltung im Kaisersaal lief bereits der Sekt­empfang am Festabend im „Ochsen“ zur geplanten Mitgliederehrung. Harald Krasser und die Ehrengäste, irritiert von den Kommunikationsproblemen im Verein, blieben der Veranstaltung fern. Josef Baumann, assistiert von Carola Siegmund, führten durchs Programm und verteilten aufwändig verpackte Geschenke an verdiente Mitglieder. Die kommunizierte Anerkennung kam bei den Leuten gut an. Für das Lob und die Würdigung der Leistung eines jeden Einzelnen nahm man sich viel Zeit.

Peter van Bocksen beeindruckte mit seinen Redewendungen in Reinform. Markus Friedlein, ein weiterer Stellvertreter Krassers und sein Schwiegersohn, half beim Überreichen der Sektpräsente und Geschenkkörbe, enthielt sich aber jedweder Urteile in der Öffentlichkeit. Zuvor hatte er dem Vorsitzenden im Kaisersaal mit Handreichungen zur Seite gestanden. Der Verein zeigte sich an dem Abend spendabel und lud die über zweihundert geladenen Mitglieder, Geehrten und Ehrengäste zum Essen ein. Dieses Konzept der Großzügigkeit hat man vor Jahren eingeschränkt auf eine kostengünstigere Variante.

Das Team um Josef Baumann sieht sein Vorgehen inhaltlich besprochen und von der Führung „abgesegnet“. Noch bis Mitte August sei man sich in der Sache einig gewesen und habe entsprechende Vorkehrungen getroffen. Dass sich die Organisatoren „bemüht haben, diesen Festabend gut zu gestalten“, erkennt Harald Krasser ausdrücklich an. Aber die Sache sei ausgeufert und er fühle sich in seiner Kompetenz beschnitten. In Kürze will er den Gruppenführern eine Infoveranstaltung anbieten: „Wir werden alles daran setzen, schnellstens zu einem harmonischen Miteinander zu kommen“.

Josef Baumann, seit 20 Jahren im Festspiel bei den Kroaten aktiv, stellt für die Auftritte der Pferdegruppe regelmäßig die auffällig gezeichneten Knabstrupper seines Gestüts zur Verfügung. Er sieht sich zu unrecht zum Sündenbock gestempelt und betont auf Nachfrage der Redaktion: „Ich habe keine Ambition auf den Vorsitz“. Der selbstständige Handelsvertreter für Industriebedarf aus Preuntsfelden versteht die Welt nicht mehr. Bei der letztjährigen Vorstandswahl gehörte er zum Unterstützerkreis, der Harald Krasser half, im Amt zu bleiben. Auch in seiner leitenden Vorstandsfunktion habe er ihm den Rücken gestärkt.

Dass bei der Abstimmung im Verein nicht immer alles glatt laufe, liege in der Natur der Sache, rechtfertige aber nicht den Grund für ein schwerwiegendes Zerwürfnis. Mit der öffentlichen Demontage goss Harald Krasser zusätzlich Öl ins Feuer. Josef Baumann spricht von „unüberbrückbaren Differenzen“ und zieht ernsthaft seinen Rückzug in Betracht, „wenn es keine gemeinsame Lösung für alle gibt“. Vereinsmitglieder sprachen von einer „spinnerten Aktion“ von beiden Seiten und sind gespannt wie es weitergeht. Niemand kann glücklich sein über den Verlauf. „In der Konfliktsituation bräuchte es einen Dritten, der das Ganze etwas beruhigt“, meinte ein langjähriger Festspieler und fügte an: „Es wird sich zeigen, wie groß der Imageschaden durch die neuerliche Initiierung ist“. sis


Eine Menge Chancen

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Berufliche Aussichten im abwechslungsreichen Handwerk

ROTHENBURG – Im würdigen Rahmen einer Freisprechungsfeier erhielt der Nachwuchs für das Bauhandwerk seine Gesellenbriefe überreicht. Ausrichter der feierlichen Veranstaltung mit musikalischer Umrahmung und Einladung zum Festessen war die Bauinnung Rothenburg-Uffenheim. Dass drei der acht Absolventen der Veranstaltung fernblieben, zeugt von schlechtem Stil der Abwesenden.

Vier Maurer, drei Zimmerer und ein Fliesenleger haben die Gesellenprüfung erfolgreich abgelegt. Zum zeremoniellen Etikett gehört die Freisprechung durch Obermeister Alfred Schubart, der persönliche Glückwünsche folgen. Ausbilder und Familienangehörige der Absolventen sowie Ehrengäste waren zu der Feier im „Rappen“ geladen. Dem Zimmerergesellen Jonas Fetzer widerfuhr als Innungssieger sowie zweiter Kammersieger beim Leistungswettbewerb des Deutschen Handwerks eine besondere Anerkennung. Er hat beim Handwerksbetrieb Rohn in Unteroestheim gelernt. Innungssieger der Maurer wurde Alexander Birlenberg (Ausbildungsbetrieb Wiegel-Bau, Leutershausen). Die tüchtigen Fachkräfte bekamen neben Gesellenbrief und Zeugnis einen Werkzeugkoffer mit einem leistungsfähigen Akkuschrauber als Geschenk überreicht.

Obermeister Alfred Schubart (li) und Bauinnung-Geschäftsführerin Sieglinde Rauch rahmen die freigesprochenen Gesellen ein: Paul Wüchner (v.li), Jonas Fetzer, Bernd Kohr, Alexander Birlenberg und Lucas Irwin. Drei Absolventen fehlten bei der Feier.        Foto: Schäfer

Obermeister Alfred Schubart (li) und Bauinnung-Geschäftsführerin Sieglinde Rauch rahmen die freigesprochenen Gesellen ein: Paul Wüchner (v.li), Jonas Fetzer, Bernd Kohr, Alexander Birlenberg und Lucas Irwin. Drei Absolventen fehlten bei der Feier. Foto: Schäfer

Erfolgreich haben auch Bernd Kohr und Lucas Irwin (Firma Stein, Wachsenbeg) ihre Gesellenprüfung im Maurerhandwerk abgelegt. Paul Wüchner hat die Ausbildung im Fliesen-, Platten- und Mosaiklegerhandwerk bei der Rothenburger Firma Jörke erfolgreich absolviert. Nicht dabei waren Nico Nagler, Wolfram Rennicke und Marco Städtler.

Eine wichtige Hürde für die berufliche Zukunft sei genommen, freute sich Obermeister Alfred Schubart über die neuen qualifizierten Nachwuchskräfte. „Sie verfügen nun über das nötige Rüstzeug, um die Kunden von der Qualität ihrer Arbeit zu überzeugen“, meinte er. Auch im Bauhandwerk gelten heute andere Anforderungen als vor zwanzig oder dreißig Jahren. Innovative Produkte, neue Bauvorschriften, immer spezieller werdende Kundenwünsche haben das Tätigkeitsspektrum deutlich ausgeweitet.

Kreishandwerksmeister Kurt Held nannte als Credo „Jeder ist seines Glückes Schmied“ und ermunterte die jungen Leute dazu, was aus ihrem Leben zu machen: „Aktiv sein, sich Ziele setzen und diese dann auch verwirklichen“. Heute genüge es nicht mehr, dass einer sein Handwerk versteht. Das kaufmännische und rechtliche Wissen, das in den Meisterkursen vermittelt wird, braucht man für die Führung eines Unternehmens.

Kurt Held ist deshalb der Überzeugung, dass die Meisterprüfung für einen Handwerker „nach wie vor die beste Voraussetzung auf die Selbstständigkeit ist“. Berufliches Wissen müsse immer wieder aktualisiert werden. Das Bildungsprogramm der Handwerkskammer biete eine große Anzahl von Weiterbildungsseminaren. Die Bandbreite der angebotenen Kurse reicht von der Ausbildereignungsprüfung bis zum Zeitmanagement mit technischen und betriebswirtschaftlichen Prozessen.

Bei etlichen Handwerksberufen sei die Meisterprüfung keine Voraussetzung mehr für die Selbstständigkeit. Aber bei den Sanitärberufen, bei den Malern und Lackierern, den Zimmerern am Bau, den Schreinern, Friseuren und Fleischern und bei vielen anderen ist das nach wie vor der Fall. Der Kreishandwerksmeister erwartet in absehbarer Zeit einen massiven bundesweiten Wettbewerb um Fachkräfte zwischen den Wirtschaftsbereichen“. Das Handwerk sei „ein enorm vielfältiger Wirtschaftszweig“. Zum Beruf gehöre die Bereitschaft zum lebenslangen Lernen, „denn das Wissen von heute ist morgen noch die Hälfte und übermorgen nur noch einen Bruchteil der Anstrengung wert, die einmal investiert wurde“. Er ermunterte die frischgebackenen Gesellen „am Ball zu bleiben“ und die Möglichkeiten der beruflichen Weiterbildung zu nutzen: „Sie stehen erst am Anfang, aber sie haben auch eine große Menge Chancen“.

Zu den Gratulanten gehörte auch Oberbürgermeister Walter Hartl. Er sprach sich in seinem Grußwort für eine Aufwertung der klassischen Berufsausbildung aus. Der Wirtschaftsstandort Deutschland brauche gute Handwerker neben dem Trend zur Akademisierung. Immer mehr Jugendliche machen Abitur. Der Staat setzt aufs Gratis-Studium, während Handwerker für ihre Meisterprüfung zahlen müssen. Viele Eltern drängeln ihre Kinder zum Abitur aus Sorge vor schlechten Zukunftschancen.

Gut ausgebildete Fachkräfte und Handwerksmeister bilden das Rückgrat der deutschen Wirtschaft und haben angesichts des demografischen Wandels mit sinkenden Schülerzahlen und Fachkräftemangel wieder in der Wertschätzung der Gesellschaft gewonnen. „Mancher Arzt wäre froh, er würde soviel verdienen, wie ein guter Handwerksmeister, der sich selbstständig gemacht hat“, sagte Walter Hartl. Das Handwerk biete gute Perspektiven und sei zukunfts­trächtig. Dass die Bauwirtschaft boomt, zeige sich auch bei der Ausschreibung städtischer Aufträge. Dass es wieder mehr Auszubildende im Handwerksbereich gebe, sei erfreulich.

