Verbindung von Naturerlebnis und Geschichtskunde im Burggarten
ROTHENBURG – Geschichtsinteressierte können sich freuen: Eine Informationstafel im Burggarten zeigt eine grafische Darstellung der staufischen Reichsburg Rothenburg, von der nicht viel erhalten ist, mit erläuterndem Text in Deutsch und Englisch.

Grafische Darstellung der staufischen Reichsburg mit zweisprachigen Erläuterungen. Foto: Schäfer
Anhand des gedruckten Modells auf einer Aluminiumplatte kann man sich die alte Burg gut vorstellen und sich ein Bild über die Topografie des Geländes und die ursprüngliche Gestaltung der alten Burg machen. Horst Brehm, der frühere Kreisheimatpfleger, hat sich viele Jahre mit der alten Burganlage beschäftigt und wichtige Erkenntnisse gewonnen. Zusammen mit seiner Lebensgefährtin Regina Däschner, die ihn tatkräftig bei seiner Arbeit unterstützte, entwickelte sich die Idee, ein Burgmodell zu erstellen. Der Verein Alt-Rothenburg, der Verkehrsverein und der Verein Rothenburger Gästeführer unterstützten diese Intervention und halfen bei der Umsetzung, auch in finanzieller Hinsicht mit Zuwendungen von 1000, 500 und 800 Euro.
Einen großen Anteil hat auch das städtische Bauamt mit der Montage. Es setzte die Fundamente und passte die Stahlpfosten genau ein. Dr. Hellmuth Möhring übernahm die grafische Gestaltung, Dr. Ludwig Schnurrer die englische Übersetzung des Textes. Für die Zeichnung brachte sich der Grafiker und Burgenforscher Ferdinand Leja ein, langjähriger Mitarbeiter des Bayerischen Landesamtes für Denkmalpflege in der Zweigstelle Nürnberg, und ein Freund von Horst Brehm. Das digitale Burgmodell war das letzte Projekt des Rothenburgers vor seinem Tod. Bürgermeister Kurt Förster lobte die gute Zusammenarbeit und die Mitarbeit der Beteiligten als „gelungenes Gemeinschaftswerk“.
Tourismuspolitik ist nicht Sache eines Ressorts oder einer politischen Ebene. Sie ist vielmehr eine Querschnittsaufgabe, die Kooperationen in vielen Bereichen erfordert. Kompetente Gästeführer helfen Potenziale einer Stadt und Region zu entdecken, zu identifizieren, zu vermarkten und zu verstärken. Sie vermitteln fachliche Inhalte und bringen den Gästen Aspekte der Rothenburger Kultur, die Schönheiten und Besonderheiten nahe. Als nächstes Gemeinschaftsprojekt kündigte Karin Bierstedt die Einweihung des Blindenstadtmodells an, das am Südturm der Jakobskirche aufgestellt werden soll. Als Termin nannte sie den 18. Februar.
Zum Abriss freigegeben
Die neue Informationstafel im Burggarten zeigt die Darstellung der frühen Burg um 1150, also kurz nach der Fertigstellung. Es handelt sich dabei um „eine ideale Momentaufnahme, die den heutigen Wissensstand zeigt“. Vielleicht kann man in einigen Jahren mit neuen Erkenntnissen und neuer Technik noch zusätzliche Aussagen treffen. Es gibt gesicherte Erkenntnisse, die belegt sind zur wechselvollen Geschichte. Anderes ist eher als Legende zu bewerten.
Das Burgmodell verschafft einen Eindruck von der imposanten Anlage der alten Königsburg aus der Vogelperspektive von Südost auf den ehemaligen Zugang, das heutige vermietete „Stadtgärtnerhaus“. Im Einzelnen sind auf der Tafe die beiden Bergfriede zu sehen, der Pharamundsturm im Westen und der Wüstenturm im Osten. Die heute noch existierende Blasiuskapelle darf als ursprüngliche Burgkapelle gesehen werden und ist Teil des Pallas gewesen, des großen Saalbaus an der südlichen Burgseite, die als die repräsentative Ansichtsseite gilt. Der Pallas war das Hauptgebäude und nur dem König beziehungsweise Kaiser vorbehalten. Die repräsentativen Räume waren im Winter beheizbar. Nach bisherigen Erkenntnissen wird davon ausgegangen, dass der Saalbau mit der Blasiuskapelle verbunden war. Die Südostseite der Kapelle markierte die Südostseite der Kernburg. Im Westen wird ein großer Wohnbau vermutet.
Die Kernburg wurde von ihrem Vorwerk durch einen tiefen Graben geschützt, der sogenannte Halsgraben der Burg. Anwurfhalden dieses Grabens haben sich an der südlichen und nördlichen Hangkante erhalten und sind heute noch sichtbar. Nach Osten zu schließt sich das Vorwerk beziehungsweise der Wirtschaftshof der Anlage an. Im Vorwerk befinden sich zur Burg gehörende Wirtschaftseinheiten (Schmiede, Stallungen). Der Gerichtsplatz, der auch im Vorwerk vermutet werden muss, ist nur durch eine freie Fläche im Nordosten angedeutet, da nach heutigem Erkenntnisstand über das ursprüngliche Aussehen nichts bekannt ist.
Weiter im Osten befindet sich der zweite Graben. Weiter wird davon ausgegangen, dass der Zugang in der frühen Zeit über die südliche Hangkante, über das Vorwerk, über beide Gräben zum Haupttor führte. Die Grabenübergänge sind mit einfachen Holzbrücken angedeutet, da nicht bekannt ist, ob es Holz- oder Steinbrücken waren, wohl aber Zugbrücken.
Wie ist aus dieser Anlage der schöne Park geworden? Im 14. Jahrhundert wurden bereits große Teile der Burganlage abgetragen und noch heute sind Spolien aus der Zeit des 12. Jahrhunderts im Stöberleinsturm verbaut. Insgesamt kann man davon ausgehen, dass sehr viele Steine für die Befestigung der im 14. Jahrhundert neu entstandenen Südstadt verbaut wurden.
Warum hat man das zugelassen? Die Stadt war reich und aufstrebend. Die Zeichen der alten Vorherrschaft waren nicht mehr gewünscht und man wollte sich auch sichtbar emanzipieren. Nur der Pharamundsturm überstand die Zäsur und wurde erst in bayerischer Zeit durch Verwaltungsbeamte zum Abriss freigegeben. Er ist noch auf vielen alten Abbildungen sichtbar.
Im 17. und 18. Jahrhundert wurde die „Burg“ als Schießplatz, als Glockengießerei, als Lagerstätte genutzt. Der Park diente teilweise auch als Obstgarten. Die Zeit der Romantik ist für das heutige Erscheinungsbild der Parkanlage maßgeblich. Mit erhöhten Aussichtspunkten sollten Sichtachsen und Aussichtspunkte entstehen. Heute dient der Burggarten der Erholung und der Jugend als abendlicher Treffpunkt. sis