Eine wichtige Aufgabe der Innungen besteht darin, jungen Leuten aufzuzeigen, wo Handwerk noch goldenen Boden hat, denn auf den ersten Blick hat die Branche nicht unbedingt ein prickelndes Image. Dabei bietet das Handwerk insgesamt 160 Lehrberufe. Aber viele dieser durchaus attraktiven Berufe sind nicht im Fokus der Schulabgänger. Junge Menschen interessieren sich vorrangig für jene Berufe, die sie aus ihrem engen Umfeld zu kennen glauben. sis

Zeichen der Wertschätzung

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Geselliges Fest mit wahrem Ehrungsmarathon beim Festspiel

ROTHENBURG – Für einen weiteren Zusammenhalt und ein Miteinander im Festspiel warb Oberbürgermeister Walter Hartl in seinem Grußwort bei der Hauptversammlung im Kaisersaal des Rathauses. Der Verein sei ein wichtiger Imageträger für Rothenburg.

Geschenkkorb für Geehrte: Gourmet-Gaumenschmaus für 50 Jahre beim Festspiel. Foto: Schäfer

Geschenkkorb für Geehrte: Gourmet-Gaumenschmaus für 50 Jahre beim Festspiel. Foto: Schäfer

Für Irritationen im Vorfeld der Veranstaltung hatte das unkoordinierte Durcheinander gesorgt. Das Stadtoberhaupt hatte eine Einladung in den „Ochsen“ bekommen und dann eine weitere Einladung in den Kaisersaal. Der Festspiel-Vorsitzende Harald Krasser sprach vor lichten Reihen. „Eine bedrückende Situation“, so Walter Hartl. Er hofft, dass es sich bei der momentanen Situation im Verein lediglich um „Kommunikationsschwierigkeiten“ handelt, und es keine „Dissonanzen“ sind. „Es ist mein eindringlicher Wunsch, dass Festspieler und handelnde Personen sich der Verantwortung für den Traditionsverein der Stadt bewusst sind und wieder zu einem guten Miteinander finden“. Die Aufnahme in die Liste Immaterielles Kulturerbe sei nicht nur für das Festspiel eine Auszeichnung, sondern auch für die Stadt.

Der erste Teil der Mitgliederversammlung hatte bereits im vergangenen März stattgefunden: mit dem Bericht des Schatzmeisters und der Rechnungsprüfer. Die Vorstandschaft wurde entlastet und dann der Vorstand samt Hauptausschuss neu gewählt. Die Öffentlichkeit war zu dieser Veranstaltung mit Ausnahme der Presse nicht eingeladen. Für die zahlreich neu gewählten Mandatsträger war es seinerzeit eine Herausforderung, die Vorbereitung auf Pfingsten zu schultern. „Acht Wochen, die von allen ohne Ausnahme hervorragend genutzt wurden“, so Krasser. Durch die kalte Witterung war Pfingsten bei den Einnahmen „stark reduziert“. Eine Erhöhung der Eintrittspreise „hat uns vor einem deutlichen Defizit bewahrt“.

In dem damaligen Beschluss wurde die Idee verankert, den zweiten Teil der Mitgliederversammlung „vielleicht im Kaisersaal und vielleicht auch etwas feierlicher abzuhalten“. Ein vordergründiger Auslöser für das Zerwürfnis war jetzt der Festabend. Während der Festspiel-Vorsitzende im Kaisersaal gegen seinen Stellvertreter Josef Baumann vom Leder zog, liefen im „Ochsen“ die letzen Vorbereitungen für den Ehrungsabend für die Mitglieder. Der fand dann auch statt – wenn auch ohne Harald Krasser und zahlreiche Ehrengäste.

Es sollten an dem Abend nicht nur die „üblichen verdächtigen“ Jubilare geehrt werden, sondern auch jene, „die sich für die Belange des Festspiels einsetzen, jedoch in der Regel im Hintergrund agieren“. Neben Mitgliedern aus verschiedenen Gruppen, die seit 20, 30, 40 und 50 Jahren aktiv dabei sind, wurden auch altgediente Mitglieder mit einem Geschenk bedacht, die sich aus Alters- oder Gesundheitsgründen zurückgezogen haben. Ausgiebig wurden die Leistungen jedes Einzelnen gewürdigt – in schönster Reimform von Hauptausschussmitglied Peter van Bocksen. Es gab den ganzen Abend lang immer wieder kräftigen Applaus.

Bei einer besonderen Ehrung standen alle auf und klatschten im Stehen weiter, „Standing ovations“ nennt man das. Rudolf Probst wurde – wohl als derzeit dienstältestes Mitglied des historischen Vereins – für 63 Jahre Zugehörigkeit geehrt.

Der Verein zeigte sich an diesem Abend großzügig und hatte mehr als zweihundert geladene Mitglieder, Gäste und Ehrengäste zum Essen eingeladen. Dies kam der Rückkehr zu einem Konzept der Großzügigkeit gleich, von welchem man vor Jahren zugunsten einer kostengünstigeren Variante abgerückt war. Der Abend wurde musikalisch vom „Losen Haufen“ gestaltet. Er war im Kaisersaal und anschließend im „Ochsen“ aufgetreten und hatte historische Lieder vorgetragen. Geehrte und Gäste stimmten aus voller Kehle und Inbrunst mit ein als krönender Abschluss des offiziellen Teils um die Mitternachtsstunde.

Nach der verwirrenden Inszenierung in eigener Sache des Vereins, die ihn in ein diffuses Licht gerückt und Mitglieder wie Ehrengäste ratlos zurückgelassen hat, gibt es inzwischen Bemühungen zur Beruhigung des Personalstreits. sis

Hauchzarte Stadtansicht

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Aquarell-Malerin bringt die weiche Seite Rothenburgs zum Vorschein

ROTHENBURG – Wuchtig, massiv und allen Widrigkeiten trotzend präsentieren sich die mittelalterlichen Mauern der Tauberstadt. Die gebürtige Moldawierin Olga Korotkaia schafft es hingegen die sanfte, malerische und märchenhafte Seite der historischen Gebäude zum Vorschein zu bringen. Ihr Metier: Aquarellfarben.

Fast wie mit einem Weichzeichner eingefangen, erscheinen die mittelalterlichen Mauern als Aquarell.Fotos: privat

Fast wie mit einem Weichzeichner eingefangen, erscheinen die mittelalterlichen Mauern als Aquarell. Fotos: privat

„Ich male überall und würde es am liebsten rund um die Uhr machen“, erklärt die 33-Jährige. Vor acht Jahren verschlug es sie für ihr Informatik-Masterstudium nach Deutschland. Hier erst entdeckte sie ihre Leidenschaft für die Malerei. „Meinen ersten Aquarellkasten habe ich mir gekauft, als ich mich auf die Abschlussprüfungen vorbereiten sollte“, scherzt Olga. Weniger als Ablenkung, sondern vielmehr als Ausgleich zum Lernstoff wirkte die Malerei auf die gebürtige Moldawierin, die mit dem Abschluss in der Tasche nun in der IT-Branche tätig ist.

Obwohl sie in der digitalen Welt arbeitet, denkt sie in Bildern und bearbeitet Informationen am liebsten mit Bleistift oder Kugelschreiber auf Papier. „Kein digitales Programm könnte mir den Genuss ersetzen zu sehen, wie die Farbe auf dem Papier fließt“, beschreibt, sie welche Emotionen die Kunst in ihr auslöst. Dabei waren ihr Wasserfarben im Kindergartenalter relativ egal – wohl wegen der weniger guten Farb- und Papierqualität.

Diese vergeudete Zeit ohne künstlerischen Ausdruck scheint sie nun aufzuholen. „Wenn ich länger als eine Woche keinen Pinsel in der Hand hatte, fühle ich mich verloren und fast hibbelig“, sagt Olga. Egal wo sie hingehe, sie habe immer Lust zu malen. Während andere beispielsweise im Urlaub am Strand faulenzen und vielleicht baden gehen, sitzt die 33-Jährig am liebsten über ihren Skizzenblock gebeugt, den Aquarellkasten neben sich, und hält Landschaften und Straßenszenen in fließenden, transparenten Farben fest.

Obwohl ihre Werke überwiegend unter freiem Himmel entstehen, ist sie keine Schönwetter-Malerin. Ganz im Gegenteil: „Ich liebe es die verschiedenen Farbmischungen des Graus am Himmel zu beobachten und kann mir das über längere Zeit einfach anschauen und genießen“, schwärmt sie. Der Skizzenblock ist immer mit dabei.

Olga Korotkaia findet überall Inspiration.

Olga Korotkaia findet überall Inspiration.

Auch bei Olgas Besuch der Tauberstadt in den Osterferien fand sich dieser treue Begleiter in ihrem Gepäck. Weil sie aber nur einen Tag hatte, um die Stadt zu erkunden, fing sie deren Schönheit zunächst nur per Fotos ein. „Es ist immer eine Herausforderung, die Zeit für Skizzen vor Ort zu finden, vor allem wenn man mit nicht malenden Mitreisenden unterwegs sei, meint sie augenzwinkernd. Deshalb entstand ihr 30 auf 45 Zentimeter großes Bild von Rothenburg erst später. Anderthalb Stunden verbrachte sie damit, das malerische Burgtor samt blühenden Burggarten auf Papier zu bannen. „Mich begeis-tern verschiedene Facetten der Städte, die Musik der Dächer, Fenster mit eigenem Charakter und ich liebe Details“, erklärt Olga ihre Wahl, die Tauberstadt zu malen.

Emotionalität vermitteln

Am Anfang ihrer Malleidenschaft durchforstete Olga das Internet nach schon etablierten Aquarell-Künstlern und war „schwer beeindruckt“ und fasziniert, wie man in deren Werken „fast das Wasser fließen sieht“ und welche Emotionalität sie vermitteln. Bei einem dieser virtuellen Galeriebesuchen entdeckte sie die junge Illustratorin Ksenia Sapunkova, die einen ganz eigenen Stil der Aquarellmalerei hat. Sie habe ihr die „Tür in die Aquarellwelt geöffnet“, erinnert sich Olga.

Mit diesem Werk schaffte es die Künstlerin auf eine internationale Ausstellung in Fabriano.

Mit diesem Werk schaffte es die Künstlerin auf eine internationale Ausstellung in Fabriano.

Öl, Acryl, Buntstifte, Kalligrafie und Kollagen: Die studierte Informatikerin hat schon einiges ausprobiert, doch Aquarell ist und bleibt ihre große Leidenschaft. Sie findet es deshalb sehr schade, dass diesem Malstil in Deutschland noch nicht ganz die Bedeutung beigemessen wird, die sie für sie persönlich hat. „Man merke im Gespräch, dass sich Menschen sofort an ihre Schulzeit erinnern und sich dann einfache Wasserfarben vorstellen“, bedauert sie.

Dabei haben Aquarellfarben für Olga entscheidende Vorzüge gegenüber anderen künstlerischen Werkzeugen. „Mit keinem anderen Malmittel kann man diese Bewegung, Lebendigkeit und Transparenz schaffen“, ist sie überzeugt. Ein Aquarell müsse „fließen“ und „nicht bis zum letzten Detail alles darstellen“.

Es gibt eine ganze Reihe von Künstlern, die Olga zu Vorbildern auserkoren hat, weil sie jeweils einen Aspekt meisterhaft zu Papier bringen. So schaffe Sergey Temerev mit seinen Darstellungen von Himmel und Meer „pure Magie“. Bei Lars Lerin spüre man die Stimmung „sofort auf der Haut“. Alexander Votsmush sei ein „Brunnen voller Freiheit, Leben und Fantasie“.

Doch nicht nur durch das bloße Betrachten ihrer Werke, erweitert Olga ihren malerischen Horizont. Sie hat auch schon einige Kurse bei etablierten Aquarell-Künstlern besucht. „Man lernt dabei jedes Mal etwas dazu, weil jeder Künstler auf eigene Weise die Themen umsetzt“, so Olga. Auch auf Ausstellungen sucht sie den Austausch mit Gleichgesinnten, um von ihnen zu lernen. Auf der international Aquarell-Ausstellung im italienischen Fabriano war sogar eines ihrer eigenen Bilder ausgestellt. „Das war ein außerordentlich besonderes Ereignis für mich“, schwärmt sie von der inspirierenden Atmosphäre in dem gesamten Städtchen. mes

Kunst als Auftragsarbeit wird oftmals kritisiert. Eine japanische Malerin zeigt demnächst, wie schön es sein kann, in den eigenen Werken bedeutende Momente aus dem Leben ihrer Kunden festzuhalten.

Touristischer Scheideweg

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Durchwachsene Gästebilanz im ersten Halbjahr – Suche nach neuen Attraktionen

ROTHENBURG – Wie ein Seismograph reagiere die Tauberstadt auf die momentane „extrem krisenhafte Zeit“, erklärte Tourismusdirektor Jörg Christöphler. Dementsprechend spickten überwiegend negative Zahlen seinen Bericht über die Tourismusbilanz der Monate Januar bis Juli im jüngsten Kultur- und Tourismusausschuss. Mit „Drosselgasse pur“ beziehungsweise der „Kuh-isierung des Marktplatzes“ würde man für eine Trendwende aber auf das falsche Pferd setzen.

So langsam leert sich der Marktplatz – doch schon im Frühjahr zog es weniger Gäste in die Tauberstadt.  Foto: Scheuenstuhl

So langsam leert sich der Marktplatz – doch schon im Frühjahr zog es weniger Gäste in die Tauberstadt. Foto: Scheuenstuhl

Seit den Pariser Anschlägen im vergangenen November sind Rothenburgs wichtigste Auslandsmärkte rückläufig. Die Anzahl der Übernachtungen ging um 14,2 Prozent auf 133193 und die der Ankünfte um 15,2 Prozent auf 100991 zurück. Besonders stark ist der Touristenstrom aus Japan eingebrochen. Aus Nippon kamen etwa 44 Prozent weniger Gäste zu Besuch in die Tauberstadt.

Neben dem hohen Sicherheitsbedürfnis japanischer Reisender, bremst auch eine strukturelle Wirtschafts- und Konsumkrise im Heimatland die Reisefreudigkeit der Asiaten. Aber auch Übernachtungsgäste aus Großbritannien (minus 23,3 Prozent), Russland (minus 13,1 Prozent) und Brasilien (minus 15,1 Prozent) werden weniger. Den starken Rückgang aus den Niederlanden (minus 15,8 Prozent in den Übernachtungen) kann sich Jörg Christöphler selbst nicht ganz erklären.

Immerhin halten die Schweizer und Österreicher der Tauberstadt noch die Treue. Aus der Alpenrepublik kamen 9,2 Prozent und aus der Schweiz 6,5 Prozent mehr Besucher, bezogen auf Übernachtungen, nach Rothenburg. Und in den ersten sieben Monaten des Jahres konnten 133311 Übernachtungen (plus 10,4 Prozent) und 81248 Ankünfte (plus 11,7 Prozent) von Touristen aus Deutschland verzeichnet werden.

Doch diese Zuwächse aus dem Rest der Republik seien nicht stark genug, um den Rückgang in den Überseemärkten zu kompensieren, so Jörg Christöphler. Aufgrund der hohen Abhängigkeit vom Überseemarkt verliert Rothenburg krisenbedingt überproportional. Dem „Auslands-Minus“ von 14,2 Prozent in Rothenburg stehen Zuwächse in Franken (3,3 Prozent), Bayern (3,4 Prozent) und Deutschland (2,0 Prozent) gegenüber. Im Fünf-Jahres-Vergleich sieht das Zahlenwerk nicht ganz so düster aus. Gegenüber dem Vergleichszeitraum im Jahr 2011 ergibt sich eine Steigerung um 12,1 Prozent bei den Übernachtungen aus Deutschland und um 6,1 Prozent aus dem Ausland.

„Eine dritte Startbahn in München wäre für Rothenburg fatal“, betont Jörg Christöphler. Zahlreiche Touristen würden dann nicht mehr über Frankfurt, sondern München nach Deutschland einfliegen, von wo aus sie entlang der Autobahn 9 dann viele „hochattraktive Ziele“ vorfinden: BMW-Welt München, Ingolstadt mit Audimuseum, die Unesco-Stadt Regensburg, Nürnberg mit der NS-Zeit, Bamberg (ebenfalls Unesco), Bayreuth und auch über der Grenze in Tschechien finden sich auch so einige interessante und preisgünstige Destinationen.

„Hunger nach Neuigkeiten“

Mit seiner 135-jährigen Tourismusgeschichte ist Rothenburg ein „reifes Produkt“ am Markt. Neue Attraktionen sind deshalb nötig, um die Stadt für Gäste weiterhin interessant zu halten. Der „Hunger nach Neuigkeiten“ muss gestillt werden, so der Tourismusdirektor. Allein mit Themenjahren sei dies nicht zu schaffen.

Beim Kampf um Wettbewerbsvorteile gebe es zwei strategische Optionen. Entweder ist man billiger oder besser als die Wettbewerber. Entscheidet man sich für den Mittelweg, wird man einfach nur austauschbar. Jörg Christöphler plädiert dafür, sich für Qualität zu entscheiden. Mit Schlagworten wie Regionalität und Weinkultur sowie kulturellen Themenjahren soll etwas Einzigartiges geboten werden, das der potenzielle Tourist wertschätzt, und womit man sich von anderen unterscheidet.

Das reine Volumengeschäft und die Souvenirisierung von Rothenburg ist hingegen der falsche Weg: „Drosselgasse pur sollte so nicht kommen“, kritisiert Jörg Christöphler die starke Ausrichtung vieler Geschäfte in den touristenbevölkerten Gassen an dem Geschmack der ausländischen Gäste. Die sogenannte „Kuh-isierung“, wie der Tourismuschef das ausufernde Souvenirangebot einiger Geschäfte in Anspielung auf den Plastik-Paarhufer, der aus einem Laden heraus im Herzen der Stadt die Gäste begrüßt, bezeichnet, ist eine wenig erstrebenswerte Entwicklung. mes

Neuerung im praktischen Test

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Notwendige Investition oder Luxus? – Lehrstunde für den Stadtrat beim Waldbegang

ROTHENBURG – Der städtische Forstbetriebsleiter Daniel Gros packte beim traditionellen Stadtratswaldbegang die Gelegenheit beim Schopf. Für eine wirkungsvolle Demonstration spannte er Stadtratsmitglieder bei einer praktischen Holzerntemaßnahme mit ein. Mit durchschlagendem Erfolg.

Wirkungsvoll demonstriert: modernes Gerät zur Arbeitssicherheit bei Holzerntearbeiten. Foto: Schäfer

Wirkungsvoll demonstriert: modernes Gerät zur Arbeitssicherheit bei Holzerntearbeiten. Foto: Schäfer

„Das war anschaulich genug“, lautete die einhellige Meinung nach der Vorführung. Das Arbeiten mit der Forstseilwinde sollte man den Profis überlassen. Taten sagen mehr als Worte. Dies zeigte sich beim Praxistest mit der alten und neuen Seilwindentechnik. Fraktionsübergreifend ließen sich Thomas Schmid (UR), Dieter Schulz (CSU), Jutta Striffler (FRV) und der ehemalige Stadtrat Josef Friedl (FDP) einspannen und kamen aus der Puste beim kraftvollen Anziehen des langen Vorwärts- und Rückwärtshebels, damit der Seilzug das Stahl­seil einzieht.

Die Seilwinde wird in der Forstwirtschaft insbesondere zur seilunterstützten Fällung oder beim Abziehen von sogenannten „Hängern“ eingesetzt. Es ergeben sich immer wieder Situa­tionen, bei denen man auf die Funktionalität einer robusten Seilwinde zurückgreifen muss.

Eine Tanne war bei Fällarbeiten nicht wie vorgesehen auf den Boden gefallen, sondern blieb in der Krone eines benachbarten Baumes hängen. Solche „Hänger“ stellen eine große Gefahr für die Forstwirte selbst, aber auch für alle anderen Waldbesucher dar. Diese Hänger müssen unverzüglich zu Fall gebracht werden. Die bisherige Lösung bestand darin, den Holzrücker zu verständigen, der dann mit Hilfe der an der Maschine befestigten Seilwinde den Baumstamm zu Boden gebracht hat. Der Nachteil besteht darin, dass der Rücker nicht sofort verfügbar ist. Die Forstwirte setzten bisher einen Greifzug ein, der aber aufgrund seines extrem hohen Gewichtes und des enormen Kraftaufwandes, der bei der Bedienung notwendig ist, eher selten zum Einsatz kam.

Die Stadträte mühten sich minutenlang nach Leibeskräften, mit jeder Pumpbewegung den Stamm kontrolliert zur Erde zu bringen. Doch die niedergebrochene Tanne hatte sich in den Kronen der umstehenen Bäume verfangen und bewegte sich keinen Millimeter. Eine Alternative zur großen Arbeitserleichterung zeigte Forstwirt Thomas Rohn, der bei den Bayerischen Staatsforsten beschäftigt ist und seit längerem eine handliche motorgetriebene Spillwinde bedient.

Über Umlenk­rollen kann die geringe Zugkraft von 1,8 Tonnen verdoppelt werden. Die tragbare Forstseilwinde war zu keinem Zeitpunkt an ihrer Belastungsgrenze. Durch die Seilsteuerung kann man aus der Fluglinie gehen, falls mal das Seil reisst, oder ein Stück Holz geflogen kommen sollte. Die moderne Gerätschaft hat ihren Preis und kostet samt Zubehör über 3500 Euro. Der Stadtrat zeigte sich vom Sinn und Nutzen überzeugt – eine notwendige Investition. sis

Verschönerte Baulücken

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Letzte Ruinen-Grundstücke an touristischen Gassen meist als Parkfläche gefragt

ROTHENBURG – Die Tauberstadt wächst im Flächenbedarf immer weiter, nicht aber in der Einwohnerzahl – da sind noch vorhandene Baulücken in der Altstadt hochinteressant. Aber was die letzten Ruinengrundstücke anbelangt, so dürften diese noch länger bestehen bleiben. In der Rödergasse und Wenggasse werden sie auch künftig als Parkflächen genutzt, in der Georgengasse als Gasthof-Außenterasse.

Die Erdgeschoss-Fassade Rödergasse mit angedeuteten Schaufenstern wurde neu verputzt.    Foto: diba

Die Erdgeschoss-Fassade Rödergasse mit angedeuteten Schaufenstern wurde neu verputzt. Foto: diba

Mancher hatte sich durch den neuen Fassadenanstrich, der für ein schöneres Bild in der Einkaufsstraße Rödergasse sorgte, offenbar Hoffnungen gemacht, dort könne bald die Baulücke geschlossen werden. Dies ist zwar unverändert eine Option, aber es gibt keine konkrete Planung dazu, wie Nachfragen ergeben. Schon vor einigen Jahren fanden mit den Grundstückseigentümern Gespräche statt, um eine Bebauung anzuregen, wobei die Stadt an eine Tiefgarage sowie eventuell ein Wohn- und Geschäftshaus dachte. Jedenfalls kam bei den Gesprächen nichts heraus. Dass drei oder sogar mehr Eigentümer bei solch einem Bauträger-Unternehmen unter einen Hut zu bringen wären, macht die Sache ziemlich kompliziert.

Drei Grundstücke

Schließlich handelt es sich um drei Grundstücke, die derzeit alle Hotelbetrieben gehören. Hotelier Dieter Gallus vom Hotel „Roter Hahn“ bietet seinen Gästen einen Parkplatzzugang von der Wenggasse aus und findet diese Lösung äußerst praktisch, denn der Park­raum für Hotels ist knapp. Er bestätigt, dass es zwar mal Gespräche wegen einer Bebauung gegeben habe, aber kaum Erfolgsaussichten da waren.

Das danebenliegende Eckgrundstück an der oberen Wenggasse gehört zum Hotel Markusturm. Für Hotelier Stephan Berger sind die 25 Parkplätze dort ideal und für das Haus unabdingbar. Den geschotterten Parkplatz könne man natürlich noch schöner herrichten, aber die hohen laufenden Investitionen in sehr anspruchsvolle Zimmer halte man einfach für vordringlicher. Das sei halt wichtiger als vielleicht 50000 Euro in eine Parkfläche zu stecken, erläutert Berger.

Die Familie Hocher hat vor allem für das Gasthaus „Breiterle” Parkplatzbedarf und ist froh das Grundstück Rödergasse 26 (mit der Ladenkulisse) zu besitzen. Das wird schon länger durch einen passenden Holzzaun mit Einfahrtstor ordentlich abgegrenzt und ist nicht mehr direkt einsehbar. Von dem früher als provisorischer Ausstellungsraum genutzten Erdgeschoss in der Rödergasse 26 steht nur noch eine frisch verputzte Fassade mit drei verhängten Fenstern und einer neuen Türe – optisch ist jetzt alles ansehnlich hergerichtet. Für Passanten sieht es so aus, als würde demnächst hier ein Laden eröffnen. Hotelier Klaus Hocher, dem u.a. das Hotel Spitzweg gehört, hat in Rothenburg gleich mehrfach investiert.

Ähnlich wie in der Rödergasse fällt in der Georgengasse die ewige Lücke in der sonst mit großen Giebelhäusern geschlossenen Straßenzeile auf. Dort freilich hat der Gasthof „Butz“ eine sinnvolle Nutzung als Außenterasse hinter der erdgeschossigen Hausfassade gefunden, die hergerichtet wurde und im Sommer willkommene Ergänzung der Bestuhlung am Kapellenplatz ist. Familie Kreiselmeier will es dabei belassen.

Vor dem Krieg stand das Gasthaus „Die goldene Traube” in der Rödergasse 26, erzählt uns Stephan Berger; dort sei das Bier im Krug über die Straße verkauft worden, wie sich alte Rothenburger erinnerten. Am Ostersamstag 1945 ging alles in Flammen auf. In den Achtzigern wurde von einem Hohenloher Bauträger die ganze zerstörte Straßenzeile mit sechs großen Wohnhäusern in der Wenggasse/Millergasse neu errichtet.

Rothenburgs Wiederaufbau stellt sich als Erfolgsgeschichte dar und mit den wenigen noch sichtbaren Lücken aus der „Ruinen-Zeit” kann man sicher leben – dies im Bewusstsein, dass hier zukünftig vielleicht doch noch gebaut wird, wenn es die Umstände erlauben. Außerdem ist es nicht das einzige baufähige Altstadtgelände. Da wären vor allem noch die sogenannten Kornschen Höfe in der Galgengasse, für die es sogar interessante Architektenentwürfe gibt. diba

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Arbeitskreis Asyl beklagt Überlastung und bittet Stadt um Unterstützung

ROTHENBURG – Hilferuf in Richtung Stadtverwaltung: Im jüngsten Ausschuss für Finanz-, Wirtschafts-, Personalangelegenheiten und soziale Angelegenheiten stellte der Arbeitskreis Asyl die aktuelle Flüchtlingssituation in Rothenburg dar und führte dabei vor Augen, welch enormer Arbeitsaufwand damit für die engagierten Ehrenamtlichen einhergeht. „Wir können so nicht weitermachen“, brachte es Gudrun Knoll-Schäfer, Sprecherin des Arbeitskreises, auf den Punkt.

20 Stunden pro Woche, die sich ein einzelner Ehrenamtlicher neben Beruf und Familie um die Asylbewerber kümmert, sind keine Seltenheit. Seit September 2015 gibt es den Arbeitskreis Asyl. Damals kamen 120 Asylbewerber nach Rothenburg. Zurzeit leben hier noch etwa 90. Diese Zahl kann sich aber von Tag zu Tag ändern, wenn Asylanträge abgelehnt beziehungsweise anerkannt werden oder die Unterbringung von behördlicher Seite umstrukturiert wird.

Arbeitskreis Asyl um Gudrun Knoll-Schäfer (2.v.r.) berichtet über Flüchtlingssituation.Foto: Scheuenstuhl

Arbeitskreis Asyl um Gudrun Knoll-Schäfer (2.v.r.) berichtet über Flüchtlingssituation. Foto: Scheuenstuhl

So wurden die kleineren Wohneinheiten für Asylbewerber in Leuzenbronn und Preuntsfelden aufgelöst und die Bewohner in die Unterkunft in Detwang verlegt. Auch im „Bären“, wo die Mehrzahl der Flüchtlinge im Stadtgebiet untergebracht ist, werden drei neue Bewohner „vom Land“ erwartet. Die Ehrenamtlichen rechnen damit, dass die 80 Plätze im „Bären“ wieder voll werden. Die Hauptherkunftsländer der hiesigen Asylbewerber sind Syrien, gefolgt vom Iran und Irak sowie Afghanistan. Die Zahl der Asylbewerber mag sich verringert haben, das Arbeitspensum für die etwa sieben ständig aktiven Arbeitskreismitglieder bleibt gleich, auch wenn sich die Aufgaben verändern. „Alle brauchen in unterschiedlicher Form Hilfe“, so Gudrun Knoll-Schäfer. Mittlerweile stünden Job- und Wohnungssuche sowie die seelische Betreuung im Mittelpunkt. Denn die Ehrenamtlichen unterstützen auch diejenigen, deren Asylanträge anerkannt wurden.

Darunter befinden sich auch 14 sogenannte „Fehlbeleger“, die sich aufgrund ihrer Anerkennung eigentlich eine Wohnung auf dem freien Markt suchen müssten, aber noch in Unterkünften des Landratsamts leben. Denn die Wohnungssuche gestalte sich auch angesichts etwaiger Vorbehalte der Vermieter schwierig, berichtet Gudrun Knoll-Schäfer. An der Aufgabe einen passenden Wohnraum zu finden hängt zudem ein Rattenschwanz an bürokratischen Erfordernissen, um die sich die Ehrenamtlichen ebenfalls kümmern.

Die Phase der ersten Orientierung und der grundlegenden Versorgung der Asylbewerber ist nun vorbei. „Die Menschen müssen jetzt integriert werden“, unterstreicht die Arbeitskreis-Sprecherin. Jedoch: „Es bleibt viel zu wenig Zeit für Projekte“, klagt Gudrun Knoll-Schäfer. Und ihre Arbeitskreis-Mitstreiterin Edith Hümmer ergänzt: „Die Asylbewerber fühlen sich vor den Kopf gestoßen, wenn wir aus Zeitmangel eine Einladung zum Kaffeetrinken ablehnen.“ Dabei sei dieser zwischenmenschliche Kontakt die eigentliche Aufgabe der Ehrenamtlichen.

Und genau hier liegt der Hund begraben. Die selbsterklärte Überforderung hängt nicht ausschließlich nur mit der Quantität der Arbeit zusammen, sondern auch mit deren Inhalt. Egal ob für die Sprachkursanerkennung, Wohnungs- und Jobsuche oder der Besuch eines Arztes, die Ehrenamtlichen sind vor allem mit behördlichen Papierkram beschäftigt. Die eigentliche Integrationsberatung von der Diakonie, der Arbeiterwohlfahrt und der Evangelischen Jugendsozialarbeit findet nur einmal die Woche statt – zu selten für den Bedarf in Rothenburg. Doch dies scheint sich in naher Zukunft nicht zu ändern.

So habe sie sich die Arbeit mit den Flüchtlingen nicht vorgestellt, als sie sich damals bereit erklärte, die Funktion der Arbeitskreis-Sprecherin zu übernehmen, gibt Gudrun Knoll-Schäfer offen zu. Ihre Bitte deshalb an die Ausschuss-Mitglieder: „Welche Hilfe ist seitens der Stadt für uns möglich?“ Die Fraktionen sowie Oberbürgermeister Walter Hartl äußerten ihre Hochachtung vor dem Einsatz der Ehrenamtlichen. SPD-Fraktionsvorsitzener Dr. Günther Strobl scheute selbst vor dem Vergleich mit Heiligen nicht zurück: „Das was hier erbracht wurde ist unbezahlbar.“ Dies sei eigentlich eine öffentliche Aufgabe, bei der folglich die öffentliche Hand auch mit einsteigen müsste. Auch Oberbürgermeister Walter Hartl bekundete Verständnis, dass man bei dieser Arbeit „irgendwo an Grenzen stößt“. Es müsse deshalb auf „eine personelle Entlastung“ hinauslaufen. Der Appell soll nun zunächst in den jeweiligen Fraktionen besprochen werden.

Stadtrat Peter Staudacher (SPD) erkundigte sich, ob der Arbeitskreis mit dem Migrationsbeirat zusammenarbeite, wo er eine besondere Expertise bei dem Thema Integration vermutet. Gudrun Knoll-Schäfer erklärte, dass im Herbst eine gemeinsame Arbeitsgruppe von Irmgard Fischer, zuständig für soziale Angelegenheiten bei der Stadt, eingerichtet werde, wodurch sich das bislang distanzierte Verhältniss der beiden Gruppierungen positiv verändern soll. mes


Ein Familienprojekt

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Gelungene Altbausanierung in der Kirchgasse

ROTHENBURG – Es war anders geplant und fand einen guten Ausgang mit neuen familiären Verflechtungen. Für die gebürtige Rothenburgerin Sonja Rüter und ihren Mann Horst Fechner war die Altbausanierung in der Altstadt Wagnis und Gewinn zugleich.

Ursprünglich suchten die in Ingolstadt beheimateten Eheleute nur eine Wohnung in Rothenburg und stießen dabei auf das Anwesen Kirchgasse 5. Es steht unweit des Elternhauses von Sonja Rüter. Ihr Bruder Axel betreibt das „Gotische Haus“. Sie arbeitet als Heilpraktikerin für Psychotherapie und steht in enger Verbindung mit ihrer Heimatstadt.

Baustelle vor dem sanierten Haus: Die Stadtwerke erneuern das Abwasser- und Kanalnetz.

Baustelle vor dem sanierten Haus: Die Stadtwerke erneuern das Abwasser- und Kanalnetz.

Das Altbauobjekt in zentraler Lage beherbergt drei Wohnungen und eine Gewerbeeinheit und besteht aus drei architektonisch reizvollen Gebäudenteilen mit Lichthof, Brunnen, umlaufender Galerie und großer Dachterrasse, auf die der Sandstein-Moses außen am Langhaus der Jakobskirche herunterschaut. Die Großmutter von Carl-Dieter Spranger stammte aus dem Haus. Schon bei der ersten Besichtigung war das Ehepaar Rüter-Fechner angetan vom Ambiente. Obwohl die Objektgröße eigentlich nicht in Frage kam, löste die Immobilie Empfindungen von der Vorstellung eines heimeligen Nestes in ihnen aus. Die beiden begannen, sich intensiver mit dem Bauobjekt zu beschäftigten. Zunächst vielversprechend, die Ernüchterung kam schnell genug. Die Maklerfirma machte einen Rückzieher. Ein anderer Interessent bot angeblich mehr Geld. Die Eheleute orientierten sich um und waren gerade dran an einem Objekt in München als Kapitalanlage, da klingelte das Telefon: Das Anwesen in der Kirchgasse wäre wieder frei.

So kam eines zum anderen. Sonja Rüter und ihr Mann erwarben das etwa sechshundert Jahre alte Haus, das ein ganzheitliches Sanierungskonzept erforderlich machte. Um die Jahrhundertwende beherbergte es eine Brauerei, von der die großen Eiskeller neben den Kreuzgewölben des Haupthauses im Keller stammen. Im Krieg haben diese Räume als Luftschutzräume gedient. Im weiteren Verlauf waren eine Drogerie, Einzelhandel und Galerie im gewerblichen Teil untergebracht. Verschiedene Brandherde im Dachgeschoss sind ebenfalls Zeugen der Vergangenheit. Die Erfahrungen der neuen Eigentümer mit dem erworbenen Denkmal waren nicht immer vorhersehbar. Da gab es einen Denkmalschutz, auch für die Innenbereiche, Vorgaben für die Fassadenfarbgestaltung und den Brandschutz, staatische Gegebenheiten und bauphysikalische Anforderungen. „Ich habe Demut gelernt“, sagt Horst Fechner.“ Heute, ein gutes Jahr später, ist er froh darum, auf viele Dinge geachtet zu haben. „Wir hätten nicht diese Liebe zu dem Haus, wenn wir nach unseren ursprünglichen Maßstäben gehandelt hätten“. Der begleitende Architekt, Andreas Konopatzki, brachte die Eheleute auf die Idee, im Erdgeschoss ein Café einzurichten. Als der Pächter seine ursprüngliche Absicht der Geschäftsübernahme änderte, rückte die Familie noch enger zusammen und nahm die Sache selbst in die Hand.

Familienverbund: Andy Krasser, Nadine und Yvonne Schäff, Horst Fechner, Sonja Rüter.

Familienverbund: Andy Krasser, Nadine und Yvonne Schäff, Horst Fechner, Sonja Rüter.

Die Töchter Yvonne und Nadine Schäff übernahmen die Geschäftsführung und zogen ins Haus mit ein, samt Lebenspartner Andy Krasser und Söhnchen. Bei den Bauarbeiten packte die ganze Familie kräftig mit an. Die Söhne Denny (Malermeister) und Nico Schäff (Zimmermann und Bautechniker) brachten sich im Bereich Malerarbeiten, Trockenbau und Konstruktion mit ein. Tochter Bianca Fechner ist Patin zur Café-Namensgebung „Lebenslust“. So lautet ihr persönliches Lebensmotto, das sie als Tattoo auf der Haut trägt. Horst Fechner nahm sich eine berufliche Auszeit von acht Monaten in seinem Ingolstädter Immobilienbüro, das er zusammen mit seinem Sohn Daniel betreibt und brachte seine handwerkliche Geschicklichkeit ein.

Aufgrund des Zustandes und der Größe des Objektes war weitere fachliche Unterstützung notwendig. Da traf es sich gut, ein Netzwerk im Handwerk zu haben. Silvester feierte die Familie schon im Café. An Pfingsten öffneten sich die Türen zum ersten Mal für die Öffentlichkeit. Die Testphase ist gut angelaufen und erfolgreich bestanden. Zur offiziellen Eröffnung lud die Familie am vergangenen Freitagabend Freunde, Bekannte und Ehrengäste ein, um am Ende der Bauphase herzlich Danke zu sagen. sis

Verdienste um jüdische Geschichte

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Frankenbund e.V. würdigt Arbeit von Pfarrer Dr. Oliver Gußmann mit Kulturpreis-Vergabe

ROTHENBURG – Ganze 87 Jahre hat es gedauert, ehe der Frankenbund e.V. zur Jahresversammlung nach Rothenburg kam. Hier hielt er am Wochenende nicht nur die Delegiertenversammlung ab, sondern vergab zugleich feierlich den jährlichen Kulturpreis, den diesmal der örtliche Pfarrer Dr. Oliver Gußmann vor allem für seine Verdienste um die jüdische Ortsgeschichte und seine Standhaftigkeit dabei erhielt.

Dass es dem 1920 von einem Gymnasiallehrer gegründeten Bund nicht um „Heimattümelei“ geht, machte der Bundesvorsitzende Dr. Paul Beinhofer (zugleich Regierungspräsident von Unterfranken) in seiner Begrüßung am Samstagvormittag in der Johanniterscheune deutlich. Er konnte auch seinen Kollegen Regierungspräsident Dr. Thomas Bauer aus Ansbach neben anderen Politikern und Kulturvertretern begrüßen. Es gehe dem Bund um das Bewußtmachen der kulturellen Werte und der Förderung von Heimatbewußtsein, das auf geschichtlicher Kenntnis beruhe. Heute gehörten 32 Gruppen und Vereine aus den fränkischen Bezirken der 7100 Mitglieder zählenden Vereinigung an. Der Bund versteht sich nicht als „Gelehrtenvereinigung“, sondern will interessierte Bürger aus allen Kreisen ansprechen.

Der Saal der Johanniterscheune war Ort der Preisverleihung und der Delegiertentagung.  Fotos: diba

Der Saal der Johanniterscheune war Ort der Preisverleihung und der Delegiertentagung. Fotos: diba

Oberbürgermeister Walter Hartl verwies im Grußwort auf die kulturellen Schätze Rothenburgs und hob die Wiederaufbauleistung besonders hervor. Seinen Geschichts-Abriß schloß er mit dem Hinweis auf die moderne Stadt als Gewerbe- und Industriestandort sowie als weltoffene Stadt. Die alte Bausubstanz sei „unser Kapital“, das aber zugleich die Kommune viel Geld zur Erhaltung koste.

„Glauben sie nicht dem bösen Spruch vom verkitschten Rothenburg“, meinte Dr. Hellmuth Möhring, der als Leiter des Reichsstadtmuseums und Vorstandsmitglied von Alt-Rothenburg einige Worte sagte. Hier gebe es noch „echte Geschichte und viele Geschichten zum Anfassen”. Die „Inkarnation des Solidarwillens der Franken tage mit dem Frankenbund hier und mit dem noch älteren Verein Alt-Rothenburg sehe man sich in der Erforschung, Bewahrung und Pflege der Heimat verbunden.

Als am 2. Juli 1500 der Fränkische Reichskreis gegründet wurde, habe niemand geahnt, dass dieses Konstrukt zur Identitätsbildung einer Region führen würde, die bis heute Bestand hat. Dr. Möhring ging auf die Kleinstaaterei ein, in der jeder gegen jeden antrat, Zölle, Maße und Währungen, ja sogar Uhrzeiten unterschiedlich angelegt gewesen seien. Die Rothenburger hätten sich als Reichsstädter frei gefühlt und „wenn überhaupt höchstens dem Kaiser gehorcht!” Die Mediatisierung habe schließlich die Solidarität unter den Franken auf eine neue Ebene gehoben. Zwar seien die bayerischen Beamten, die hier 1802 einzogen, noch bejubelt worden, aber schnell sah man den König nicht als Befreier vom feudalistischen Joch, sondern eher als Besatzer an. Den Franken seien bis heute als Feindbilder die Bayern und die Preußen geblieben, fügte Dr. Möhring augenzwinkernd abschließend an.

Nach dem Festvortrag über Luther und die Hexen von Dr. Hirte (siehe eigenen Artikel) nahm Bundesvorsitzender Dr. Beinhofer die Verleihung des mit 1500 Euro dotierten Kulturpreises für Verdienste um Kultur und Geschichte vor, wobei man Dr. Gußmann besonders mit seinem Einsatz zur Aufarbeitung der jüdischen Geschichte herausstellte. Der aus Rothenburg stammende Würzburger Univ.-Prof. Dr. Horst F. Rupp verwies in seiner Laudatio auf seine gemeinsamen Projekte mit Oliver Gussmann. Das reiche vom Lernprogramm „Christen begegnen Juden“ bis zur jüngsten Akademietagung im Wildbad über Rothenburg in Krieg und Frieden. Als „hochkompetenten und verlässlichen Partner” habe er den Preisträger schätzen gelernt.

Dr. Oliver Gußmann (rechts) erhält vom Vorsitzenden Dr. Paul Beinhofer den Kulturpreis.

Dr. Oliver Gußmann (rechts) erhält vom Vorsitzenden Dr. Paul Beinhofer den Kulturpreis.

Ein Studienjahr an der Hebräischen Universität Jerusalem 1995 habe Gussmann im Pfarrdienst mit geprägt, von einer Pfarrstelle im Nürnberger Umland kam er 2000 nach Rothenburg und ist heute als Gäste- und Tourismusseelsorger an St. Jakob tätig, außerdem versieht er die Projektstelle „Pilgern“ der Evangelischen Kirche in Bayern. Ferner habe er sich wissenschaftlich weiterqualifiziert durch das Studium der biblischen Schriften und des Judentums und nehme Lehraufträge war. Für seine Dissertation zu Flavius Josephus wurde er mit dem Adolf-Schlatter-Preis ausgezeichnet.

Wahrheitsgemäße Einsichten in die Zusammenhänge von Judentum und Christentum zu vermitteln, die Ursachen der Pogrome aufzuzeigen gehöre zu seinen Verdiensten. Prof. Rupp ging auch auf das breite publizistische Wirken des Preisträgers ein, der Entscheidendes für die örtliche jüdische Geschichte geleistet hat. Und sich nicht vor öffentlichen Auseinandersetzungen wie bei der Umbenennung der Siebert-Straße scheute sowie in der Internet-Reihe „Rothenburg unterm Hakenkreuz” zusammen mit Wolf Stegemann den Blick auf die Täter und nicht nur auf die Opfer wage. Die Stolpersteine habe er initiiert. Die Stadt Rothenburg könne Oliver Gußmann dankbar sein „für seine konsequente, von einer klaren ethischen Position und von bürgerschaftlichem, geschichtsbewußtem Engagement geprägten Haltung”, sagte Prof. Rupp. Dabei habe Dr. Gußmann erfahren müssen, dass dies auch Gegnerschaft hervorrufe wie Leserbriefe zeigten. Er gehe trotzdem seinen Weg, setze sich u.a. im Asyl-Arbeitskreis ein. Der Frankenbund-Kulturpreis mache die große Anerkennung seines Wirkens sichtbar.

Dr. Oliver Gußmann dankte nach der Preisverleihung der Jury, dem Laudator, seinem Freund Wolf Stegemann sowie Hans-Gustaf Weltzer und Lothar Schmidt für die Anstöße, sich mit dem jüdischen Rothenburg näher zu beschäftigen. Ebenso dem Kirchenvorstand von St. Jakob und seinen Pfarrerkollegen, sowie dem Vorstand des Evangelischen Bildungswerkes, der losen Gruppe „Buntenburg“ und dem „Ort der Vielfalt“. Die jüdische Kulturwoche werde getragen von der Arbeitsgruppe mit Johanna Kätzel, Brigitte Wagner und Thomas Wanck und sei von Annika Keller, der ehemaligen Kulturbeauftragten, angestoßen worden – sie alle verdienten die Ehrung. Die Stolpersteine hätten viele Einzelpersonen angeregt. Dem Oberbürgermeister und Stadtrat sagte er für die “sehr gute Lösung für die ehemalige Ludwig-Siebert-Straße” Dank.

Als Pfarrer der evangelischen Kirche sei er in der glücklichen Position, „dass mir meine Kirche die Freiheit des Wortes lässt” hob Pfarrer Gußmann in seinen Dankesworten hervor. Das Preisgeld von 1500 Euro will er der Organisation „Jugend rettet“ stiften, die sich der zivilen Seenotrettung von Flüchtlingen auf dem Mittelmeer mit dem Schiff „Juventa“ verschrieben hat. Mehrere tausend Menschen wurden bereits dadurch vor dem Ertrinken gerettet Oswin Voit hat durch sein musikalisches Arrangement (u.a. „Jiddische Romanze“) mit seinen dezenten Gitarrenklängen in bewährter Weise überzeugt.

Am Samstagnachmittag tagten die Delegierten des Frankenbundes in der Johanniterscheune, wo man sich bereits zum Begrüßungsfrüstück eingefunden hatte. Die nächste Tagung müsse ja nicht wieder 87 Jahre auf sich warten lassen, gab Oberbürgermeister Hartl dem Vorstand als Anregung mit auf den Weg. diba

„Situation ist eher ruhig“

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Jägervereinigung Rothenburg sprach über Schwarzwild und Internes

ROTHENBURG – Die Mitglieder der Jägervereinigung Rothenburg trafen sich im Gasthaus „Zum Ochsen“ zu ihrer Jahreshauptversammlung. Neben dem Rückblick auf das vergangene Jahr samt Berichten der Obmänner und Neuigkeiten aus dem Präsidium stand auch der öffentlichkeitswirksame Höhepunkt der bayerischen Jäger im kommenden Jahr auf der Tagesordnung: der Landesjägertag in Rothenburg.

Johannes Schneider, Vorsitzender der Jägervereinigung Rothenburg, ergriff nach der standesgemäßen Einstimmung durch die Jagdhornbläser das Wort und informierte die Anwesenden zunächst über den Austausch mit Behörden und anderen Vereinigungen. So wurde jüngst bei einem Treffen mit dem Bayerischen Bauernverband die Schwarzwildproblematik angesprochen.

Johannes Schneider (re.) ehrt Johann Dürr.

Johannes Schneider (re.) ehrt Johann Dürr.

In den vergangenen Jagdsaisonen ist die Schwarzwildstrecke in Bayern stetig gestiegen. Das vermeintliche Rekordjahr 2014/2015 mit einer Strecke von 1463 Tieren wurde im Jagdjahr 2015/2016 noch einmal um 15 Prozent übertroffen (Strecke: 1687). Dennoch hielten sich die Schäden in Grenzen, so laut Johannes Schneider der Tenor auf dem Treffen. Auch wenn das der jeweilige Betroffene wohl etwas anders sieht. Momentan sei die Situation eher ruhig, was auch daran liegt, dass man mit der Zeit dazulerne, erklärte der Vorsitzende. Ein weiteres wichtiges Thema sind die Maisjagden, die man immer häufiger sieht. „Sie sind nicht ganz ohne“, warnt Johannes Schneider. Zum einen werden sie oft schnell organisiert, dann steht der Jäger dabei auf dem Boden und es muss ebenfalls darauf geachtet werden, dass mögliche Schaulustige oder Teilnehmer im Straßenverkehr nicht zu Schaden kommen. Was die Vegetationsgutachten betrifft, auf deren Basis die Jagdpläne erstellt werden, rät Johannes Schneider dazu, mit dem jeweiligen Besitzer einen Waldbegang zu machen, da dies die Realität zeige und die „Situation entschärft“.

Hermann Kosian berichtete in seiner Funktion als Obmann für das Schießwesen, dass sich der Zuspruch für den Schießstand im Ruhbachtal bei Gattenhofen „im guten Rahmen“ halte. Die neu angeschaffte Waffe habe weitere „Gäste“ zu der Anlage gebracht. Als Obfrau für die Presse führte Eva Braun an, welche Berichte und Ankündigungen zu den verschiedenen Veranstaltungen und Jagdthemen in der lokalen und regionalen Presse erschienen sind. Nach außen hin wird die Jägervereinigung maßgeblich durch die Jagdhornbläser repräsentiert. Obmann Gernot Fohrer erklärte, dass man bei fünf Geburtstagen und vier Beerdigungen spielte. Zudem sei man beim Umzug anlässlich des Geslauer Gemeindejubiläums mitgelaufen. Zusammen mit Mitgliedern des Hegerings habe man ein „gutes Bild“ für die Jägervereinigung abgegeben.

Standesgemäßer Auftakt der Versammlung mit den Jagdhornbläsern der Jägervereinigung, die sich schon auf die Hubertusmesse freuen. Fotos: mes

Standesgemäßer Auftakt der Versammlung mit den Jagdhornbläsern der Jägervereinigung, die sich schon auf die Hubertusmesse freuen. Fotos: mes

Auch der beste Bläseranzug unterliegt dem natürlichen Verschleiß. Um weiter würdige Repräsentanten der Vereinigung zu sein, bekommen die Jagdhornbläser in Kürze – nach immerhin 18 Jahren – ein neueres Modell, das „ganz anständig ausschaut“, wie der Obmann findet. Die Kosten von 500 Euro pro Anzug werden bezuschusst. Im Vorstand sei beschlossen worden, jeweils 250 Euro beizusteuern, ergänzte Vorsitzender Johannes Schneider. Die nächsten Auftritte hat die Gruppe an diesem Freitag beim Regionalbuffet „ Wild, Fisch und Kartoffel“ im Gasthof Linden (ab 11.30 Uhr) sowie bei der Hubertusmesse am folgenden Tag (Samstag, 29. Oktober) um 19 Uhr in der St. Andreas-Kirche in Leuzenbronn.

Im Bereich Hundewesen konnte eine Neugründung verkündet werden. Seit Mai dieses Jahres gibt es die „Stöberhundgruppe Frankenhöhe“, die sich der Ausbildung von Jagdhunden annimmt. Bislang gibt es 15 vierbeinige Lehrlinge und etwa 17 zweibeinige Mitglieder. „In jedem Revier sollte ein brauchbarer Jagdhund vorhanden sein“, unterstützte Johannes Schneider das Anliegen dieser Gruppe um Vorsitzenden Heiko Stettner.

Nicht mehr ganz so neu in der Jägervereinigung sind eine Reihe von Herren, die für ihre langjährige Vereinstreue geehrt wurden. So gehört Gerhard Glock seit 40 Jahren und Wolfgang Schulist seit 50 Jahren der Vereinigung an. Für ihre 25-jährige Mitgliedschaft wurden außerdem Günter Hufnagel, Karl Kreitschel, Wilfried Baumann, Herbert Wittmann und Johann Dürr, der als einziger persönlich Urkunde und Treuenadel entgegennehmen konnte, geehrt.

Schatzmeisterin Stefanie Friedlein legte ein geordnetes Zahlenwerk vor. Gesamteinnahmen von etwa 13271 Euro standen dabei Ausgaben von zirka 16255 Euro gegenüber. Das Minus lässt sich mit kostenintensiven Anschaffungen sowie mit Renovierungsmaßnahmen erklären. Die Beiträge der 183 Mitglieder spülen 11451 Euro in die Kasse. Die größten Ausgabenposten sind die Mitgliedschaft im Bayerischen Jagdverband (7480 Euro) und Versicherungsbeiträge (2355 Euro). Für den Schießstand wurden 2285 Euro aufgewendet. Letztlich verfügt die Vereinigung über ein Gesamtguthaben von 18340 Euro.

Klaus Haag und Johann Dürr haben die Bücher geprüft und letzterer bescheinigte eine „saubere und ordentliche Buchführung“. Die Vorstandschaft wurde entlastet. Außerdem musste ein neuer Beisitzer gewählt werden. Einstimmig wurde Mathias Geim mit diesem Amt betraut.

Auf eine Bewerbung der Jadgvereinigung Rothenburg hin, wird die Tauberstadt Ende März 2017 Austragungsort des Landesjägertags sein. Veranstalter ist aber der Bayerische Landesjägerverband. Über drei Tage hinweg werden auf Jägerabend, in etwa zehn Fachausschüssen, beim Bläserkonzert auf dem Marktplatz, in der Landesversammlung, bei Festabend und Hubertusmesse, die jagdliche Tradition hochgehalten, gefeiert und fachlich diskutiert. Mit der Stadt habe bislang eine „hervorragende Zusammenarbeit“ stattgefunden, um die verschiedenen Veranstaltungsorte auszuwählen und ein mögliches Rahmenprogramm zusammenzustellen, so Johannes Schneider.

Jürgen Weißmann, Mitglied des Präsidiums und Regierungsbezirksvorsitzender von Mittelfranken, griff im Anschluss Themen auf, die die Jägerschaft im Allgemeinen betrifft. So werden wohl auf den Verband angesichts der jüngsten Ereignisse in Georgensgmünd erneut Diskussionen über das Waffenrecht zukommen. Kritisch sieht er außerdem die steigenden Kosten für die Fleischbeschau. Im Landkreis Ansbach betragen diese 13,90 Euro, was sich beispielsweise „bei Frischlingen nicht rechnet“. Wenig einheitlich seien auch die Gebühren für die Verkehrswegesicherheit bei Drückjagden. Sein Vorschlag: Eine Pauschalgenehmigung für das gesamte Jahr. Vorsitzender Johannes Schneider schloss die Sitzung mit einem „Weidmannsheil“ für die Herbst- und Winterjagdsaison. mes

Lukratives Angebot

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Gipsvorkommen unter dem städtischen „Tauberholz“

ROTHENBURG – Die Stadt Rothenburg gehört zu den größten kommunalen Waldbesitzern in Bayern. Das grüne Kapital erwirtschaftet jedoch keine schwarzen Zahlen. Investitionen in die Aufforstung und Naturverjüngung durch Sturmschäden und Borkenkäferfraß, aber auch der Unterhalt des 80 Kilometer langen Waldwegenetzes verursachen hohe Kosten neben dem Personaleinsatz. Da kommt ein lukratives Angebot nicht ungelegen.

Das Gipswerk in Hartershofen hat Interesse an der Pacht des nahegelegenen städtischen Flurstücks 229 zur Gewinnung von Kalziumsulfat. Unter dem „Tauberholz“, so der Name des Distrikts, wird ein größeres Gipsvorkommen vermutet, beziehungsweise ist bereits durch Probebohrungen bestätigt. Diese Tatsache ist seit langer Zeit bekannt. Werkleiter Stefan Heyne-Waltenburg informierte den Stadtrat beim Waldbegang darüber, welche Möglichkeiten der Nutzung in Frage kommen und wie und in welcher Form die Stadt davon profitieren kann, sollte sie sich für einen Abbau des Rohstoffvorkommens entscheiden.

Beim Waldbegang: Der städtische Forstbetriebsleiter Daniel Gros, Bürgermeister Kurt Förs­ter, Oberbürgermeister Walter Hartl und Siniat-Werkleiter Stefan Heyne-Waltenburg.

Beim Waldbegang: Der städtische Forstbetriebsleiter Daniel Gros, Bürgermeister Kurt Förs­ter, Oberbürgermeister Walter Hartl und Siniat-Werkleiter Stefan Heyne-Waltenburg.

Die Fläche des „Tauberholzes“ beträgt rund 16.5 Hektar. Es handelt sich dabei zum größten Teil um Kulturflächen ohne zum jetzigen Zeitpunkt nutz- und verwertbare Holzvorräte. Die restliche Fläche ist ein Laubholzbestand, auf dem verwertbares Nutzholz stockt. Je nach Gipsvorkommen, Abrechnungsmodalität und Abbaugeschwindigkeit würden sich Einnahmemöglichkeiten in Höhe von einer halben Million Euro über einen Zeit­raum von zwei bis vier Jahren ergeben.

Die Stadträte standen dem Vorhaben bei der Ortsbesichtigung nicht ablehnend gegenüber. Der Werkleiter kündigte an, den Antrag eines Hauptbetriebsplanes zügig anmelden zu wollen – unter Einhaltung der naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung für den Umgang mit Natur und Landschaft, wonach die Kosten dem Verursacher angelastet werden. Der Gipsabbau soll immer in einer Teilfläche von etwa zwei bis drei Hektar erfolgen. Daraus würde sich eine Dauer bis zur kompletten Gipsausbeute von 25 bis 30 Jahre ergeben.

Mit dieser Vorgehensweise könnte das städtische Forstamt weiterhin den Waldbestand im „Tauberholz“ nutzen. Dem Unternehmen bietet das Rohstoffvorkommen die Möglichkeit, die Gipsversorgung des Werkes und damit Arbeitsplätze zu sichern. Nach der Nutzung sollen die abgebauten Flächen in einem rekultivierten Zustand wieder an die Stadt zurückgegeben werden.

Das Werk in Hartershofen mit seinen rund 100 Mitarbeitern gehört seit 2012 zu Siniat und war zuvor einer von sechs Standorten des französischen Baustoffkonzerns Lafarge Gips. Siniat ist aus Lafarge hervorgegangen, das im Jahr 2003 die Gyproc-Aktivitäten übernahm. Gyproc produzierte und vertrieb seit den 1960er Jahren ein ähnliches Sortiment an Gipsplatten und Zubehör. Das Unternehmen ist Teil des Etex-Gruppe. Zum Firmenverbund gehören Promat, Eternit, Fibrolith und Creaton.

Werksstandort in Hartershofen mit 42 Jahren Geschichte. Fotos: Schäfer

Werksstandort in Hartershofen mit 42 Jahren Geschichte. Fotos: Schäfer

Unmittelbar an der Autobahnanschlussstelle gelegen, kommt der Standort Hartershofen in den Genuss der Gipsvorkommen entlang der Frankenhöhe am Endseer Berg. Das Gipswerk verfügt über einen eigenen Steinbruch. Im Tagebau wird hier Naturgips abgebaut und direkt der Produktion zugeführt. Die Gips-Trockenbaustoffe aus dem Werk kommen vielfältig zum Einsatz, denn sie sind nicht nur feuerabweisend und feuchtigkeitsresistent, sondern auch schall- und wärmedämmend. Zur Kundschaft zählen unter anderem der Baustoff-Fachhandel, Trockenbauer und Bauherren – vorrangig aus dem innerdeutschen Raum. Etwa 25 Prozent der Produktion wird ins benachbarte Ausland exportiert: in die Schweiz, nach Österreich, Tschechien, Slowenien. Die jährliche Produktionsmenge im Werk in Harteshofen liegt bei 21 Millionen Quadratmeter Gipskartonplatten, der Rohgipsverbrauch bei 200000 Tonnen.

Die Beschäftigten der Formteileherstellung arbeiten individuelle, maßgeschneiderte Lösungen aus. Indem sie Gipskartonplatten bearbeiten, miteinander verkleben, verleimen und ausrichten – zu Halbrundschalen in allen Abstufungen, Kabelkanälen und ansehnlichen Decken- und Wandpanälen. „Immer mehr Ingenieure setzen auf Fertigbauteile, um einen schnellen Baufortgang zu ermöglichen“, sagt der aus dem Münsterland stammende Werkleiter und Wahl-Rothenburger. Unterschiedliche Anforderungen an Brand-, Schall- und Wärmeschutz seien dabei problemlos zu erfüllen. Etwa im Bereich Flughäfen, großen Einkaufszentren oder Sicherungsanlagen, wo besonders hohe Sicherheitsstandards gelten.

Das Werk arbeitet im 4-Schicht-Dienst an sieben Tagen in der Woche. In den letzten zweieinhalb Jahren wurden rund fünf Millionen Euro in die Modernisierung der Anlagen und Steuerungstechnik in Hartershofen investiert. Die Ausstattung war veraltet, stammte teilweise noch aus den 1976er Jahren. „Es gab keine Ersatzteile und nicht mal mehr Techniker, die diese Teile austauschen konnten“, erzählt Stefan Heyne-Waltenburg. Der Werksstandort hat in seiner 42-jährigen Geschichte verschiedene Eigentümer durchlaufen. „Unter dem Dach der Etex wird sehr viel Wert auf Nachhaltigkeit gelegt. Wir denken langfristig“, betont der Manager.

Der Geschäftplan sehe auch für die nächsten Jahre hohe Investitionen in den Werksstandort vor. Ein wichtiger Bereich für den unternehmerischen Erfolg sei die Qualifikation und Ausbildung. Zum ersten Mal bildet das Werk einen Industriemechaniker aus. Es werde immer schwieriger, den Personalbedarf zu decken, sagt Stefan Heyne-Waltenburg. Es gebe unter den Mitarbeitern auch Quersteinsteiger und Branchenfremde wie Bäcker und Friseure, die sich ein neues Standbein aufbauen konnten. .Sie wurden intern ausgebildet und für die Aufgaben, die sie übernehmen sollen, ausreichend qualifziert. sis

„Vorbilder für Mitschüler“

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Zwei Berufsschul-Absolventinnen mit Staatspreis ausgezeichnet

ROTHENBURG – Ehre, wem Ehre gebührt, dachte sich die Leitung der Berufsschule Rothenburg und lud zu einer Feierstunde im familiären Rahmen ein: Im Mittelpunkt dieser Zusammenkunft standen zwei Absolventinnen, die für ihren herausragenden schulischen wie zwischenmenschlichen Einsatz mit dem Staatspreis ausgezeichnet wurden.

Staatspreisträgerinnen Lara Wagner und Tanya Thoma (3. und 5. v. l.) inmitten der Lehrerinnen Gerda Klameth und Maria Middendorf sowie Kurt Förster und Schulleiter Dr. Friedhard Nichterlein. Foto: Scheuenstuhl

Staatspreisträgerinnen Lara Wagner und Tanya Thoma (3. und 5. v. l.) inmitten der Lehrerinnen Gerda Klameth und Maria Middendorf sowie Kurt Förster und Schulleiter Dr. Friedhard Nichterlein. Foto: Scheuenstuhl

Viele junge Berufsanfänger verließen zum Sommer die örtliche Berufsschule mit einer soliden Ausbildung als Sprungbrett für die weitere Karriere in der Tasche. An die 50 von ihnen hatten auf ihrem Abschlusszeugnis die Note 1,5 oder besser stehen. So auch Lara Wagner aus Stilzendorf mit 1,33 und Tanya Thoma aus der Nähe von Ansbach mit dem Traumschnitt von 1,14.

Neben diesen „ganz hervorragenden Noten“, wie Schulleiter Dr. Friedhard Nichterlein die Leistung der Schülerinnen würdigte, haben sie sich sowohl im Schulleben als auch an ihren Ausbildungsstätten „als Vorbilder für ihre Mitschüler“ hervorgetan. Die Entscheidung, genau diese beiden für den Staatspreis auszuwählen, sei der Schule deshalb „nicht schwergefallen“.

Persönlichkeit und Tugenden

Genau darauf zielt nämlich diese Auszeichnung ab: Die Persönlichkeit und die Arbeitshaltung mit den Tugenden wie beispielsweise Pünktlichkeit, Fleiß und Teamfähigkeit spielen für den Erfolg in der Berufslaufbahn und im jeweiligen Betrieb eine ebenso große Rolle wie die fachlichen Leistungen und sollten glei­chermaßen gewürdigt werden.

Lara Wagner ist nun staatlich geprüfte Kinderpflegerin. Gerda Klameth, ihre Klassenlehrerin, hatte zum Abschied ausschließlich lobende Worte für die 18-Jährige übrig. So habe Lara zwei Jahre lang als Klassensprecherin einen hervorragenden Job gemacht und auch als Schulsprecherin habe sie ihre Mitschüler immer „gut vertreten“. Sowohl für die Lehrer als auch für die Schüler sei sie „auf ganzer Linie“ ein zuverlässiger Ansprechpartner gewesen. „Für uns ist es schade, dass du jetzt so weit weg bist“, spielte Gerda Klameth auf die Zukunftspläne von Lara an, die auch im Jugendbeirat der Stadt aktiv war: Sie möchte sich nun zur Kinderkrankenschwester ausbilden lassen.

Auch Tanya Thoma hinterließ bei den Lehrkräften einen besonders positiven Eindruck. In Vertretung des eigentlichen Klassenleiters stellte seine Kollegin Maria Middendorf heraus, warum die frisch gebackene Köchin die Auszeichnung „wirklich verdient“ hat. Sie drückte nämlich mit Ende 30 noch einmal die Schulbank mit Mitschülern, die altersmäßig ihre Kinder hätten sein können – und sich manchmal auch so benahmen, wie die Lehrerin mit einem Augenzwinkern berichtete.

Dennoch verhielt sich Tanya Thoma ihnen gegenüber immer unterstützend und war auch bereit „etwas für gute Noten zu tun“. In ihrem Fall bedeutete dies um 4.30 Uhr aufzustehen, um in Ruhe lernen zu können während ihre eigenen Kinder noch schliefen. Abends kamen bei der angehenden Köchin dann oftmals eben die Gerichte auf den Tisch, die sie für ihre Prüfungen üben musste.

„Hervorragende Schule“

Auch Kurt Förster sprach den beiden als Stellvertreter des Landrats seine Hochachtung aus und überreichte ihnen den Staatspreis samt einer kleinen Zuwendung des Landkreises. Die Ergebnisse der beiden und ihrer Einser-Mitschüler zeigen, welche „hervorragende Schule“, die Berufsschule sei. Insbesondere auch den Lehrern müsse hierfür gedankt werden.

Der Landkreis nehme viel Geld in die Hand, um den finanziellen und räumlichen Rahmen zu schaffen, dass die Jugend bestmöglich in den Lebensweg einsteigen kann, so Kurt Förster. Bislang wurden insgesamt 150 Millionen Euro in die Landkreisschulen investiert. „Und damit sind wir noch lange nicht am Ende“, verspricht er. Aus Sicht von Schulleiter Dr. Friedhard Nichterlein sei der Landkreis Ansbach ein „absolutes Vorbild“, was die „Unterstützung von Schule und Bildung“ betrifft. Neben diesen Rahmenbedingungen und der „hervorragenden Arbeit“ der Lehrer, seien Lara Wagner und Tanya Thoma aber besonders „von Gott begnadigt“.

Sie hätten bestimmte Fähigkeiten mitbekommen, so der Schulleiter, die ihnen auf ihrem Weg zu diesem Erfolg geholfen haben. Aber auch die Familie sowie die Angehörigen haben dazu beigetragen, ebenso wie die Ausbildungsbetriebe mit ihrem „besonderen Einfluss“.

Den Berufsanfängern wünschte der Schulleiter „alles Gute für die Zukunft“. Sie sollen sich auf ihre Stärken besinnen und das Beste aus ihrem „enormen Potenzial“ machen. Er sei zuversichtlich, dass ihnen dies gelinge. Zudem nutzte er die Gelegenheit, die Durchlässigkeit des Bildungssystems anszuprechen.

Früher war der Bildungsweg für einen Schüler nach der 4. Klasse vorgegeben. Dies ist heute nicht mehr so. Dr. Friedhard Nichterlein hofft, dass dies zu „größerer Gelassenheit“ in den Familien führt und der „Stress in den Grundschulen“ abgebaut wird. Es gebe einfach Menschen mit einem längeren Entwicklungszeitraum, die aber ebenso leistungsfähig sind. mes

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